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Schlesische Heimatpflege: Kunst u. Denkmalpflege, Museumswesen, Heimatschutz — Breslau, 1.1935

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Museumswesen
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Kohlhaussen, Heinrich: Die Magdalenenapostel
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https://doi.org/10.11588/diglit.19993#0199

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Heinrich Kohlhaußen

Die Magdalenenapostel

Trotz mehrfacher literarischer Hinweise1) und Ausstellungen sind die
holzgeschnitzten Monumentalfiguren aus der Breslauer Magdalenen-
kirche immer wieder dem allgemeinen Bewußtsein entglitten. Bis
zum Jahre 1911 lagerten sie unbekannt und verwahrlost in den
Dachräumen oberhalb des Chores. Keine Innenabbildung der Kirche
zeigt sie. Alwin Schultz (Breslauer Malerinnung 1866 S. 115 ff.)
nennt sie nicht, obgleich er jedes kleinen, im Schmutz und Gerumpel
der Kammern und Turmräume aufgestöberten Torso Erwähnung
tut. Das heißt doch, daß sie damals schon über das Gedächtnis der
alten Leute hinaus magaziniert waren. Aber selbst nach ihrer
Überführung in das Museum wanderten sie nur von einem Boden
zum anderen, und es dauerte geraume Weile, bis sie aufgestellt
werden konnten. Und auch dann noch mußten sie sich unter dem
Zwange der Raumnot in den dunklen Treppenaufgang zurück-
ziehen, in einem zweifachen Sinne verborgen, da ihr eigentliches
Wesen durch einen dicken, lieblosen, mißfarbenen Anstrich nach-
mittelalterlicher Herkunft verschleiert wurde. So, mit diesem
groben, artfremden Kittel angetan, mochten sie die Meinung jener
bestärken, die — wenn auch unter Anerkennung ihrer großartigen
Gesamtform - der schlesischen Kunst des 14. Jahrhunderts die
letzten Feinheiten absprechen. Eine Befreiuung von den neueren
Übermalungen schien mir aus diesem Grunde seit ihrem ersten
Anblick eine denkmalpflegerischc Notwendigkeit. Ein positives Er-
gebnis wurde allgemein bezweifelt. Hatte man doch erst 1952 ge-
legentlich der Gerhart Hauptmann-Feier die vier besterhalterten
dieser Figuren, die Riesen Andreas und Paulus, die Magdalena und
den bartlosen Heiligen mit Buch auf die Außenbemalung hin er-
gänzt und festgesetzt. War die Vereinheitlichung der Farbflächen
auch eine Verbesserung gegenüber jener Fleckigkeit, wie sie unsere
Figuren auf den Tafeln 14 und 16 bei Braune-Wiese zeigen, so war

*) Die Darstellung fußt für die allgemeinen Formwandhingen auf den Büchern
von W. Pinder, Die deutsche Plastik vom ausgehenden Mittelalter, I. Potsdam,
Athenaion-Verlag 1929; Die deutsche Plastik des 14. Jahrb.., München, Wolff-
Verlag, 1925, — für die schlesisdie Mittelalterforsdiung auf den Büchern von
E. Wiese, Schlesische Plastik vom Beginn des 14. bis zur Mitte des 15. Jahrh.,
Leipzig 1923, und Braune-Wiese, Schlesische Malerei und Plastik des Mittel-
alters, Kritischer Katalog der Ausstellung in Breslau 1926. A. Kröner-Verlag
Leipzig 1929.

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