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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 18.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.3820#0240

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BESPRECHUNGEN. 237

Gebildeter zugänglich macht, die er vor allem aber auch dem Rechtshistoriker vor-
führt, der sich ihrer für Forschung und Lehre bedienen kann. Ein erheblicher Teil
der Abbildungen ist schon an verschiedenen, zerstreuten Stellen publiziert, ich er-
innere nur an das 1917 veröffentlichte Hamburger Stadtrecht von 1497 mit seinen
schönen Miniaturen, an die älteren Drucke von Petrarkas Trostspiegel, die Bam-
berger Halsgerichtsordnung usw., dazu kommen zahlreiche Einzelblätter aus der
Sammlung des Germanischen Museums und anderes. Aber ein sehr großer Teil
der Bilder ist zum ersten Male veröffentlicht. Vor allem sind hier die außerordent-
lich wertvollen Bilder der Schweizer Chroniken und Sammlungen zu erwähnen, die
der Verfasser in dankenswerter Weise ans Licht bringt, insbesondere die Chro-
niken der beiden Schilling von Bern und Luzern, Schwedolers, Silberysens, Tschacht-
lans, die Sammlung des J. J. Wik von Zürich; weiterhin aber auch die feinen Minia-
turen des Codex Baldwini Treverensis und anderes. Die Auswahl ist sehr geschickt
getroffen, es wird ein volles Bild des alten Rechtswesens gegeben, beginnend in
der Hauptsache mit Darstellungen des 13. Jahrhunderts, mit einigen Ausläufern in
das 18. Jahrhundert, in einigen Einzelheiten sogar in das 19. Jahrhundert hinein-
reichend. Bei weitem das Schönste bietet dabei das eigentliche Mittelalter und die
Übergangszeit, das 16. und 17. Jahrhundert bringt dann hauptsächlich die abschrecken-
den Bilder einer fürchterlichen Strafjustiz. Diese letzteren überwiegen beim Anblick
des Ganzen zunächst stark; auch der abgehärtete Jurist wird von einem Grauen be-
schlichen werden, wenn er dieses massenhaft wiedergegebene Köpfen, Hängen, Er-
tränken, Pfählen, Rädern, Ausdärmen, Vierteilen, Foltern, Prügeln usw. betrachtet.
Es sind Orgien des Sadismus, die sich da ausbreiten, und man sieht mit Entsetzen,
daß diese furchtbaren Strafen nicht nur auf dem Papier standen, sondern in raffi-
niertester Weise ausgeübt wurden. Dieses Überwiegen der Marterszenen steht im
Gegensatze zu dem Umstände, daß die Strafexekution innerhalb des Rechts einen
so breiten Raum im ganzen gar nicht einnimmt, wie überhaupt nur der Nichtjurist
im Strafrecht den Kern des Rechts zu erblicken pflegt. Aber die Betonung dieser
Dinge im vorliegenden Werke ist trotzdem natürlich. Das Recht ist ein Erzeugnis
menschlichen Denkens, Fühlens und Wollens. Daher ist es nur da' sinnlich wahr-
nehmbar, wo es sich unmittelbar in menschliche Handlungen umsetzt, und sichtbar
werden diese Handlungen — abgesehen vom geschriebenen Wort — hauptsächlich
in menschlichen Körperbewegungen bei der Durchführung des Rechtszwangs. Daher
wird die bildliche Darstellung sich hauptsächlich auf diesen beziehen, und zwar vor-
zugsweise auf den Strafrechtszwang, nur ausnahmsweise (vgl. Abb. 188, 203) auf den
Zwang im Privatrechte. Daneben kennt das ältere Recht aber freilich noch ein weites
Gebiet, in dem die Rechtshandlungen sichtbar werden: niclit nur die Haupt- und
Staatsaktionen, wie Krönungen, Reichsfagssitzungen, der gerichtliche Prozeß mit Be-
weiserhebungen, Urteilsspruch, Ladungen gehören dahin, sondern auch die Begrün-
dung der Rechtsverhältnisse durch symbolische Akte wie Belehnungen, Grundeigen-
fumsübertragungen und -belastungen, Vertragsschlüsse, Bürgschaftsübernahmen, Testa-
mentserrichtungen usw. werden vor Zeugen oder Gericht oder auf offenem Markt
sichtbar gemacht, während sie heute in der äußeren Form mehr verblaßt sind. Alle
diese Dinge hat Fehr in großem Umfange durch Bilder belegt, und dieser Teil seiner
Sammlung bietet besonderes Interesse. Beide Arten von Darstellungen aber hat er
mit eingehenden Erläuterungen versehen. Zunächst gibt er bei den einzelnen Ab-
schnitten einige allgemeine Erörterungen über das alte deutsche Recht, die für den
Nichtjuristen wie für die (leider zahlreichen) rechtshistorisch nicht gebildeten Juristen
bestimmt sind. Dann aber folgen Erörterungen zu den einzelnen Bildern, welche zur
Beschreibung des Bildes ein reiches zeitgenössisches Material heranziehen das auch
 
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