HEFT 3
ORIGINAL UND REPRODUKTION
SEITE 145
DIE WANDBILDER DES KREUZGANGES DER
ALTEN UNIVERSITÄT LEIPZIG*)
U den zahlreichen Jubiläumsfehriften, mit denen die Univerfität
Leipzig bei der Feier ihres halbtaufendjährigen Beftehens bedacht
worden ist, gehörte auch die unter dem obigen Titel genannte Publi-
kation, die einen, in dem Jahrhundert vor Einführung der Refor-
mation an den Wänden des Kreuzganges des alten Dominikaner Klofters,
des fpäteren Sitzes der Univerfität, entftandenen, jeßt bis auf einzelne Proben
untergegangenen Bilderzyklus der Wiffenfchaft zugänglich machen foll und
zwar mit Hilfe von Durchzeichnungen, die auf Veranlaffung des Heraus-
gebers kurz vor dem Abbruch des Klofters, der dem Neubau der Univerfität
vorausging, über den Wandbildern angefertigt worden find. ::
Die Auffindung der unter vierhundertjähriger Tünche verborgenen Bilder
gefchab dureb Zufall bei Reinigungsarbeiten im Jahre 1836. ::
Die Entdecker forfchten in den Univerfitätsakten und in älterer Literatur,
aber es war nirgends - wenn man nicht eine Stelle der Acta rectorum auf
das große Kreuzigungsbild beziehen will - von diefen Malereien die Rede.
Nur Zeit und Urfache des Verfchwindens der Bilder konnten noch mit ziem-
lieber Sicherheit feftgeftellt werden. Als nach dem Einzug der Reformation in
Leipzig das Klofter aufgehoben und von Herzog Moriß der Univerfität als
Lebrftätte überwiefen worden war, bat der damalige Rektor Cafpar Borner
die »Reinigung« und Herrichtung der verlaffenen Räume energifcb in Angriff
genommen. Er verftand fie in feiner Weife, befeitigte in der Klofterkircbe
das katbolifebe Kirchengerät, den Lettner und das Cborgeftübl und ließ
zum Schluß alles »auch in der Höhe, foweit man hinaufreichen konnte«
fauber weiß anftreicben. Im anftoßenden Klofter batte Borner über dem
Kreuzgang Säle für eine Bibliotbek aufführen und an den übrigen Bauliche
keiten allerlei Veränderungen vornehmen laffen. Endlich, im Februar 1546,
konftatiert er in den Rektoratsakten mit Genugtuung, daß die Säuberung
(purgatio) der neuen Univerfität oder (wie der Klofterkomplex auch genannt
wurde) des Paulinums vollendet fei. Er gebraucht die Worte: tota deformitas
intus ac foris lituris ac dealbationibus pulchre mutata. ::
Bei diesen Reinigungsarbeiten müffen die vielleicht fchon unanfebnlicb
gewordenen Wandbilder unter der Tünche begraben worden fein. Ihre
eigentliche Auferftehung erfolgte aber nicht nach der fchon erwähnten erften
Auffindung i. J. 1836 (damals wurden fie nach einem, die Möglichkeit einer
Herftellung ablehnenden Gutachten von H. Paffavant, Julius Schnorr von
*) Der volle Titel lautet: Die Wandbilder des Kreuzganges der alten Univerfität Leipzig nach
Durebzeiebnungen über den Originalen im Auftrag des Akademifchen Senates der Univerfität
Leipzig und mit Genehmigung des Königl. Säcbfifcben Minifteriums des Kultus und öffentlichen
Unterrichts, veröffentlicht von Theodor Schreiber. Leipzig 1909. In Kommiffion bei Meifenbacb,
:: Riffartb & Co. ::
ORIGINAL UND REPRODUKTION
SEITE 145
DIE WANDBILDER DES KREUZGANGES DER
ALTEN UNIVERSITÄT LEIPZIG*)
U den zahlreichen Jubiläumsfehriften, mit denen die Univerfität
Leipzig bei der Feier ihres halbtaufendjährigen Beftehens bedacht
worden ist, gehörte auch die unter dem obigen Titel genannte Publi-
kation, die einen, in dem Jahrhundert vor Einführung der Refor-
mation an den Wänden des Kreuzganges des alten Dominikaner Klofters,
des fpäteren Sitzes der Univerfität, entftandenen, jeßt bis auf einzelne Proben
untergegangenen Bilderzyklus der Wiffenfchaft zugänglich machen foll und
zwar mit Hilfe von Durchzeichnungen, die auf Veranlaffung des Heraus-
gebers kurz vor dem Abbruch des Klofters, der dem Neubau der Univerfität
vorausging, über den Wandbildern angefertigt worden find. ::
Die Auffindung der unter vierhundertjähriger Tünche verborgenen Bilder
gefchab dureb Zufall bei Reinigungsarbeiten im Jahre 1836. ::
Die Entdecker forfchten in den Univerfitätsakten und in älterer Literatur,
aber es war nirgends - wenn man nicht eine Stelle der Acta rectorum auf
das große Kreuzigungsbild beziehen will - von diefen Malereien die Rede.
Nur Zeit und Urfache des Verfchwindens der Bilder konnten noch mit ziem-
lieber Sicherheit feftgeftellt werden. Als nach dem Einzug der Reformation in
Leipzig das Klofter aufgehoben und von Herzog Moriß der Univerfität als
Lebrftätte überwiefen worden war, bat der damalige Rektor Cafpar Borner
die »Reinigung« und Herrichtung der verlaffenen Räume energifcb in Angriff
genommen. Er verftand fie in feiner Weife, befeitigte in der Klofterkircbe
das katbolifebe Kirchengerät, den Lettner und das Cborgeftübl und ließ
zum Schluß alles »auch in der Höhe, foweit man hinaufreichen konnte«
fauber weiß anftreicben. Im anftoßenden Klofter batte Borner über dem
Kreuzgang Säle für eine Bibliotbek aufführen und an den übrigen Bauliche
keiten allerlei Veränderungen vornehmen laffen. Endlich, im Februar 1546,
konftatiert er in den Rektoratsakten mit Genugtuung, daß die Säuberung
(purgatio) der neuen Univerfität oder (wie der Klofterkomplex auch genannt
wurde) des Paulinums vollendet fei. Er gebraucht die Worte: tota deformitas
intus ac foris lituris ac dealbationibus pulchre mutata. ::
Bei diesen Reinigungsarbeiten müffen die vielleicht fchon unanfebnlicb
gewordenen Wandbilder unter der Tünche begraben worden fein. Ihre
eigentliche Auferftehung erfolgte aber nicht nach der fchon erwähnten erften
Auffindung i. J. 1836 (damals wurden fie nach einem, die Möglichkeit einer
Herftellung ablehnenden Gutachten von H. Paffavant, Julius Schnorr von
*) Der volle Titel lautet: Die Wandbilder des Kreuzganges der alten Univerfität Leipzig nach
Durebzeiebnungen über den Originalen im Auftrag des Akademifchen Senates der Univerfität
Leipzig und mit Genehmigung des Königl. Säcbfifcben Minifteriums des Kultus und öffentlichen
Unterrichts, veröffentlicht von Theodor Schreiber. Leipzig 1909. In Kommiffion bei Meifenbacb,
:: Riffartb & Co. ::