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Muzeum Narodowe <Breslau> [Editor]; Muzeum Śla̜skie <Breslau> [Editor]
Roczniki Sztuki Śląskiej — 17.1999

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Lutze, Klaus: Der Breslauer Meister Jost Tauchen und das Bronzetaufbecken der Elisabethkirche zu Breslau
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https://doi.org/10.11588/diglit.41574#0033

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28

Klaus Lutze

DIE GUSSWERKSTATT
Ungewóhnlicherweise zeichnete Jodocus Tauchen
nicht nur fur seine Bauhiitte, sondern auch fur eine
Gubwerkstatt verantwortlich, was ebenfalls mehrfach
urkundlich belegt ist. 1462 gab Erzbischof Johannes VI.
von Gnesen bei dem „artificiosus Jodocus Tawchen,
lapicidd' eine erzene Grabplatte in Auftrag und lieb
ihm dafur eine Anzahlung von insgesamt 222 ungari-
schen Gulden zukommen. Tauchen sagte die Fertig-
stellung zu. Uber die Ausfiihrung ist jedoch nichts iiber-
liefert, das Werk nicht erhalten. Der Ruf von Jost Tau-
chens Bronzegubwerkstatt mub aber 1462 schon bis
Gnesen gedrungen sein; Alwin Schultz nahm an, dab
clieser Ruf in der Messinggrabplatte des Bischofs Peter
II. Nowak (1447-1456) im Dom zu Breslau begriindet
war, und schrieb Tauchens Werkstatt diese und auch
die des Bischofs Rudolph von Rudesheim (1468-1482)11
sowie die des Herzogs Wenzel von Sagan (f 1488) zu12.
Zumindest in den Jahren 1468-1470 hat Jost Tau-
chen regelmabig Zahlungen aus der Breslauer Stadt-
kasse unter der Rubrik „Super Pixides et Pulueres” er-
halten13. Diese wohl zeitlich begrenzte Verpflichtung
ais stadtischer Geschutzgieber mag mit den Zwangen
der damaligen Kriegszeit zusammenhangen, die einen
„gesteigerten Bedarf an Metallgewerbemeistern” mit sich
brachten14. Die Zahlungsbelege bestatigen jedenfalls,
dab Jodocus Tauchen neben seiner Steinmetzwerkstatt
auch eine Giebhiitte leitete.
1993 fuhrte die Inschrift „1475 m(agister) judocus”
auf dem Nodus des Bronzetaufbeckens in der Marien-
kirche zu Bańska Bystrica (Slowakische Republik) zur
Entdeckung von zwei erhaltenen Werken aus Jost Tau-
chens Gubwerkstatt (Abb. 2). Das genannte Taufbec-
ken zeigt namlich auffallend enge Verwandtschaft mit
der Bronzetaufe aus der Elisabethkirche zu Breslau, die
nach 1945 in das Muzeum Narodowe in Warschau uber-
fiihrt worden ist.


2. Name des GielSers iudocus des Taufbeckens in Bańska Bystrica

Beide Taufbecken gehóren zum Pokaltyp. Beide
sind in extremer Weise in durchbrochener Arbeit gefer-
tigt, der Pokalfub offensichtlich nach dem Muster von
Kelchen der Zeit, wie sie von Schlesien uber Kraków
bis Tarnów in grober Zahl erhalten sind15. In die durch-
brochene Cuppa ist ein Kupferblechbecken eingehangt.

Die Gemeinsamkeiten bei den zwei Taufbecken
gehen aber noch sehr viel weiter: Der aubere Rand der
sechspabfórmigen Basis ist in durchbrochen gearbeite-
te Mabwerkfelder mit zentraler Kreuzbliite unterteilt;
den yertikalen Trennstegen sind ein- bzw. dreifache
Taustabe vorgesetzt. In die daruber bis zum Nodus auf-
schwingenden sechs Rahmen sind nach Tonmodellen
gegossene, flachę, figurliche Reliefs eingelótet. Auf die
Trennlinien zwischen den Rahmen sind Taustabe auf-
gelótet. Uber dem Nodus ist die Zahl der Rahmen und
der Taustabe auf zwólf verdoppelt, die Rahmen sind
entsprechend schmaler, nicht durchbrochen. Aufgelótete
grobe Buckelblatter verdecken Nahtstellen, am unte-
ren Rand der Cuppa sitzen Lówenkópfe auf dem Ende
der zwólf Taustabe, sie stammen an beiden Becken vom
selben Modeli! Die Cuppa ist rund, in zwólf vertiefte,
durchbrochene Rundbogennischen mit dareingelóteten
Flachreliefs unterteilt. Neben den Nischen stehen auf
der um ca. 45° schrag nach auben abfallenden Flachę
zierliche Trennpfeiler mit Fialen.
Das Breslauer Taufbecken stammt offensichtlich aus
derselben Werkstatt wie das in Bańska Bystrica (deutsch:
Neusohl). In dieser, damals zu Oberungarn gehóren-
den Bergwerksstadt sind Glocken- und Stiickgieber erst
aus den 90er Jahren des 15. Jahrhunderts liberliefert
(Glockengieber Hans/Johann 1490, Biichsengieber Se-
bald 1493), die grobe Zeit dieses Gewerbes in der Stadt
liegt erst im 16. Jahrhundert16. Vor allem aber spricht
gegen eine Entstehung des Taufbeckens in einer ober-
ungarischen Werkstatt die relative Einheitlichkeit aller
iibrigen erhaltenen Bronzetaufbecken in diesem Ge-
biet, insgesamt 22, alle zeigen eine gedrungene Form
des Pokaltyps, meist mit von Stanzen abgeformten fla-
chen Reliefs (Abb. 3). Sie sind iiberwiegend konzen-
triert in der Zips, wo auch die wichtigste Gubwerkstatt
war. Die Taufen in Keżmarok (Kasmark), 1472, vom
Glockengieber Matthias, und in Vrbov (Menhardsdorf),
1484, von Jan Wagner, seien ais zeitlich dem Werk in
Bańska Bystrica nachststehende Beispiele genannt, bei-
de in der „GaaPschen” Werkstatt in Spisska Nova Ves
(Zipser Neudorf) gegossenr. Aus derselben Werkstatt
stammen aber auch das Taufbecken aus Liptovska Tę-
pią, 50 km nórdlich von Bańska Bystrica dicht an der
Strabe zum Jablunka-Pab, aus der zweiten Halfte des
14. Jahrhunderts, vonJan Weygel18, und das im ungari-
schen Gyóngyós, um 1500, wohl auch von Jan Wagner10.
Auch das Taufbecken in der Martins-Kathedrale in Bra-
tislava von 1409 zeigt diesen Typus20.
In diesem Umkreis, der sich mit Taufbecken des
gleichen Pokaltypus im Norden bis weit nach Polen
hinein erstreckt (bis Lublin sowie Szadek und Widawa
bei Lodź), im Siidosten bis Siebenbtirgen, ist das Werk
in Bańska Bystrica ein Fremdkórper.
Die Werkstatt der beiden so eng verwandten Bron-
zetaufen ist also eher in Breslau anzunehmen. Hier aber
kam nur die des Jost Tauchen in Frage.
STILVERGLEICH
Der Stilvergleich zwischen den oben genannten
bildhauerischen Arbeiten (soweit erhalten und zugan-
 
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