Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
20

I. DIE STADT MIAM-ANIBA

Thutmosis I. eroberte das Niltal oberhalb der Stromschnellen von Haifa und verlegte die
Südgrenze seines Reiches bis an den vierten Katarakt. Für Nubien beginnt die Zeit der
friedlichen Kolonisation. Damit ist auch die Entwicklung der befestigten Stadt Miam
beendet, vor ihren Mauern bilden sich ausgedehnte Vorstädte, von denen heute noch zahl-
reiche Schutthügel zeugen. Wie lange die Stadt in ihrer größten Ausdehnung bestand,
ist an den Ruinen nicht mehr zu erkennen. Da jedoch keinerlei Spuren der griechisch-
römischen und der meroitischen Herrschaft gefunden wurden, wird zu dieser Zeit der
Mauerring schon verlassen gelegen haben. Die Jahrtausende des Verfalls hatten begonnen,
und durch die zweite Erhöhung des Staudammes von Aswan ist der Untergang von Miam
durch die Fluten des Nils endgültig besiegelt.

B. DER STADTTEMPEL

Da der Stadttempel völlig zerstört ist, kein Stein von ihm mehr an seinem ursprüng-
lichen Platze steht, und nur sehr wenige Bauteile erhalten geblieben sind, können wir uns
von seiner Anlage keinen klaren Begriff machen; läßt sich doch nicht einmal feststellen,
ob einst ein oder zwei Heiligtümer vorhanden gewesen sind. Wahrscheinlich geht der Bau
an den Anfang der 18. Dynastie zurück, vermutlich in die Zeit Thutmosis’ I. und Thut-
mosis’ III. Unter Amenophis III. hat er, falls es sich wirklich um nur ein Heiligtum handelt,
eine Erweiterung erfahren, bei der vielleicht der Tempel von Sulb (Soleb; LDI 117) als Vor-
bild gedient haben dürfte. Sicher ist, daß der Tempel, wie der von Buhen, einen Vorhof
hatte, mit Seitengängen, deren Decke von viereckigen Pfeilern getragen war. In diese haben,
wie in Buhen, spätere Besucher ihre Votivinschriften eingegraben (S.2iff.). Das eigentliche
Tempelhaus war wohl von dem in Buhen verschieden. Da wir den Rest einer Papyrus-
bündelsäule und das Kapitell einer Palmensäule (s. u. Nr. 1 und 3) gefunden haben, darf man
vielleicht zwei Säulensäle annehmen, von denen die Decke des einen, wie in Sulb, von
Papyrusbündelsäulen, die des anderen von Palmensäulen getragen war. Weiter können
unsere Vermutungen nicht gehen. Unter Amenophis IV. sind die Bilder und Namen des Amun
getilgt, unter Haremhab wieder eingesetzt worden (S. 22 Nr. 13). Bis in
die 20. Dynastie dürfte das Heiligtum dem Kultus gedient haben.

1. Bauteile
1. (Taf. 7,1 und Abb. 1). — Oberes Stück des Kapitells einer Palmensäule. Sand-
stein; Dm max. 0,65 m. Das Kapitell setzt sich aus neun Rippen zusammen,
wie die Kapitelle im Tempel von Sulb aus der Zeit Amenophis’ III.; vgl. LD
I 117; Borchardt, Ägypt. Pflanzensäule S. 48, Abb. 76. — Man hat sich
diese Säulen wohl als Träger einer Halle zu denken, ganz ähnlich der von
Palmensäulen getragenen Halle im Sulb-Tempel. — Außer diesem Bruch-
stück fanden sich im Schutt der Stadt noch andere Säulenfragmente, Stücke
von Schäften, Basen und nicht näher bestimmbaren Kapitellen.


Abb. 1.
 
Annotationen