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-M Zur Zeit der Maul- und Klauenseuche.

Was sollst, o Volk, du schmausen,
Das dir als gut bekannt,

Seitdem Agrarier Hausen
Weitum im deutschen Land?

Wie sprachen sie so weise!

Wir soll'n zufrieden sein!

Sie steigern uns die Preise
Vom Ochsen und vom Schwein!

Noch eine kleine Weile,
Und schon im neuen Jahr,
Da werden Droschkengäule
Ein selt'ner Braten gar.

Und ist's so allerwegen Dann hat der „agrarische Segen"

Geworden im deutschen Land, Erreicht den höchsten Stand!

Herr Miquel.

Am Himmel steht ein neuer Stern,

Der glänzt wie Gold und Nickel.

Und alle Leute seh'n ihn gern,

Den Bürgermeister Miquel.

Denn eine neue Wahrheit fand
Er für das große Publikum.

Laut tönt sie durch das deutsche Land —

Er sprach: Das Parlament macht dumm!

Herr Miquel, einst ein Demokrat,

Beinah' Geheimverbändler,

Ging später für das Volk zu Rath
Und wurde Parlamentler.

Da hielt er Reden lang und schwer
Und wurde endlich wieder stumm,

Denn er empfand es mehr und mehr:

„Ich glaub', das Parlament macht dumm."

Durchdrungen von dem Weisheitsquell,

Der diesem Wort entsprungen,

Hat er geschlossen das Kartell,

Wie schön ist's ihm gelungen!

Er steht als großer Führer da,

Im Reichstag weilt er wiederum,

Als er das Treiben wieder sah,

Sprach er: Das Parlament macht dumm.

Drum anderswo hin sehnt er sich,

Er möchte höher steigen,

Das Glück noch niemals von ihm wich,

Er wird sein Ziel erreichen.

Und sitzt er an ersehnter Stell',

Warum, darum, darum, bumbum,

Schaut er herab auf das Kartell
Und spricht: Das Parlament macht dumm.

Neujahrsgedanken.

Die alte Jungfer.

Wieder ist ein Jahr begraben,

Ich bin immer noch zu haben.

Der Landrath.

Wieder kommt ein Jahr daher,

Immer noch mein Knopfloch leer.

Der Fabrikant.

Ach, ein neues Jahr schon naht
Und noch nicht Kommerzienrath.

Der Agrarier.

Neues Jahr, dem alten gleiche,

Punkto Maul- und Klauenseuche.

Der Börsenjobber.

Wieder eilt ein Jahr davon,

Voll noch nicht die Million!

vr. Miquel.

Wie verging das Jahr so schnell
Und noch immer kein Portefeuille.

Der Philister.

Schon das zwölfte Jahr und doch
Giebt es Sozialisten noch!

Der Sozialdemokrat.

Famos, die Sache macht sich
Zu Ende Neunundachtzig.

Die Zeuginnen im Elberfelder Prozeß.

Sie traten auf mit keckem Muth,

Sie zeugten fest und stramm;

Wo Männerweisheit es nimmer thut,

Da heißt es: Cherchez la femme!

Der Befähigungsnachweis.

Nun ist's erreicht, was man geträumt,

Der Gaul beim Schwänze aufgezäumt,

Und an des Handwerks altem Schopf
Hängt lang und dick nunmehr der Zopf.

Herr Ackermann bild't sich was ein
Und bleibt doch wie zuvor so klein;

Die Welt geräth noch nicht in's Schwanken
Von eines Hosraths Zopfgedanken.

Zur Achtstundcn Bewegung.

Betriebsdirektor: Was halten Sie vom acht-
stündigen Normalarbeitstag?

Kassenkontroleur: Ganz unerhörte Forde-
rung! Gar nicht durchführbar! Mir sollte Einer
kommen und sollte Ihnen oder mir zumuthen, täg-
lich acht Stunden zu arbeiten!

Betriebsdirektor: Aber die Forderung gilt
ja nur für die Arbeiter.

Kassenkontroleur: Ja so —das geht aber wie-
der nicht, denn dann ist ja die Arbeitszeit viel zu kurz!

Herr Bulle.

Herr Bulle gar possierlich ist,

Das will nicht wenig heißen;

Er unternimmt's, zu dieser Frist
Den Adel anzupreisen.

Er lobt das Vorrecht der Geburt,

Gleich wie der Herr von Köller;

O liebe Zeit! Mir scheint, es wird
Mit jedem Tage „döller".

Der Köller ging vom Reichstag fort
Doch ihn ersetzt der Bulle,

Und wenn es nicht mehr „döller" wird,

So wird es doch noch „dulle".
 
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