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Wolf, Gunther
Satura mediaevalis: Gesammelte Schriften ; Hrsg. zum 65. Geburtstag (Band 3): Stauferzeit — Heidelberg, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.15265#0047

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VIII.

Erinnern wir uns jetzt der Formulierung unseres Themas: ,Der ,honor imperii' als
Spannungsfeld von lex und sacramentum im Hochmittelalter', so wird nach dem bislang
Gesagten einleuchten, daß dieses Spannungsfeld in der Wortbedeutung von ,honor', in
der Qualität dieses Begriffs und damit in seiner geschichtlichen Aussage liegt.

Hatten noch Du Cange132, Schäfer"3, Mitteis134, Kehr135, Rassow136 und Appelt137 etwa
den rechtlichen Gehalt des Begriffes bis hin zum konkreten Anspruch betont138, so sind
schon die meisten Aussagen des letzten Jahrzehnts, vom Gespür für das Mittelalterliche
her, hierin vorsichtiger. Ernst Kantorowicz meinte 1967: ,The notion of ,honor' comes
very close to the meaning of ,dignitas' in later political theory'13', und H. G. krause
schreibt 1960 in einer Untersuchung über die oben erwähnte Salvierungsklausel des
Papstwahldekrets von 1059: (honor) [ein] Recht, das ihm [Heinrich] kraft seines kai-
serlichen Amtes zukommt, das im Kaisertum begründet ist', ,ein ungeschriebenes, in der
theokratischen Herrschaftsvorstellung wurzelndes Gewohnheitsrecht'140. Auch Gaines
Post meint 1964: it is interesting and useful to notice briefly some indications of the
equivalence in meaning, on the Continent, of the terms ,status', ,dignitas', ,honor', and
,corona', in connection with the authority of the Prince and with the ,status regni"141.

Dieser ,honor' oder diese ,dignitas regis' etc. aber hat freilich auch - nicht nur - recht-
liche Qualität. Diese ist aber im Hochmittelalter, das den Charakter des König- bzw. Kai-
sertums als eines ,regale sacramentum' zwar vaxiiert142, aber nicht aufgegeben hat, eine
sekundäre, da Gott als ,fons honoris, dignitatis, iustitiae', als ,coronator' verstanden
wird143.

So möchte ich meinen, daß unsere Untersuchungen den über das pure Recht, die ,lex',
hinausweisenden Gehalt des Jtonor imperii' u. a. auch für den Konstanzer Vertrag erge-
ben.

Daraus folgt aber, daß es bei der Absicherung des Jionor paparus' und des ,honor im-
perii' sich eben nicht nur um Regalien handelte, sondern daß all' das mitschwang, was
seit langem, seit altersher dem Begriff innewohnte - im Grunde nichts anderes, als was
in der Einladung Heinrichs IV. zum 15. Mai 1076144 nach Worms stand:dum nec sa-
cerdotii regnum nec sacerdotium regni honore privaretur': ,Christ-centered kingship'!

Freilich - schon ganz leise - meldet sich am Ende des Hochmittelalters ein neuer Wort-
sinn145, auf den wir hier nicht mehr näher eingehen können, an: ,honor regni' = ,necessitas
regni'. Hier hat dann ,honor' schon etwas von der ,ratio publicae utilitatis', von der
Staatsräson an sich. Doch das ist nicht mehr hochmittelalterlich.

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Erstveröffentlichung in: MM (Miscellanea Medievalia) VI, 1969, S. 189 - 207.
Anmerkungen:

1 So Rassow selbst (vgl. Am. 3), S. 8.

2 H. Zatschek, Beiträge zur Geschichte des Konstanzer Vertrags vom Jahre 1153, in: Sitzungs-
ber. d. Ak. d. Wiss. in Wien 210,3,1930.

3 P. Rassow, Honor imperii. Die neue Politik Friedrich Barbarossas 1152 - 1159. Durch den
Text des Konstanzer Vertrags ergänzte Neuausgabe. Wiss. Buchges. Darmstadt, 1961. Diese
Ausgabe wurde im folgenden benutzt.

4 Ebda., S. 91.

5 Ebda., S. 91f.

6 Ebda., S. 91 unten.

7 Ebda., S. 60.

8 Ebda., S. 92 oben.
3 Ebda., S. 91 mitte.

10 E. H. Kantorowicz: The kings two bodies. A study in mediaeval political theology, Prince-
ton (New Jersey), 1957.

11 R. Holtzmann, Rezension zu Rassow, Honor imperii, in: DA 4,1941, S. 596f. Vgl. auch G.
Tellenbach, Rezension zu Rassow, in: ZRG GA 62,1942, S. 441.

12 F. Baethgen in: K. Hampe, Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer, be-
arb. von F. Baethgen, Heidelberg ,01949, S. 154.

13 H. Zatschek, Rezension zu Rassow, in: MIÖG 54,1942, S. 543 - 545, bes. 545 oben.

14 H. Grundmann, Rezension zu Rassow, in: HZ 164,1941, S. 577ff. Rezension zur Neuauflage
von G. Opitz, in: DA 18,1962, S. 600. Vgl. jetzt auch H. Appelt, Die Kaiseridee Friedrich Bar-
barossas, in Sitz.-Ber. Wien, Bd. 252, Abh. 4, Wien 1967, S. 22. Anm. 51.

15 Grundmann, a. a. O., S. 578.

16 Ebda., S. 580.

17 Ebda., S. 581.

18 Die vorliegende Arbeit ist die unveränderte, lediglich um die Nachweise ergänzte Fassung
eines auf der 15. Mediävistentagung am 24. September 1966 in Köln gehaltenen Referats.
Anderweitige Aufgaben haben mich gehindert, die Arbeit, was wünschenswert gewesen
wäre und von mir beabsichtigt war, unter Heranziehung möglichst des gesamten, umfang-
reichen Quellenmaterials auszubauen. So muß, bis mir oder einem anderen dies möglich ist,
der Versuchscharakter der Studie bestehen bleiben.

19 P. Rassow, Honor imperii, a. a. O. (Anm. 3), S. 60 oben.

20 P. Kehr, Die Belehnungen der süditalienischen Normannenfürsten durch die Päpste (1059 -
1192), in: Abhand. d. Preuß. Ak. d. Wiss. zu Berlin, Phil.-hist. KL, 1934, Nr. 1.

21 D. Schäfer, Honor, citra, eis im mittelalterlichen Latein, in: Sitzungsber. d. Preuß. Ak. d.
Wiss. zu Berlin, Phil.-hist. Kl., 1921, S. 372 - 378.

22 P. Kehr, Die Belehnungen, a. a. O., S. 40, Anm. 1.

23 So Schäfer selbst, a. a. O., S. 372.

24 Ebda., S. 372.

25 Ebda., S. 377 (Annales Fuldenses zu 859, in: MGh SS rer. Germ. VII).

26 Ebda., S. 372.

27 Vgl. dazu F. Maurer (Anm. 34), S. 344.

28 Den Gebrauch der Anrede bzw. Titulatur zu untersuchen wäre sicher recht lohnend.

29 Z. B. Registrum Gregorii VII, in: MGh Epp. sei. II, 1 u. 2, Lib. I c. 16; Lib. III c. 14; Lib. IV c 27-
Lib. VI c. 29; Lib. IX c. 2 u. 8.

30 Schäfer, a. a. O. (Anm. 21), S. 377.

31 Ebda., S. 377f.

32 Schäfer bringt insgesamt nur wenig mehr als 30 Belegstellen.

33 Für den Gebrauch von honor im römischen Recht u. a.: H. G. Heumann, Handlexikon zu den
Quellen des römischen Rechts, bearb. von E. Seckel, Jena '1926, S. 237f.

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