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Albert, Peter P.; Beyerle, Konrad [Editor]
Die Kultur der Abtei Reichenau: Erinnerungsschrift zur zwölfhundertsten Wiederkehr des Gründungsjahres des Inselklosters 724-1924 (1. Halbband) — München: Verlag der Muenchner Drucke, 1925

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Vorgeschichte und Klostergründung
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Pfeiffer, Maximilian Joseph: St. Pirminius in der Tradition der Pfalz
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https://doi.org/10.11588/diglit.61010#0072
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St. Pirminius in der Tradition der Pfalz

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liehen Machwerke zur Erstreitung oder Behaup-
tung von Privilegien sein mag.
Das erste zuverlässige Diplom über den Bestand
des Klosters liegt vor von 754 August 18., darin
die Nonne Adala dem ,zu Ehren des heiligen
Petrus und der übrigen Heiligen erbauten Kloster
Gamundis, wo der Bischof Jacobus mit seinen
Mönchen lebt*, ihr Gut in Wasselnheim und Es-
phenwilre (später Elbersdorf, abgegangen, bei
Wasselnheim im Elsaß) vergibt. Die Urkunde ist
deshalb wichtig, weil als Abt der Bischof Jacobus
genannt ist, der Pirminius' Nachfolger war. Ob
er zu identifizieren ist mit dem 748 in der Ur-
kunde des Bischofs Heddo von Straßburg für das
Kloster Schwarzach aufgeführten ,Jacobus, ge-
nannt Abt<3), sowie mit dem als Bischof Jacob
von Toul in der Urkunde des Bischofs Chrode-
gang von Metz für das Kloster Gorzex) vor-
kommenden Träger gleichen Namens, kann dahin-
gestellt bleiben. Sicher bezeugt ist Jacobus ,als
Bischof aus dem Kloster Gamundias' durch seine
Unterschrift des Totenbundes von Attigny, einer
Gebetsverbrüderung der auf der Synode zu At-
tigny unter Chrodegangs Vorsitz versammelten
fränkischen Prälaten.5)
Das Diplom der Adala ist zugleich Zeugnis für
das Todesjahr des Heiligen. Ihre Datierung vom
,15. Tage vor den Kalenden des September im
dritten Regierungsjahre des Herrn Königs Pippin'
führt, da die Regierungsjahre Pippins von 751
an gezählt werden, das dritte also 754 ist, auf
753 als Todesjahr des Pirminius, allerdings im
Gegensatz zu der Angabe der Chronik des Klo-
sters Ebersheim, in der gesagt ist, Pirminius sei
754 gestorben.6)
Zwei Fragen drängen sich in den Vordergrund
der Betrachtung. Die erste: wie lebte das Ge-
dächtnis Pirmins an seinem Begräbnisorte weiter?
die zweite: wer ist jener angebliche Stifter Wer-
ner gewesen?
Eine ausdrückliche Heiligsprechung Pirmms ist

nicht erfolgt. Es findet sich in der Literatur
auch nicht eine Spur davon. Das Bestreben der
Mönche, den Ursprung ihrer Cella auf einen Hei-
ligen zurückzuführen, ist im frühen Mittelalter
allgemein, die Würdigkeit der Ehren des Altars
wird durch Wundertaten erwiesen, an deren Er-
zählung allenthalben kein Mangel ist. Das be-
stätigt schon em Blick in das Schrifttum jener
Zeitläufte, wo in barbarischem Latem, in Vers
und Prosa, gerühmter Mirakel kein Ende wird.
Es läßt sich ohne Mühe eine gewisse Typologie
der Wundererzählungen feststellen. So mag es
auch bei Pirminius gegangen sein. Der Preis der
an seinem Grabe beobachteten Wunder drang
zunächst einmal zu den Klöstern, die er gegründet
hatte, und von dort in weitere Kreise. Wie in der
territorialen Umgebung der Ruhm des Heiligen
sehr frühe verbreitet war, glaube ich, wenn nicht
beweisen, so doch illustrieren zu können durch
den Vermerk, daß in dem 772 geschriebenen
Weißenburger Codex des Martyrologium Hie-
ronymianum das Fest des heiligen Pirminius
noch nicht verzeichnet ist, daß aber am Ende des
8. Jahrhunderts bereits in der Metzer Handschrift
dieses selben Martyrologiums (jetzt Cod. Ber-
nensis 289) am 3. November das Fest ,des
heiligen Permimus* eingetragen steht,
mit der in anderem Zusammenhänge bedeutungs-
vollen alten Korrektur .Primimus' über dem ur-
sprünglichen Text ,Permimus? Das Reichenauer
Brevier aus dem ersten Viertel des 9. Jahrhun-
derts, sicher vor 838 (jetzt in Karlsruhe, Cod.
Augiensis CXXVIII), enthält am 3. November
ebenfalls den Namenstag ,Sancti Pirminn epi-
scopi'. Aus diesen Angaben erhellt unzweifelhaft,
daß in Metz, der Heimatdiözese des Klosters
Hornbach, am Ende des 8. Jahrhunderts, noch
nicht 50 Jahre nach seinem Tode, Pirminius schon
als Heiliger verehrt wurde und kurz nachher am
Orte seiner anderen, bedeutendsten und berühm-
testen Schöpfung, in Reichenau.
 
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