Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Steffen, ... [Editor]; Lolling, Habbo G. [Editor]
Karten von Mykenai (nebst einem Anhange Über die Kontoporeia und das mykenisch-korinthische Bergland) (Text): Erläuternder Text mit Übersichtskarte von Argolis — Berlin, 1884

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4897#0022

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
20

aber in Betracht zieht, dass am Nordfufse des Berges, am Mathi-Hange, die kleine Wegefestung vor-
handen war, durch welche eine der Mykenischen Hochstrafsen hindurchführte. Das Vorhandensein
reichlichen Quellwassers verlieh diesem Punkte einen besonderen Werth für die vollkommen wasserlose
Befestigungsanlage auf der Kammlinie des Elias.

Das kleine Nordthor der letzteren weifst daher auf einen unmittelbaren Zusammenhang beider
Befestigungsanlagen hin.

Man hat in dieser Gipfelbefestigung des Elias den Schutz für ein daselbst befindliches Heilig-
thum von ganz besonderer Wichtigkeit zu erkennen gemeint. Der grofsartige Gesichtskreis, welchen
die 807 Meter hohe Gipfelfläche des Berges dem Auge des Beobachters nach allen Richtungen hin
gewährt, führt zu anderen Anschauungen und lässt den directen Zusammenhang erkennen, in welchem
dieser hervorragende Punkt mit der Hauptposition von Mykenai stand. Von diesem überhöhenden
Felsengipfel aus kann man das ganze Gelände, die Inachos-Ebene und die sie umgrenzenden Gebirge
mit ihren Thälern und Schluchten vom Meerbusen von Nauplia bis zum Golfe von Korinth und über
diese hinaus überschauen. — Hier war den Mykenaiern durch die Natur also der Punkt für einen be-
festigten Beobachtungsposten gegeben; — die Gipfelbefestigung des Elias war somit der Hauptwacht-
thurm der Mykenaier, eine Wart- oder Signalstation, wie sie grofsartiger gar nicht gedacht werden kann.

Wenn die glänzende Erzählung der Klytaimnestra (Aisch. Agamemnon v. 290 fg.) von dem
Laufe der Feuerzeichen, deren Schein die Kunde vom Falle Troja's nach Hellas brachte:

„— — — — — — — — prasselnd steigt empor

die mächtige Feuergarbe, die des saron'schen Golfs
Strandklippen hell erleuchtend weit hiniiberstrahlt,
bis auch die letzte Warte, nahe dieser Stadt
erreicht ist, Arachnaion's hoher Gipfelberg,
und endlich hier in der Atriden Fürstenschloss
die Flamme niederfuhr, die von dem Ida stammt!"

mehr bedeutete als die Phantasie des Aischylos, so war Arachnaion's Felsenthurm in der leuchtenden
Kette nicht, wie der Dichter wähnt, die letzte, sondern die vorletzte Warte, von welcher die Flamme
zunächst zum Wartthurm des Elias-Berges und erst von diesem zu den Zinnen des Atreus-Hauses eilen
konnte. Dem Beschauer auf der Burg von Mykenai blieb der ganze Südosten von Argolis, in dessen
Richtung das Arachnaion zu suchen ist, hinter den Felswänden des Szara- und des Euboia - Berges
verborgen.

Namentlich ist es die vom Westhange des Euboia-Berges vorspringende Kuppe der Panagu-
Rachi, welche nach Südosten den Gesichtskreis begrenzt und es z. B. unmöglich macht, von den
Höhen von Mykenai her das Heraion zu sehen. Welchen Weg der junge Orestes auch von Korinth ge-
kommen sein mag, es giebt keinen Punkt an den von dort nach Mykenai führenden Strafsen, von dem
aus der Pädagog mit den Worten des Sophokles (Elektra V. 54 fg.) zu ihm sprechen konnte:

„Das ist das alte Argos, deiner Wünsche Ziel,
die Flur der wahngescheuchten Maid des Inachos;
rechts dort der Marktplatz, der dem wolfcrlegenden
Apoll geweih't ist; linker Hand erblickest du
Hera's berühmten Tempel; was zu Füfsen liegt,
ist Dein Myken', die goldgeschmückte Herrscherstadt."

Die Befestigungsanlagen in ihrer Gesammtheit.

Betrachtet man die geschilderten Befestigungsanlagen in ihrem Gesammtzusammenhange und
berücksichtigt dabei, dass ihre Zahl im Alterthume sicherlich eine noch gröfsere gewesen ist, so gewinnt
man den Eindruck eines grofsartigen Befestigungssystems, welches bogenförmig vom Aetolithi über die
Hauptposition von Mykenai bis über die Klisura hinausreichend, die ganze ca. zwei Meilen (15 Kilom.)
lange Front des nördlichen und nordöstlichen Grenzgebirges umspannte. Die unzugänglichen Felshänge
des Prophet-Elias-, des Szara- und Euboiaberges, sowie des Elias-Berbatiotikos mit seiner südöstlichen
Fortsetzung stellen in diesem System stärkere Schutzwehren dar, als die von Menschenhänden errichteten
Festungsmauern, welche noch der Vertheidigung bedurften, es waren. Diese Felsenberge aber verthei-
 
Annotationen