Original und Reproduktion
ZEITSCHRIFT FÜR KUNSTHANDEL UND KUNSTSAMMLUNGEN
HERHUSGEGEBEN VON HANS LOOSE, LEIPZIG
ALLE ZUSCHRIFTEN UND SENDUNGEN SIND
ZU RICHTEN AN DIE SCHRIFTLEITUNG VON
»ORIGINAL UND REPRODUKTION« IN LEIPZIG
BAND 1
NOVEMBER/DEZEMBER 1909
HEFT 5/6
JOSEPH PENNELL
geboren am 4. Juli 1858 in Philadelphia (Pennsylvania, U. S. A.), befuchte
die dortige Zeicben=Akademie als er noch Angeftellter in einem Koblen-
und Eifen=Gefcbäft war. Die Radiertechnik war dort nicht zu erlernen,
aber von Stephen J. Ferris wurde er in deren Handhabung eingeführt
und er lernte ferner an den alten Meiftern in der Kupferftichfammlung des
Herrn G. L. Clagborn ebenda. Er erhielt Aufträge von den Hiftorifchen
Gefellfchaften zu Philadelphia und New York, dann eine Beftellung auf
Platten zu G. W. Cable's Creolen Novellen, die in New Orleans und Um-
gegend fpielen, und endlich 1883 eine noch größere auf eine Reihe italienifcber
Anfichten zu Texten von W. D. Howells. Im Frühjahr 1885 ließ er ficb in London
nieder, das feitber fein Hauptquartier geblieben ift, obwohl er es manche
mal auf viele Monate verließ. Zunächft reifte er über ganz Europa um
zabllofe Zeichnungen, meift Federzeichnungen, für Zeitfehriften (The Century
Magazine) Zeitungen (Daily Cbronicle, Pall Mall Gazette, Pall Mall Budget)
und Bücher (zu den bedeutendften gehören: W. Irving, The Alhambra;
v. Renffelaer, English Cathedrals; Hamerton, Franzöfifcbe Reife;
eigene Texte, Our Sentimental Journey, Play in Provence, River
of Pleasure; Van Dyke, The New New York) zu fcbaffen. Im Jahre 1893
befuchte er Whistler in Paris, der ihm feine eigene Kunft der Radierung
erklärte, und feitdem befchäftigte Pennell ficb wieder bauptfäcblicb mit der
Radierung. Es entftanden mehrere hundert Platten, die Wolkenkratzer
New Yorks, die Toledo Folge, die Nordfranzöfifche Folge, die Amerikanifche
Stahl—Öl—Kohlen Folge, und vor allem die große Londoner Folge. ::
An künftlerifcbem Feingefühl und geiftreicb freier Behandlung ift Pennell
ficberlicb auf feinem Gebiet nie übertroffen worden: man kann an topo-
grapbifeben Künftlern wohl überhaupt nur den Bellotto neben ibn ftellen.
Seine taufend und abertaufend Zeichnungen fteben alle auf faft gleich hoher
Stufe: das febönfte hat er aber doch auf dem Feld der Radierung geleiftet.
Seine Konvention der Linie ift ebenfo geiftvoll wie Whistlers, von der fie
ficb übrigens bei näherem Zufeben recht merkbar unterfebeidet: fie verrät
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ZEITSCHRIFT FÜR KUNSTHANDEL UND KUNSTSAMMLUNGEN
HERHUSGEGEBEN VON HANS LOOSE, LEIPZIG
ALLE ZUSCHRIFTEN UND SENDUNGEN SIND
ZU RICHTEN AN DIE SCHRIFTLEITUNG VON
»ORIGINAL UND REPRODUKTION« IN LEIPZIG
BAND 1
NOVEMBER/DEZEMBER 1909
HEFT 5/6
JOSEPH PENNELL
geboren am 4. Juli 1858 in Philadelphia (Pennsylvania, U. S. A.), befuchte
die dortige Zeicben=Akademie als er noch Angeftellter in einem Koblen-
und Eifen=Gefcbäft war. Die Radiertechnik war dort nicht zu erlernen,
aber von Stephen J. Ferris wurde er in deren Handhabung eingeführt
und er lernte ferner an den alten Meiftern in der Kupferftichfammlung des
Herrn G. L. Clagborn ebenda. Er erhielt Aufträge von den Hiftorifchen
Gefellfchaften zu Philadelphia und New York, dann eine Beftellung auf
Platten zu G. W. Cable's Creolen Novellen, die in New Orleans und Um-
gegend fpielen, und endlich 1883 eine noch größere auf eine Reihe italienifcber
Anfichten zu Texten von W. D. Howells. Im Frühjahr 1885 ließ er ficb in London
nieder, das feitber fein Hauptquartier geblieben ift, obwohl er es manche
mal auf viele Monate verließ. Zunächft reifte er über ganz Europa um
zabllofe Zeichnungen, meift Federzeichnungen, für Zeitfehriften (The Century
Magazine) Zeitungen (Daily Cbronicle, Pall Mall Gazette, Pall Mall Budget)
und Bücher (zu den bedeutendften gehören: W. Irving, The Alhambra;
v. Renffelaer, English Cathedrals; Hamerton, Franzöfifcbe Reife;
eigene Texte, Our Sentimental Journey, Play in Provence, River
of Pleasure; Van Dyke, The New New York) zu fcbaffen. Im Jahre 1893
befuchte er Whistler in Paris, der ihm feine eigene Kunft der Radierung
erklärte, und feitdem befchäftigte Pennell ficb wieder bauptfäcblicb mit der
Radierung. Es entftanden mehrere hundert Platten, die Wolkenkratzer
New Yorks, die Toledo Folge, die Nordfranzöfifche Folge, die Amerikanifche
Stahl—Öl—Kohlen Folge, und vor allem die große Londoner Folge. ::
An künftlerifcbem Feingefühl und geiftreicb freier Behandlung ift Pennell
ficberlicb auf feinem Gebiet nie übertroffen worden: man kann an topo-
grapbifeben Künftlern wohl überhaupt nur den Bellotto neben ibn ftellen.
Seine taufend und abertaufend Zeichnungen fteben alle auf faft gleich hoher
Stufe: das febönfte hat er aber doch auf dem Feld der Radierung geleiftet.
Seine Konvention der Linie ift ebenfo geiftvoll wie Whistlers, von der fie
ficb übrigens bei näherem Zufeben recht merkbar unterfebeidet: fie verrät
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