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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 2): Die Anfänge der theoretischen Studien ; das Lehrbuch der Malerei: von der Maß der Menschen, der Pferde, der Gebäude ; von der Perspektive ; von Farben ; ein Unterricht alle Maß zu ändern — Berlin, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.29732#0396

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II. DAS LEHRBUCH DER MALEREI

allelogramme (des Schleiers) die Stirne, in jenem die
Nase, in einem anderen die Wangen, in jenem unten das
Kinn, und so jedes Ding seiner Lage entsprechend ge-
sondert, so wirst du all dieses in entsprechender Lage
auch auf deiner Tafel oder Wand sehen, sobald du diese
dem Schleier gleich in Parallelogramme geteilt und dann
jedes einzelne Ding genau wie dort postiertest. Endlich
wird dir der Schleier von großer Hilfe sein für das Ver-
ständnis, körperliche Dinge zu malen“ (Ed. Janitschek,
S. ioo ff. und 237). In der lateinischen Textredaktion
betont Alberti, daß er der Erfinder des „Velo“ sei (cujus
ego usum nunc primum adinveni).

Leonardo gestattet (Tr. 39) den Schleier nur jenen, die

auch „aus der Phantasie“ Figuren zeichnen können. Beim
Aktzeichnen empfiehlt er (Tr. 97), vermutlidi der bes-
seren Durchsicht halber, ein Fadennetz. Vgl. Ed. Lud-
wig I, S. 87 f. und 151; Meder, Die Handzeichnung, S.
545-

2 Etwa einen Christophorus.

3 verdrießlich, langweilig, lästig.

4 Dieser Gedanke, bei großen Bildern nicht auf den
ganzen Karton zu zeichnen, sondern für jedes Quadrat
des Fadengitters einen besonderen Papierbogen zu neh-
men und die Bögen erst an der Wand zusammenzu-
setzen, stellt eine praktische Vervollkommnung der über-
nommenen Methode durch Dürer dar.

G. VON FARBEN

Aus den Inhaltsangaben für das geplante Lehrbuch der Malerei geht hervor, daß Dürer im Hauptpunkt II,
Teil 2, im Kapitel f auch die Farbenlehre behandeln wollte. Nach den Aufgliederungen dieses Teiles hätte
das Kapitel „Von farben, wy man dy der natiir geleicht“ oder „Van farb zw moln der natur gleich“ über-
schrieben sein sollen.

Von den italienischen Kunsttheoretikern, mit deren Lehrschriflen und Gedankengut Diirer in Berührung
kam, handelt sowohl Alberti wie Leonardo von den Farben. Alberti hatte im I. Buch seines Traktates
„De pictura“ eine Farbentheorie entwickelt1. Danach gibt es vier, der Vierzahl der Elemente, Feuer, Wasser,
Luft, Erde, entsprechende Hauptfarben: Rot, Grün, Blau und Bleigrau oder Aschgrau. Sie können entweder
durch Mischung untereinander oder durch Hinzutun von Schwarz und Weiß eine unendliche Menge von
Unterarten bilden. Schwarz und Weiß sind keine Farben, sondern nur Alteratoren derselben. Jede Ver-
schiedenheit der Farbe hat ihren Ursprung im Wechsel des Lichtes. Im II. Buch bespricht Alberti nach der
Komposition die Farbgebung bzw. Beleuchtung. Die Körperlichkeit und damit die Naturwahrheit der
Malerei beruht in der richtigen Verteilung von Licht und Schatten. Fiir die eigentlichen Farben will Alberti
nur einige Winke über ihre ästhetische Bedeutung im Bilde und über die Farbenharmonie geben.

Leonardo handelt hauptsächlich im II. Teil des Malerbuches „Von den Farben“ und erörtert in zahlreichen
Niederschriften deren Wesen, die Einwirkung von Licht und Finsternis, den Einfluß der Körperoberfläche
sowie das Technische2.

Von dem, was Dürer zur Farbenlehre niedergeschrieben hatte, scheint sich nur das im folgenden abge-
druckte Stück erhalten zu haben.

1 Vgl. L. B. Albertis Kleinere kunsttheoretische Schriften, übers. und hrsg. von H. Janitschek, S. IX, 64 ff., XVI und
130 ff.

2 Vgl. Leonardo da Vinci, Das Buch von der Malerei, hrsg. und übers. von H. Ludwig I, Tr. 254 etc., und III, S. 21S ff.

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