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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 2): Die Anfänge der theoretischen Studien ; das Lehrbuch der Malerei: von der Maß der Menschen, der Pferde, der Gebäude ; von der Perspektive ; von Farben ; ein Unterricht alle Maß zu ändern — Berlin, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.29732#0357

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D. VON DER MASS DER PFERDE NR. i, 2

zeigen die Nürnberger Skizzen von der älteren Norm eine Reihe Abweichungen1. Diirer mißt jetzt bis zur
Schwanzwurzel. Statt der Herzgrube sind Hals und Schulter an die Vertikallinie des Schemas angelehnt.
Die Bauchlinie ist abweichend von der friiheren Ordnung angegeben. Die beiden Konstruktionen des von
hinten gesehenen und des schräg stehenden Pferdes geben in zentralperspektivischer Weise eine Art stereo-
metrischer Auswertung des Schemas. Wertet man die Niirnberger Zeichnungen mehr als eine fliichtige
Skizze, so fallen sie notwendigerweise aus dem ganzen Entwicklungszusammenhang heraus.

1 Vgl. Kurthen, aaO, die bisher einläßlichste Untersuchung zum Problem der Dürerschen Pferdekonstruktion.

Nr. 2

KONSTRUKTIONSZEICHNUNG DES PFERDES FÜR DEN KUPFERSTICH

„RITTER, TOD UND TEUFEL“

Von Dürers Hand. Mailand, Ambrosiana. Ein Blatt 23,9 X 17,3 cm. W 617/18. Die Vorderseite ist auf der
Rückseite ohne die Konstruktionslinien durchgezeichnet.

Tafel 53, Nr. 170.

Datierung: 1513.

Bei der Anfertigung der Zeichnung benützte Dürer für den Ritter seinen Reiter von 1498 (W 176). Für
aas Pferd wiederholen die Stellung der Beine und die Bildung des Kopfes Motive aus Pferdezeichnungen
um 1502/03, wie Reiter mit Lanze (W 255), Falkenjäger zu Pferde (W 256) und die beiden Pferde
(W 360/61). Doch sind der Pferdekörper und der Kopf konstruiert. Nach Kurthen stellt die Zeichnung
„die einzige exakt konstruierte Pferdeproportionsstudie Dürers“ dar.

Das Pferd ist in ein Netz von Vertikalen und Horizontalen eingezeichnet. Dabei ergeben sich über dem
Rumpf drei gleichgroße Rechtecke1. Die vordere Vertikallinie ist bis zum Blattrande geführt und weist eine
Unterteilung auf. Der Kopf hat Bewegungsfreiheit. Seine Länge ist (wie bei den menschlichen Figuren
nach Vitruv) die Einheitsstrecke. Er ist aus dem rechtwinkelig-gleichschenkeligen Dreieck konstruiert. Die
Kniehöhe ist bestimmt als Mitte des Beins von der Fessel aus. Das Kopfdreieck wurde iiber seiner unteren Ka-
thete um ein zweites Dreieck aus V2 (?) und x/3 Kopflänge erweitert. Am hinteren Ivruppenrand sind zwei
Maßabtragungen angegeben: von 1 Kopflänge bis zum Einschnitt zwischen Ober- und Unterschenkel und
2/3 Kopflänge bis zum Sprunggelenk. Neben der oberen Abtragung steht die Beischrift ( = x/3 Krup-
penhöhe oder Rumpflänge). Das Blatt ist genauso wie die konstruierten Figuren zur menschlichen Pro-
portion behandelt, indem Dürer die Vorderseite auf der Rückseite durchzeichnete und durch Austuschen
des Hintergrundes bildmäßig abschloß.

1 Nach Flechsig II, S.459, ist die geometrische Konstruktion nicht das Ursprüngliche gewesen, sondern Dürer habe das
Proportionsschema dem schon fertigen Pferdekörper eingezeichnet wie zur Kontrolle, ob er normale Maßverhältnisse
habe.

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