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Schlesische Heimatpflege: Kunst u. Denkmalpflege, Museumswesen, Heimatschutz — Breslau, 1.1935

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Museumswesen
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Müller-Hofstede, Cornelius: Deutsche Malerei des 16.Jahrhunderts in Schlesien: ein Überblick mit anschließendem Katalog
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https://doi.org/10.11588/diglit.19993#0219

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Hieronymus von 1508 aus Glogau (Kat.-Nr. 10) mit seiner farben-
satten Abend Stimmung, der Meister des Bregel-Starczedel-Epitaphs
(Kat.-Nr. 15—17) mit seinen Charakterköpfen, seiner fabulierenden
Kinderstube auf der Heiligen Sippe des Diözesan-Museums, der
Maler der Schlacht von Orsza (Kat.-Nr. 12)1) mit seinen unüberseh-
baren, aber sehr drastischen und anschaulichen Kampfszenen —
allen ist eigentümlich der Nachdruck des Konturs, eine bewegte,
reiche Linienführung ohne differenzierte Farben, kostbare bis ins
Virtuose gesteigerte Stofflichkeit. Überall ein derbes Zupacken,
wie wir es am frühen Cranach kennen, doch ohne seine Leiden-
schaft. Im vierten und fünften Jahrzehnt wachsen die Formate, wir
begegnen imposanten Epitaphien wie Büttner (Kat.-Nr. 19), von der
Heyde (Kat.-Nr. 18), Jenckwitz (Kat.-Nr. 40). Die Menschen treten
mächtiger in Erscheinung, die Landschaft gewinnt an Horizont und
Tiefe, großzügig breitet sie sich aus und tritt in Beziehung zu den
Menschen, den Trägern der Handlung. In der Art, wie die Bäume
an den Kruzifix herantreten, seine Haltung aufnehmen, die Bewe-
gung der Szene in die Landschaft überleiten, haben wir unmittel-
bares Cranachsehes Gedankengut zu erkennen. Mit dem vorge-
rückten Jahrhundert mehren sich naturgemäß die Anregungen. Mit
Recht hat man süddeutsche Beziehungen festgestellt, bei der
Kreuzigung des Epitaphs Büttner ist Burgkmairs Name nahe-
liegend, Nürnbergisch-Fränkisch, d. h. im Grunde Dürerisch muß
man es bezeichnen, mit welcher Liniensicherheit und kernigen
Charakteristik die porträttreuen Züge der Stifter erfaßt sind.
Ins Monumentale wuchs der Maler des Jenckwitz-Epitaphs. Gott
Vater mit der Weltkugel hat als Bild-Idee seine Vorgänger, aber
wie aus der mittelalterlich-lehrhaften, trockenen Kombination ein
visionärer Vorgang geworden ist, diese Leistung hebt den Künstler
über seine Umgebung hinaus. Kraftvoll großzügig bindet sich alles
in fein abgestuften Tönen zusammen: keine minutiösen Einzel-
heiten verlocken den Beschauer, sich in Nahsicht zu verlieren — eine
neue Ökonomie der Mittel, die ohne niederländische Anregung
nicht zu denken ist. Bezeichnend bleibt, wie sich die Anregungen
misdien, wie Neues zu Altem tritt, ohne es zu verdrängen, ohne
ein eklektisches Gebilde entstehen zu lassen. Positiv gewendet:
alle Mittel formen sich zu einer ganz bestimmten persönlichen

') Es ist ein redaktionelles Versehen, dal] die Kat.-Nrn. 11—14 unter dem gemein-
samen Titel „Meister des Cranachkreises, 1527" erscheinen. Dieser bezieht sich
lediglieh auf Nr. 11. die Nrn. 12, 13, 14 sind von jeweils verschiedenen Cranach-
seh iiiern.

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