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Mit Begleitung. %=££jy

A. (ein Geldprotz, liest »»d wendet sich zu seinem Tischnachbar): Sonderbar, in
Schlesien hat ein Ochse mit seinem Horn die Erde aufgewühlt und dabei
wurde eine Urne mit Geld blosgelegt. Glauben Sie das?

B. : Warum nicht? Wäre cs doch nicht das erste Mal, daß ein Ochse
zu Geld gekommen ist.

Seufzer eines Pantoffelhelden.

'Das Scptcnnat soll der deutsche Michel los werden? Der Glückliche!
Wenn ich nur auch schon meine böse Sieben los wäre.

Lehrjunge (auf ein altes Klavier zeigend): Herrjott, wenn ick nur Klavier
spielen könnte!

Geselle: Warum denn?

Lehrjunge: Wenn die Meesterin den Mcester durchhaut, dann sthäte
ick de Jubelouvertüre von Karl Maria von Weber dazu spielen!

Aufhellung des Wrlfenfonds.

„Es ist leicht gesagt: ,Um einen Dreier Käse',
aber die Sorte muß man wissen, und wo er liegt",
sprach stolz der Berliner Budiker.

So verhält cs sich auch mit dem Welfeufond.

Es ist leicht gesagt: „man soll ihn aufheben",
aber die Folgen dieser Maßregel muß man sich
vergegenwärtigen.

Der Welfeufond ernährt mehr Lebewesen, wie
der älteste Käse. Er nährt vor Allen die offiziösen
Preßmenschen, welche für einen großen Theil des
Publikums die öffentliche Meinung machen. Wird
diese Thätigkeit eingestellt, so haben plötzlich Millionen
loyaler Staatsbürger keine politische Meinung mehr.

Wer könnte diesen Verlust ausgleichen, wer
könnte die Meinungslosen vor den Fallstricken der
Opposition schützen?

Und was wird aus den bisherigen Meinungs-
fabrikanten?

Sollen sie sich zu einer Aktiengesellschaft zu-
sainmcnthun und auf eigene Rechnung Meinungen
und Behauptungen fabriziren, z. B. der Welt ver-
künden, das Spreewasser sei Champagner oder der
Häring sei eine Zierpflanze, die als Zimmerschmuck
inBlumentöpfen und Ampeln gezogen werden könne?

Dannt werden sie schlechte Geschäfte machen,
denn solche ungereimte Dinge läßt sich der Philister
eben nur auf politischem und sozialem Gebiete vor-
machen; in Bezug ans Speisen und Getränke ist
er klüger. Er glaubt den Offiziösen, daß die
Kolonialpolitik nützlich und ruhmvoll ist, aber daß
der Häring eine Zierpflanze sei, glaubt er im
Leben nicht.

Die armen Offiziösen müßten also verhungern
und die Aufhebung des Welfenfonds würde somit

wirken, wie die Influenza, welche ja auch aus allen
Kreisen und aus den großen Städten bis in die
entferntesten Provinzialdistriktc ihre Opfer geholt hat.

Aehnlich erginge es den Lockspitzeln. Ist kein
Welfeufond vorhanden, dann müßten sie ihren Geld-
bedarf zum Drucken revolutionärer Flugblätter, zum
Kleister für das Ankleben aufrührerischer Plakate rc.
näher spezialifiren und weder der Finanzminister
noch das Parlament würden ihnen diese Bedürfnisse
bewilligen. Auch sic gehen also einer traurigen
Zeit entgegen und man würde nach Aufhebung
jenes Fonds bald diesseits und jenseits der deut-
schen Grenzen die Gerippe von verhungerten Lock-
spitzeln auf den Straßen umherliegen sehen.

Da nun also weder die Spießbürger sich den
Luxus einer eigenen politischen Meinung erlauben,
noch die Reptilien und Spitzel von jenem Winde
leben können, den sie dann dem Publikum nicht
mehr vormachen dürfen, so ist cs besser, mit dem
Welfenfond weiter kein Aufhebens zu machen.

Nationalscrviler Seufzer.

Caprivi auch ist ein großer Mann,

Doch Eines an ihm wir vermissen:
Er hat keinen Kürassiersticfel an —
Wo sollen wir ihn nun küssen?

Der „Vagabund" an die Arbeiter.

Ihr müht Euch zwölf bis vierzehn Stunden,
Euch drückt die Last zu Boden schwer,

Wir aber zieh'n als „Vagabunden" —

Ein menschlich Wild — im Land umher.

Wir würden gern die Lasten theilen,

Die schwer auf Euren Schultern ruh'n,

Wir möchten zimmern, schmieden, feilen,

Doch heißt's: „Für Euch ist nichts zu thun!"

Wir schreiten auf zcrriss'nen Sohlen,

Gezwungen stets zur Wanderschaft,

Wir essen Bettclbrot verstohlen,

Das Elend zehrt an uns'rer Kraft.

Die Menschheit hat uns ausgestoßen,

Sie giebt uns Brot und Arbeit nicht,

Und man verfehmt den Ruhelosen,

Ihm weigernd selbst des Mitleids Pflicht.

Da fällt ein Heller Hoffnungsschimmer
In uns'res Daseins trübe Nacht:

Ihr wolltet schaffen künftig nimmer
Mehr als der Stunden täglich acht?

Wie froh begrüßen wir dies Streben,

Das enden wird auch uns're Pein,

Denn uns auch wird dann Raum gegeben
Zu treten wieder in die Reih'n.

Als überzählig ansgeschieden,

Versanken in das Elend wir,

Doch sind wir länger nicht gemieden,

Wenn mit uns theilt die Arbeit Ihr.

Mit Euch vereint, Ihr wackern Brüder,

Auf ernster Arbeit festem Grund,

Kehrt er zurück zur Menschheit wieder,

Der ausgestoß'ne Vagabund!
 
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