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82«

I

••••*»= Modernes Wettrennen. —&•-

Z«ni großen Wettlauf haben sich
Die Mächtigen geladen;

Den Neigen führen sicherlich
Dabei die freien Staaten.

Der Flinke kommt znm Ziel allein
Ganz ohne Nebcrlistung,

Doch darf er nicht belastet sein
Mit einer schweren Rüstung.

Hat er auch noch so frischen Mnttz,
Die Rüstung hemmt beinr Nennen,
Weil schwer Beladene nicht gut
Dabei mehr schnaufe» können.

Wollt ihr in Wahrheit der Kultur,
Dem Arbcitsvolke nützen,

So leget ab die Rüstung nur
In der man sieht euch schwitze».

| Es mag die alte Eiscnlast
In dunkler Kammer roste»;

Dann für den Mann der Arbeit laßt
Es auch mal euch was kosten!

O welche Lust, Soldat zn sein!

(Frei nach Vogel v. Falckenstein.)

Wie ist's in der Kaserne doch
So schön, so hübsch, so nett!

Wie schmeckt Kommisbrot delikat,
Es macht uns dick und fett

Und die Behandlung ist so fein,

So nobel, so honett.

Kein Wunder, daß dabei man wird
So kugelrund und fett.

Du dauerst mich, Schulmeisterlein,
So hager wie'n Skelett.

Ich aber werde dick und stark,

Ich werde rund und fett.

ES werfen mir die Mädels zn
Den Blick verliebt, kokett.

Das macht, weil man im Doppelklick;
Wird stark und dick und fett.

Wer sich nach Haus zu Muttern sehnt,
Hat vor der Stirn ein Brett:

Man lebt in der Kaserne nur,

Da wird man dick und fett.

Wie ist's in der Kaserne doch
So lieblich und so nett,

Mir ist ganz kannibalisch wohl,

Ich werde dick und fett.


Bei Bismarck.

Nachdem die Interviewer der verschiedensten Großmächte mit Bismarck
konfcrirt hatten, war es ganz selbstverständlich, daß auch der wahre Jacob,
der Vertreter der Großmacht des Humors, ihn interviewen mußte. Ich
ging also hin.

„Aha, Sie sind der wahre Jacob!" rief mir Bismarck gleich von
Weitem entgegen, schob den knurrenden Ex-Reichshund bei Seite und
empfing mich mit offenen Armen.

„Hören Sie", sagte er dann, „nehmen Sie sich nur vor dem Lenbach
in Acht, der ist wnthend, weil Sic ihm Konkurrenz machen, indem Sie
berühmte Zeitgenossen porträtiren."

„Na, wenn sie sich nur immer getroffen fühlen", sagte ich, und
schickte dem eigentlichen Interview' die Versicherung voraus, daß Bismarck
sich den Dank der Nation verdiene, indem er selbst nach seiner Entlassung
noch durch seine Artikel in den „Hamburger Nachrichten" und durch seine

Unterhaltung mit Franzosen und Engländern die Witzblätter mit Stofs ver-
sorge, wie er es während seiner ganzen Amtsführung gethan.

„Ja, ich bin ein guter Mensch", sagte Bismarck darauf. „Gegenwärtig
halte ich z. B. mit Schwenninger Konferenzen darüber, wie der vom General
Vogel v. Falckenstein entdeckten Fettsucht der Soldaten abznhelfen sei."

„Würden Sie sich bei dieser Gelegenheit nicht auch gleich ein wenig
mit der Ernährungsweise der Arbeiter beschäftigen können?" warf ich ein.

Bismarck wurde unwirsch.

„Ach, gehen Sie mir mit den Arbeitern", murmelte er. „Das ist ein
undankbares Volk. Keiner hat so viel für sie gethan, wie ich; gab ich
ihnen doch das Sozialistengesetz, welches sie unter den ganz besonderen Schutz
des Staates stellte, ihnen oft staatliches Obdach gewährte und durch § 28
ihnen auch Gelegenheit zum Reisen von Land zu Land verschaffte, was doch
gewiß nützlich und bildend ist. Aber von Dank keine Spur!"

Ich fragte, ob der Exkanzlcr von der Aushebung des Sozialistengesetzes
irgend welchen Nutzen oder Schaden erwarte. Bismarck verneinte.

„Die Sache ist mir, akademisch gesprochen, Wurst", bemerkte er. „Ich
stehe mit dem hiesigen Gemeindevorstande auf so gutem Fuße, daß er mich
schwerlich ausweisen wird, auch wenn das Sozialistengesetz bleibt und ich
unter die oppositionellen Reichstagsabgeordncten gehe."

„Sie wollen also wirklich in den Reichstag?" fragte ich.

„Na, freilich", entgegnete der Kanzler, „ich kann doch den armen Pult-
kamer dort nicht allein lassen; hoffe, denselben noch zur Opposition zu be-
kehren. Und dann ist cs auch wiegen meines Herbert. Sie glauben gar
nicht, wie talentvoll der junge Mann ist, und er hat nun seit seiner Pen-
stonirung gar keine Gelegenheit, sein Talent zu verwerthen. Bin ich erst
im Reichstage, so werde ich einmal mit Bebel reden, ob für Herbert kein
Posten in der sozialdemokratischen Presse zu haben ist . . ."

Ich versprach für diesen Fall meine Protektion und empfahl mich, weil
noch fünfzehn Interviewer draußen warteten. Bismarck lud mich zu baldigem
Wiederkommen ein und sagte, das nächste Mal solle ich ihn in Hamburg
besuchen, in dem neuen Hause, welches er dort geschenkt bekommen.
 
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