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Einleitun g.
Spuren, an die Sagen, ja selbst an die entstellenden Fabeln
angeknüpft, anschaulich und ausführlich nachweisend, was in
dem Geschichtswerke nur kurz angedeutet ist. Wie und wo
in den ersten Strahlen des italischen Morgens die Sabinerstadt
aus zackigen Klippen gegründet ward; wie am Vorabende der
Republik auf breiter Ebnung des bezwungenen Felsen und
über ausgefüllten Klüften sich das Heiligthum Jupiters erhob ;
wie die junge Republik das Riesenwerk vollendete, und die
Dankbarkeit der vom gallischen Raubzug Erretteten, oder, in
den folgenden Jahrhunderten, die Frömmigkeit oder Prach-
liebe der Besieger und Herrscher Italiens und der Welt den
Hügel Jupiters und vor allem den Tempel schmückten, in
welchen als dankopfernder Sieger einzuziehen ein fast über-
menschliches Glück schien, und an dessen Stufen der stolze
Cäsar ehrsurchtsvoll seine Kniee beugte, um so demüthig hinauf-
zuklimmen. Dann wie kaiserliche Pracht die altväterlichen
Heiligthümer des Capitols verschönerte, doch die ursprüng-
liche Einfalt und Würde nicht zu verwischen wagte; wie die
hohen schon verlassenen Tempel, als Heiligthümer des Rei-
ches, die langsame Verfinsterung und Vernichtung der alten
Herrlichkeit überschauten, selbst von den Herrschern Byzan-
zens und von Genserich nur eines kleinen Theils ihrer Schätze
beraubt. Wie erst durch die Raubsucht und die Zerstörungs-
wuth der Bewohner, durch den Hass und den Vernichtungs-
kampf der eigenen Bürger alles von dem Boden verschwand,
kaum unter der Erde durch den Schutt der eigenen Trümmer
und die Unzerstörbarkeit der Grundmauern vor gänzlichem
Untergang gesichert. Wie indessen in den dunkeln Jahrhun-
derten sich der städtische Senat zwischen den beiden Spitzen
auf den Resten des Reichsarchivs niederliess, der neuen Bür-
gerschaft Mittelpunkt, mit Richtplatz und Stadtmarkt vor sich;
wie hier, im Palaste des Senators, dem neuen Capitol, der phanta-
stische Cola di Rienzi, von Petrarca's Segenswünschen begleitet
und angefeuert, Roms Freiheit zu gründen, ja die Oberherrlich-
keit des Reichs herzustellen träumte; wie die in denselben
Jahren erfolgte Krönung jenes grossen, das Elend seiner Zeit
tief fühlenden Dichters auf dem Capitol alte Herrlichkeit und
alten Ruhm zu erneuern schien; wie bald nach ihm der geist-
Einleitun g.
Spuren, an die Sagen, ja selbst an die entstellenden Fabeln
angeknüpft, anschaulich und ausführlich nachweisend, was in
dem Geschichtswerke nur kurz angedeutet ist. Wie und wo
in den ersten Strahlen des italischen Morgens die Sabinerstadt
aus zackigen Klippen gegründet ward; wie am Vorabende der
Republik auf breiter Ebnung des bezwungenen Felsen und
über ausgefüllten Klüften sich das Heiligthum Jupiters erhob ;
wie die junge Republik das Riesenwerk vollendete, und die
Dankbarkeit der vom gallischen Raubzug Erretteten, oder, in
den folgenden Jahrhunderten, die Frömmigkeit oder Prach-
liebe der Besieger und Herrscher Italiens und der Welt den
Hügel Jupiters und vor allem den Tempel schmückten, in
welchen als dankopfernder Sieger einzuziehen ein fast über-
menschliches Glück schien, und an dessen Stufen der stolze
Cäsar ehrsurchtsvoll seine Kniee beugte, um so demüthig hinauf-
zuklimmen. Dann wie kaiserliche Pracht die altväterlichen
Heiligthümer des Capitols verschönerte, doch die ursprüng-
liche Einfalt und Würde nicht zu verwischen wagte; wie die
hohen schon verlassenen Tempel, als Heiligthümer des Rei-
ches, die langsame Verfinsterung und Vernichtung der alten
Herrlichkeit überschauten, selbst von den Herrschern Byzan-
zens und von Genserich nur eines kleinen Theils ihrer Schätze
beraubt. Wie erst durch die Raubsucht und die Zerstörungs-
wuth der Bewohner, durch den Hass und den Vernichtungs-
kampf der eigenen Bürger alles von dem Boden verschwand,
kaum unter der Erde durch den Schutt der eigenen Trümmer
und die Unzerstörbarkeit der Grundmauern vor gänzlichem
Untergang gesichert. Wie indessen in den dunkeln Jahrhun-
derten sich der städtische Senat zwischen den beiden Spitzen
auf den Resten des Reichsarchivs niederliess, der neuen Bür-
gerschaft Mittelpunkt, mit Richtplatz und Stadtmarkt vor sich;
wie hier, im Palaste des Senators, dem neuen Capitol, der phanta-
stische Cola di Rienzi, von Petrarca's Segenswünschen begleitet
und angefeuert, Roms Freiheit zu gründen, ja die Oberherrlich-
keit des Reichs herzustellen träumte; wie die in denselben
Jahren erfolgte Krönung jenes grossen, das Elend seiner Zeit
tief fühlenden Dichters auf dem Capitol alte Herrlichkeit und
alten Ruhm zu erneuern schien; wie bald nach ihm der geist-