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Schlesische Heimatpflege: Kunst u. Denkmalpflege, Museumswesen, Heimatschutz — Breslau, 1.1935

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Museumswesen
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Müller-Hofstede, Cornelius: Deutsche Malerei des 16.Jahrhunderts in Schlesien: ein Überblick mit anschließendem Katalog
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https://doi.org/10.11588/diglit.19993#0218

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Cornelius Müller

Deutsche Malerei des 16. Jahrhunderts in Schlesien.
Ein Überblick mit anschließendem Katalog

Selbst in einer noch so kurzen Übersicht1) des Materials aus dem
in Rede stehenden Zeitraum werden wir immer auf Cranachs
Namen stoßen. Seine führende Stellung für die Malerei des
deutschen Ostens, insbesondere für Schlesien, kann sich, abgesehen
von der Masse der Werkstattarbeiten, nicht besser erweisen als
durch den alten Bestand zweier seiner hervorragendsten Madonnen-
bilder. Beide, das eine aus dem Dom zu Breslau (Kat.-Nr. 1), das
zweite aus dem Glogauer Dom (Kat.-Nr. 5), sind durch direkte Be-
ziehungen der Stifter zu Cranachs Wirkungsstätte in Wittenberg
bereits im 16. Jahrhundert nach Schlesien gelangt. Diese Madonnen
stellen nur einen winzigen Ausschnitt aus dem reichen Werk des
Meisters dar. Beide geben aber eine reiche Anschauung von ihm -
jede in ihrer Art. Die Breslauer in Dürers Sinn als reife plastische
Erscheinung in mütterlich herzlicher Neigung über dem Kind im
Schutz uralter moosbewachsener Tannen, zur Seite links an einer
Birke vorbei ein Blick in das Treiben der Welt mit Landsknechten,
fahrendem Volk, über allem eine drohende Burg auf überragendem
Felsen. Die Glogauer Madonna — reichlich 8 Jahre später, von
1518 — wirkt zierlicher im Körper, zarter im Ausdruck, schmieg-
samer in den jetzt flächigen, zurückhaltenden Formen — alles neue
Momente, die gleichermaßen den landschaftlichen Motiven mitge-
teilt sind: der Himmel hat sich aufgehellt, parkartig freundlich
breiten sich Land und See aus, die Burg hat ihre drohende Ver-
schlossenheit aufgegeben, zu den offenen Toren sprengt ein Jagdzug
den Berg herauf, gefolgt von Hunden.

Tritt auch als Bereicherung der Anschauung noch jenes kostbare,
in feiner Ziselierung durchgeformte, in schwebenden Schatten
gehaltene Adam und Eva-Bild (Kat.-Nr. 2) unseres Museums hinzu,
so kann doch kein Zweifel sein, daß von diesen Werken die schul-
bildende Kraft Cranachs nicht ausging. So persönlich bestimmt und
verschieden die Handschrift der einzelnen Stücke sein mag: der

x) Diese gründet sich im wesentlichen auf die Ausstellung mit dem gleichen Titel
von Oktober—Dezember 1935 im Schlesischen Museum der bildenden Künste. Aul
den Katalog hier im Jahrbuch wird mit der Bezeichnung Kat.-Nr. verwiesen. Dem
Charakter der Ausstellung entsprechend bleibt unser Ueberblick nur ein Versudi,
um die wichtigsten historischen Beziehungen und Akzente siditbar zu machen.

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