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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 18.1925

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BESPRECHUNGEN. }27

wenn dem Referenten auch die ästhetischen Begriffe, mit denen Moos nach Hart-
mann arbeitet, Inhalt, Form, Schein usw. noch zu unbehauene Bauklötze sind, zu
grob gesponnene Begriffe sind gegenüber der Verschlungenheit des ästhetischen Tat-
bestands, so sind sie doch bei Eduard v. Hartmann und ebenso bei Moos an den
Tatsachen orientiert und in einer Weise durchdacht, die gerade innerhalb der Musik-
ästhetik selten ist.

Weniger als Eduard v. Hartmann, dem Endpunkt der Reihe, wird Moos ihrem
Anfangspunkt, wird er Kant gerecht. Gerade hier mußte die rein referierende Me-
thode versagen, weil sowohl der Wert wie auch die Schrullenhaftigkeit von Kants
musikästhetischen Anschauungen nur bei einer systematischen Darstellung recht zur
Geltung kommen. Am besten gelungen scheint mir die Darstellung der idealistischen
Ästhetiker einerseits wie der Anschauungen Hanslicks und der Motive, die bei seinen
Meinungen zusammen- und gegeneinander wirken, andererseits.

Die Idealisten und Hanslick — das sind die Grundpfeiler, um die sich eine
schier unübersehbare Zahl der verschiedenartigsten Anschauungen rankt — man ist
selbst als Ästhetiker ers!aunt, welche Fülle von Autoren nicht immer unbeträchtlicher
Art Moos für die Entwicklung der Musikästhetik im 19. Jahrhundert beizubringen
gewußt hat.

Gegenüber der ersten Auflage hat sich die Darstellung vor allem um drei Gruppen
von Ästhetikern vermehrt; in der ersten Auflage waren die Anfänge des 19. Jahr-
hunderts zu kurz gekommen, und so war es nur in Ordnung, daß Heinse,
Schiller und Herder, daß den romantischen Ästhetikern besondere Abschnitte ge-
widmet sind. Andererseits war es ein organisatorischer Fehler der ersten Auflage,
daß Richard Wagner (und Nietzsche) fehlten, mit der Begründung, daß die gesondert
erschienene Arbeit des Verfassers über » Richard Wagner als Ästhetiker« als Ergänzung
diene. Aber eine Musikästhetik des 19. Jahrhunderts muß ein in sich geschlossenes
Ganzes sein; deshalb war es geboten, in der neuen Auflage den Fehler wieder gut
zu machen. Was Nietzsche angeht, so ist der Verfasser dabei wohl etwas übers
Ziel geschossen. Er hat, entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten, nicht bloß die
gesamte Philosophie Nietzsches dargestellt, sondern in den Anmerkungen sogar Werke
über Nietzsche referiert (Richter, Riehl, Simmel, Bertram usw.).

Die dritte Ergänzung gegenüber der ersten Auflage war dadurch geboten, daß
seit ihrem Erscheinen mehr als 20 Jahre vergangen waren und die musikästhetische
Bewegung seitdem nicht stehengeblieben war; so wird über Kretzschmar, Schering,
Schmitz, Lalo, Becher, Pfitzner, Heim u. a. berichtet. Hierbei wird freilich der früher
bei Wagner gemachte Fehler der ersten Auflage wiederholt: Die in des Verfassers
Buch über die Ästhetik der Gegenwart besprochenen Ästhetiker wie Lipps, Volkelt,
Groos u. a. werden nicht im Text referiert, nur in der Anmerkung gelegentlich erwähnt,
während manche von ihnen von größerer Bedeutung für die Musikästhetik sind als
die gesondert angeführten.

Mit der Erweiterung auf der einen Seite geht eine stärkere Konzentration auf der
anderen Hand in Hand; es ist die Darstellung allzu ausführlich behandelter Autoren
gekürzt, die Kritik bedeutend straffer gefaßt. Immerhin bliebe hier noch manches
zu tun; 33 Seiten für Engel sind zu viel im Rahmen eines Buches, in dem Hegel,
Schopenhauer u. a. sich mit der Hälfte oder einem Drittel dieses Umfangs begnügen
müssen.

Besonders hervorzuheben sind noch die am Schluß des Buches angefügten An-
merkungen, die zum Teil die Literatur über die besprochenen Autoren nachweisen,
zum Teil aber auch kleine, aber ausgezeichnet orientierende Abhandlungen über die
Geschichte irgend eines musikphilosophischen Sonderproblems betreffen (das Musik-
 
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