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915

icbrijens Koch ooch schon jesagt, bet fein Heilmittel alleene den Menschen ooch
nich Widder uff de Strimpe helfen kann; da jehcert denn nachher doch 'n
bisken mehr zu. Sechste, Jacob, dazu jehcert jcsunde Luft, 'n orndtlicher
Happen-Pappen, jute Jetränke, llcrstehstc so'n Pulleken Rothspohn, nich zu
ville zu duhn, keene Sorjen, keen Aerjer, kccn Kummer, 'ne scheene Wohnung
un wat ieberhaupt so zu fr anständijet, jemiethlichet mcnschlichct Dasein jeheerr.
Un, sechste, Jacob, da liegt der Hund nu bcjrabcn.

Vorleifig wollen wir nu mal abwartcn, wie der Hase loost, un wir
wollen noch nischt sagen, weil se uns Becde vielleicht sonst Nachreden, wir
hätten den janzen Spaß verdorben. Aber eene klecne Bitte hätte ick vor
meine Person doch an Robert Koch'n, un vor ihn, der mit alle Bazillen
uss'n Dutzsuß steht, wäre et vielleicht jarnich schlimm, mir meine Bitte zu
ersillcn. Ick kenne Koch'n zwar nich persönlich, aber ick denke doch, er wird
keen Unmensch sein.

Ick mcene nämlich den Dalles-Bazillus. Wecßte, Jacob, wenn wir
jcjcn den erst een Mittel hätten, det wäre beinahe so jut wie dct Mittel jejen
den Schwindsuchtsbazillns. Ville Proletarier wäre nämlich damit ooch
jeholsen. Ick bin een Jemiethsmcnsch, Jacob, det weeßt Du doch ooch, aber
ick will Dir zeijen, dct ick ooch vor jroßartije Sache inklinire: ick will Robert
Koch'n mein Portemonnaie jratis als Versuchsobjekt anbictcn. Wenn der
aus meinen Schwindsuchtsportemonnaic Rothschild'n seinen Jeldschrank macht,
denn hat er bei mir vor alle Zeiten jewonncn.

Bor den Dallcsbazillus wird woll aber keen Dokter jewachsen sein, den
Dalles werden wir wahrscheinlich wohl alleene aus der Welt schassen missen.

Doch nu wat Änderet, Jacob. Jetzt wird et nämlich beese hier in
Berlin, denn nn wird et nich blos Winter, nee, nu is schon Winter, un
nu Hilst keen Manlspitzen mehr, nu muß jefissen sind.

Et is wirklich 'ne schlimme Zeit un de Preise werden immer dheirer,
un Alles, wat De ankiekst, kost't Jeld, un die Jnnahmen, na, von die wollen
wir man erst jarnich reden, denn man duht am besten, wenn man von sonne
Kleinigkeiten erst jarnich sprecht. Wie dct ieberhaupt noch werden soll, det
möjen de Jötter wissen, ick versteh' kcenen Happen davon. Det Eenzige, wat
uns erquickt nn ussrischt, det is immer noch een Blick uff unsere Kolonial- '
Politik: Heere jetzt mal blos zu, lieber Jacob, wie Emin Pascha uff Peters
nn Peters uff Stanley'» schimpt, un denn sehe mal in de Markthalle bei
de dicke Schlächterfrauen, denn wirstc wissen, wie der Haase loost, — womit
ick verbleibe erjcbenst un mit ville Jrießc Dein treier

Jotthilf Naucke.

An n Jörlitzcr Bahnhof jlcich links. j

Hvbelspähne.

Der Reichstag kam in Berlin wieder an,
Bennigsen, Richter und Ackermann,

Sowie auch die Perle von Meppen.

Sic alle zerbrechen die Köpfe sich schier
Und denken und rath>n wie könnten wir
Den Arbciterschutz noch verschleppen?

* *

*

„Das übersteigt alle Grenzen", sagte
Minister Lucius, da konnte er die Viehsperre
nicht mehr aufrecht halten und mußte abdankcn.

* *

„WaS mögt Ihr um den Zukunftsstaat so vielen
Streit entfachen?"

Ach leider! mit der Gegenwart läßt sich kein
Staat mehr machen.

* *

*

O Koch, du großer Gelehrter,

Du fandest, was Keiner noch sah,

Du packtest den Schwindsuchtsbazillus,

Und den von der Cholera.

Doch willst deinen Ruhm du steigern
Ins Unermeßliche hoch —

O Koch, so entdeck' und vernichte
Den Dummheits-Bazillus noch.

* * t

-i-

Wenn cs nach den Ansichten des Königs Stumm geht, die er in der
Arbeiterschutz-Kommission äußerte, dann werden die Klagen der Arbeiter noch
lange nicht verstummen.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Stöcker.

Hetzpfaff nicht mehr, er ist jetzt Hetzer nur,

Die Kutte fiel, sein frommer schwarzer Küraß.

Er hat gehört zur Bismarck-Garnitur

Und ging den Weg des Bismarck und des Tyras.

mehr, ihn zu verschweigen. Stichlink war selbst
Mitglied des Geheimbundes und gab uns darüber
alle Aufschlüsse."

Der Hintermann war somit entlarvt und wurde
vorgeführt. Es stellte sich dabei heraus, daß er gar
kein Mechaniker, sondern ein Bummler undJndustrie-
ritter war, und daß er, um den Lohn des Spitzels
zu verdienen, etwas erfunden hatte, so oft er nichts
Thatsächliches zu denunziren wußte. Das Gericht
verneinte seine Glaubwürdigkeit und sprach uns frei.

Seitdem schwieg die gehcimnißvolle Stimme.
„Es muß doch Müller's Geist gelvescn sein", sagte
der kleine Schulze manchmal und wurde in dieser
Meinung von Burkhard energisch unterstützt.

Die Zeit verging, es kam die Aufhebung des
Sozialistengesetzes. Wieder war es Mitternacht, wir
waren zahlreich versammelt, um den Ablauf dieses
liebenswürdigen Gesetzes zu begehen. Als der
Glockenschlag der zwölfton Stunde verklungen war,
erhob sich Burkhard, um eine Rede zu halten. Aber
er sprach nicht; statt seiner ertönte fern, wie vom
Kronleuchter herab, eine Stimme, welche rief:

„Genossen! Es lebe die Sozialdemokratie!"

Das war die Geisterstimme, welche einst den
Spitzel entlarvt hatte. Aber diesmal kam sic nicht
nnentdeckt davon. Das große Geheimniß wurde
enthüllt — Burkhard war heimlich Bauchredner,
und während der Zeit, als wir mundtodt waren,
sprach er, wo es dringend nöthig wurde, mit dem
Bauch.

Das Ende der Tuberkulose.

H^er Tod ließ hängen seinen Kopf,

Und klagte: „O, ich armer Tropf!

Weh mir, ich komme fast von Sinnen:

Die beste meiner Schnitterinnen,

Die tückische Tuberkulose,

Die so viel Menschen, kleine, große,

Jahraus, jahrein für mich gemäht,

Die Lebenslichter abgcdreht,

Sie siecht nun jämmerlich dahin.

Der Doktor Koch dort in Berlin
Hat ihr den Stoß ins Herz versetzt;

Die Schwindsucht hat die Schwindsucht jetzt.

Die Sorge nagt mir am Gerippe,

Bald frißt der Rost mir meine Hippe!

Längst hat's auch keinen Krieg gegeben:
Wie soll der Tod in Zukunft leben?" —

Der Teufel aber lacht' ihn aus
Und sagte: „Schäm' dich, altes Haus!

Wie magst so kleinlich du verzweifeln
Und bist gehetzt mit allen Teufeln,

Die stramm die Meuschenwelt durchqueren,
Sic drangsalircn und verheeren
Und massenhaft die fett'sten Bissen
In deine Küche liefern müssen.

Es wirkt für dich mit vielen Tücken
Der Unglückstcufel in Fabriken,

Auf dem Gerüst, in Arbeitsstuben,

In Erz- und Salz- und Kohlengruben,
Auf Schiffen, ans der Eisenbahn.

Denk' auch an Gift, der Thierc Zahn,
Des Feuers und des Wassers Wuth,
Der Blitz auch gute Dienste thut.

Die Opfer, die die Acrztc schlachten,
Sind wahrlich auch nicht zu verachten;
Drum: ärgert dich der Doktor Koch,

Denk' an die andern Acrzte doch.

Viel Opfer sind dir auch geweiht
Durch Leichtsinn und durch Lässigkeit.
Jedoch der Opfer größte Zahl
Bringt dir der Teufel Kapital.

So lange der regiert die Welt,

Ist stets dein Mahl brillant bestellt

Und brauchst dir keine Sorgen machen
Und kannst fidel wie immer lachen.

Ein kapitaler Teufel der,

Der Teufel Kapital, auf Ehr'.

Mein Lieblingssohn, bei meinem Schwanz!

Und mir ans Herz gewachsen ganz.

Er ist dein bester Lieferant,

Denn Tausende würgt seine Hand
Durch Armuth, Elend, Roth, Entbehrung,
Durch Hunger, dürftige Ernährung;

Durch Wohnungen: verpestete Höhlen,

Wo Luft und Licht fast gänzlich fehlen;

Durch Uebermaß von Arbeitslast,

Die kaum vergönnet Ruh und Rast
Und schon die Jugend bringt zu Schaden
Und abkürzt ihren Lebcnssadcn;

Durch mannigfaltige Gefahren,

Die hart bedroh'n der Arbeit Schaarcn
Und viele Menschenleben Haschen,

Dieweil der Geiz schont seine Taschen.

Er hetzt die Menschen Tag und Nacht
Zur aufgeregten Mammonsjagd
Und mancher, welchem grollt das Glück,

Greift zum Revolver, Messer, Strick,

Und andern der Verstand geht aus,

Sie endigen im Narrenhaus. —

So lang der herrscht, hat's keine Noth.

Drum: guten Muths! Gevatter Tod." —

-t- *

*

Der Menschheit Genius von fern —

Er schwebt' auf einem Hellen Stern —
Erlauschte diese Reden Beider
Und sagte zu sich selber: „Leider!

Schlimm haust die Kapitalmacht; doch
Für sic auch einst ersteht ein Koch.

Er ist sogar bcroits erstanden,

Man spricht von ihm in allen Landen
Und Heller stets glänzt sein Genie:

Er heißt Sozialdemokratie.

Wie cs der Menschheit ist gelungen,

Daß sic die Schwindsucht hat bezwungen,

So wird's ihr sicher auch gelingen.

Die Kapitalmacht zu bezwingen,

Zu stiften auf dem Erdenrund
Den großen Menschenfriedcnsbund." —

j. st.
 
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