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Ruska, Julius
Tabula Smaragdina: ein Beitrag zur Geschichte der hermetischen Literatur — Heidelberg: Winter, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.51294#0076
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Julius Ruska

geheure Alter der Bauten, die Rätselhaftigkeit ihres Aufbaus und ihrer
Bestimmung, die noch größere Rätsel aufgebende Hieroglyphenschrift
waren ein dauernder Anreiz für die Neugierde, in das Innere einzudringen;
aber ebenso oft mag man von der Fortsetzung der Versuche Abstand ge-
nommen haben, wenn die unheimlichen Geschichten über die dunkeln
Gänge und Kammern, die geheimnisvollen Sarkophage und Götterbilder,
die gespenstischen Erscheinungen, durch die die Störer des Grabfriedens
zurückgeschreckt wurden, in Umlauf kamen.
Der erste muslimische Herrscher, dem das Unternehmen einer
Pyramidenöffnung nachgesagt wird, ist alMa’mün. Man findet die
Geschichte bei alMaqrlzi nach verschiedenen Quellen erzählt, eine
kürzere Darstellung gibt alQazwini1 ohne Quellenbezeichnung: „Als
alMa’mün nach Ägypten kam, ließ er eine der beiden Pyramiden,
die Fustät gegenüber liegen, unter großer Anstrengung und langer Arbeit
öffnen und fand in ihrem Inneren schreckliche Treppen und Gänge, die
schwer zu begehen waren, und an (unterhalb) der höchsten Stelle eine
würfelförmige Kammer, jede ihrer Seiten 8 Ellen lang, in ihrer Mitte ein
Bassin (Sarkophag) aus Marmor mit einem Deckel. Nachdem man den
Deckel entfernt hatte, fand man aber nichts als vermoderte Knochen.
Da befahl alMa’mün, dergleichen künftig nicht mehr zu öffnen. “
Die Geschichtlichkeit dieser Angabe hat schon S. de Sacy bestritten.
Mehr Glauben verdient vielleicht ein Bericht, der das gleiche Unternehmen
der Zeit des Ahmed ibn Tülün (gest. 884) zuschreibt. Ibn alFaqlh
erzählt in seinem 903 verfaßten Kitäb albuldän, daß sich der Geheim-
sekretär des Ahmed ibn Tülün und der des Lu’lu’ mit einem Auf-
gebot von Arbeitern an die Öffnung einer der kleineren Pyramiden ge-
macht hätten. Sie gelangten durch Abdecken der oberen Steinschichten
in eine Grabkammer und fanden darin sehr merkwürdige Dinge, ins-
besondere einen Sarkophag, dessen Deckel mit Blei verkittet war und
im Innern die Mumie eines Greises barg, der eine Tafel aus weißem
Onyx unter dem Kopf hatte. Nach der Ansicht der Entdecker stellten
die Figuren Moses, Jesus und Mohammed dar.
Ganz ähnlich, nur noch etwas romantischer erzählt Ibn alNadlm
im Fihrist S. 352 auf Grund einer geographischen Quelle, daß einer der
Statthalter Ägyptens sich fast den Hals ausrenkte, um zu erfahren, was
auf der Spitze der Pyramide sei, daß jedoch erst ein kühner Inder das
Wagnis unternahm, hinaufzusteigen. Er fand oben angeblich eine Platt-
form mit einer Qubba, in der sich eine Art Grab befand. Am Kopfende
1 F. Wüstenfeld, Zakarija . . . el-Cazwini's Kosmographie. Zweiter Teil. Göttingen
1848, S. 179.
 
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