Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

— Ausgrabungen in Sendschirli, 4: Berlin: Druck und Verlag von Georg Reimer, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49438#0100
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
326

F. v. Luschan.

wegen als '„Königin“ bezeichnen müssen, sitzt nach links gewandt auf einem Thron mit
hoher, leicht nach hinten geneigter Rückenlehne. Auf dem Thron liegt ein Kissen, dessen
Seitenansicht schuppenartig verziert und mit herabhängenden Quasten geschmückt ist. Die
Königin hält in der erhobenen Rechten ein Trinkgefäß, in der Linken eine Blume. Bekleidet
ist sie mit einem langen, bis an die Knöchel reichenden, faltigen Rock, der unten durch eine
einfach gedrehte Schnur und unter dieser durch eine Borte abgeschlossen ist, während die
glatten und schmucklosen Ärmel nicht ganz bis an die Ellenbogen reichen. Der Kopf ist
mit einer enganliegenden, wohl helmartig zu denkenden Kappe oder mit einem vielleicht
turbanähnlichen dünnen Gewinde bedeckt, das nach oben zu in eine niedere stumpfe Spitze
endet, die wir ganz ähnlich, nur meist noch mit einer kleinen Quaste versehen, vielfach auch
bei der männlichen Tracht, so besonders auch bei Barrekub (vergl. Taf. LX und LXVI1)
beobachten können. Die Spitze dieser Kopfbedeckung ebenso wie das obere Stück der
Rückenlehne und auch Kopf und Schultern des gegenüberstehenden Dieners ragen in die Um-
rahmung der eigentlichen Bildfläche hinein. Der untere Rand der Kopfbedeckung ist rings-
um mit einem hinten über die Schultergegend herabhängenden Bande geschmückt, auf dem
dicht nebeneinander achtstrahlige Sterne angebracht sind, die wir uns wohl aus Edelmetall
zu denken haben. Unter diesem Band befinden sich über der Stirne noch zwei Reihen von
rundlichen Gebilden, die ich für Haarlöckchen ansprechen möchte, die aber auch einem Stirn-
band angehören könnten, vergl. Abb. 236. Hinter dem Ohre sind fünf lange Locken dar-
gestellt, die bis fast auf die Schulter reichen. Um den Hals trägt die Königin, wie es
scheint, zwei Schmuckstücke, ein breiteres, auf dem verschiedene Arten von Rosetten ab-
wechseln, und darunter ein schmäleres, das aus einzelnen Perlen bestehen dürfte. Auf dem
rechten Handgelenk ist ein ähnliches Schmuckstück wie das breitere Halsband dargestellt;
auf dem linken befinden sich vier glatte einfache Spangen.
Etwa in der Mitte des Oberkörpers, über den ganz auffallend unbeholfen gebildeten
Brüsten, ist das Gewand durch eine jener Bogenfibeln zusammengehalten, die gerade für
Sendschirli und für Assyrien typisch sind, während sie sonst, soviel mir bekannt ist, nm-
ganz selten vorkommen. Eine solche Fibula habe ich als Schlußvignette auf S. 87 dieser
„Ausgrabungen“ abbilden lassen und schematische Skizzen ähnlicher Fibeln aus Nimrud in
der Zeitschrift f. Ethnologie (1893, Verb. S. 388) veröffentlicht. Diese letzteren stammen
noch von den Ausgrabungen La YARDS, waren aber nicht als Fibeln erkannt worden. In
Sendschirli sind solche Stücke verhältnismäßig häufig. Bei der Behandlung der Kleinfunde sollen
sie ausführlich beschrieben werden; hier möchte ich nur erwähnen, daß sie alle aus einem dicken
und sehr kräftigen, gegossenen Bügel bestehen, der an einem Ende abgeflacht und oft wirk-
lich handförmig gestaltet, zur Aufnahme der Nadelspitze umgebogen ist. Das andere Ende
aber hat ein tiefes Bohrloch, in das die gesondert hergestellte, anscheinend gehämmerte und
geschmiedete eigentliche Nadel mit dem stumpfen Ende versenkt ist. Die feste Verbindung
hier ist meist nur durch ein paar Hammerschläge hergestellt, von denen sich manchmal noch
Spuren nachweisen lassen; es gibt aber einzelne Fibeln, bei denen die Verbindung noch durch
einen besonderen stiftförmigen Dübel gesichert ist. Eine gleichartige Fibel von besonderer
Größe, die ohne die abgebrochene Nadel 104 Gramm wiegt, habe ich einmal unter altem
Eisen und anderem Trödelkram im Bazar von Smyrna erworben, wo sie für einen Kisten-
henkel galt und das Ashmolean Museum in Oxford besitzt ein Stück dieser Art aus dem
phönizischen Tartus. Auch der König auf dem Felsrelief von Ibris hat eine solche Fibel,
die vielleicht zur vorläufigen Datierung des Bildwerks beitragen kann, solange die hethitische
Inschrift noch unentziffert ist. Die Form ist anscheinend über den ganzen vorderen Orient
verbreitet gewesen und wird durch weitere Ausgrabungen sicher noch von sehr vielen Orten
in Syrien und Kleinasien bekannt werden. Die datierbaren Stücke gehören in das 8. vor-
christl. Jahrh.
 
Annotationen