BEMERKUNGEN. goi
zu Fall beantworten. Im allgemeinen aber ist die japanische Kultur mehr ästhetisch
als ethisch orientiert. Die weitere Erörterung bezog sich auf den Begriff des Im-
pressionismus, den Herr Glaser für die japanische Kunst ablehnen zu müssen
glaubt. Sie sei durchaus als eine kompositorisch formenbildende Kunst anzusehen.
— Auf Anregung von Herrn Dessoir wird hierauf dem Vorstand anheimgestellt,
sich darüber zu unterrichten, ob in weiteren Kreisen die Neigung bestehe, eine
Aussprache über Fragen der Ästhetik und allgemeinen Kunstwissenschaft durch Ab-
haltung eines Kongresses herbeizuführen.
In der letzten Sitzung vor den Sommerferien am 18. Juni sprach Herr Dr.
G. v. Allesch »Über adäquate ästhetische Anschauung«. Während die
Aufstellung von Begriffen und Gesetzen sich in der Physik ausschließlich auf außer
uns gelegene Objekte bezieht, obgleich uns von den komplexen äußeren Vorgängen
nur ein Ausschnitt durch unsere Sinnesorgane gegeben ist, richtet sich die mathe-
matische Spekulation auf nichts Objektives, sondern auf reine Gedankendinge. Zwi-
schen diesen äußersten Gegensätzen des Denkens halten unter anderem die Ge-
bilde der Ästhetik die Mitte. Sie bestehen nicht etwa nur in den objektiven Ge-
gebenheiten, sondern fordern wesentliche Erweiterungen über diese hinaus. So
müssen wir in der Literatur die gegebenen Worte verstehen, in der Kunst eine
Gestalt als Darstellung eines Menschen usw. auffassen. Diese Erweiterungen sind
schon verschiedentlich klassifiziert worden und lassen sich bequem zusammenfassen
unter dem Fechnerschen Begriff des assoziativen Faktors. Will man aber feinere
Unterscheidungen von allgemeiner Geltung vornehmen, so ist zunächst vorauszu-
schicken, daß in der Literatur unter dem direkten Faktor mehr begriffen werden
muß als die äußeren akustischen oder optischen Gegebenheiten (Laute oder Buch-
staben), weil diese dem inneren Erlebnis hier allzu inadäquat sind. Man muß
darunter schon die Wortbedeutung ohne Ansehen ihrer Spezialisierung und Gefühls-
betonung verstehen. Man könnte nun glauben, daß wir bei der Betrachtung der
Anschauung von diesen objektiven Anlässen ausgehen müßten. Aber eine Fülle
von ästhetischen Erlebnissen und gerade die wichtigsten — die Konzeption der
Kunstwerke — kommen zustande, ohne daß überhaupt äußere Objekte vorhanden
sind. Diese wirken auch sonst nur als Erreger einer Unsumme von seelischen Kom-
plexen, die in uns aufgespeichert sind. Nun können aber diese Assoziationen für
eine bestimmte, nämlich für die adäquate Anschauung auch von Nachteil oder gar
störend sein. Die eigentlich zugehörigen Assoziationen hat man nach verschiedenen
Kriterien, unter anderem nach der persönlichen Erfahrung oder der unmittelbaren
stärkeren Verknüpfung mit den äußeren Anlässen zu bestimmen versucht. Es scheint
nun, daß man die ästhetische Anschauung, die einem objeküven Anlaß mit Recht
zugerechnet werden darf, aus drei Gesichtspunkten ableiten kann. Eine Grund-
voraussetzung, von der alle Kunst lebt, ist, daß wir die Absichten des Künstlers,
die in jedem Objekt enthalten sind, verstehen. Die Betrachtung ist immer ein Aus-
gestalten im Sinne der gegebenen Merkmale. Es kommen hier jedoch weiter noch
die Intentionen in Betracht, die im Kunstwerk nicht als die besondere Meinung des
Künstlers, sondern als die im einzelnen unbewußte Tendenz des Zeitstiles wirksam
sind und die erst von einem anderen Anschauungsniveau aus deutlich faßbar werden.
Wir müssen aber ferner einen Standpunkt finden, der uns Klarheit darüber ver-
schafft, wie weit jene Absichten im Kunstwerk verwirklicht sind. Das ist der Fall,
wenn die gegebenen Formen so beschaffen sind, daß wir den gemeinten Gegen-
stand in ihnen erfassen, d. h. also den gedanklichen (durch andere Elemente mitbe-
stimmten) und den formalen Komplex durch ein Subsumptions- oder Identifikations-
urteil vereinigen können, z. B. die Zeichnung eines Wilden unter die Darstellung
zu Fall beantworten. Im allgemeinen aber ist die japanische Kultur mehr ästhetisch
als ethisch orientiert. Die weitere Erörterung bezog sich auf den Begriff des Im-
pressionismus, den Herr Glaser für die japanische Kunst ablehnen zu müssen
glaubt. Sie sei durchaus als eine kompositorisch formenbildende Kunst anzusehen.
— Auf Anregung von Herrn Dessoir wird hierauf dem Vorstand anheimgestellt,
sich darüber zu unterrichten, ob in weiteren Kreisen die Neigung bestehe, eine
Aussprache über Fragen der Ästhetik und allgemeinen Kunstwissenschaft durch Ab-
haltung eines Kongresses herbeizuführen.
In der letzten Sitzung vor den Sommerferien am 18. Juni sprach Herr Dr.
G. v. Allesch »Über adäquate ästhetische Anschauung«. Während die
Aufstellung von Begriffen und Gesetzen sich in der Physik ausschließlich auf außer
uns gelegene Objekte bezieht, obgleich uns von den komplexen äußeren Vorgängen
nur ein Ausschnitt durch unsere Sinnesorgane gegeben ist, richtet sich die mathe-
matische Spekulation auf nichts Objektives, sondern auf reine Gedankendinge. Zwi-
schen diesen äußersten Gegensätzen des Denkens halten unter anderem die Ge-
bilde der Ästhetik die Mitte. Sie bestehen nicht etwa nur in den objektiven Ge-
gebenheiten, sondern fordern wesentliche Erweiterungen über diese hinaus. So
müssen wir in der Literatur die gegebenen Worte verstehen, in der Kunst eine
Gestalt als Darstellung eines Menschen usw. auffassen. Diese Erweiterungen sind
schon verschiedentlich klassifiziert worden und lassen sich bequem zusammenfassen
unter dem Fechnerschen Begriff des assoziativen Faktors. Will man aber feinere
Unterscheidungen von allgemeiner Geltung vornehmen, so ist zunächst vorauszu-
schicken, daß in der Literatur unter dem direkten Faktor mehr begriffen werden
muß als die äußeren akustischen oder optischen Gegebenheiten (Laute oder Buch-
staben), weil diese dem inneren Erlebnis hier allzu inadäquat sind. Man muß
darunter schon die Wortbedeutung ohne Ansehen ihrer Spezialisierung und Gefühls-
betonung verstehen. Man könnte nun glauben, daß wir bei der Betrachtung der
Anschauung von diesen objektiven Anlässen ausgehen müßten. Aber eine Fülle
von ästhetischen Erlebnissen und gerade die wichtigsten — die Konzeption der
Kunstwerke — kommen zustande, ohne daß überhaupt äußere Objekte vorhanden
sind. Diese wirken auch sonst nur als Erreger einer Unsumme von seelischen Kom-
plexen, die in uns aufgespeichert sind. Nun können aber diese Assoziationen für
eine bestimmte, nämlich für die adäquate Anschauung auch von Nachteil oder gar
störend sein. Die eigentlich zugehörigen Assoziationen hat man nach verschiedenen
Kriterien, unter anderem nach der persönlichen Erfahrung oder der unmittelbaren
stärkeren Verknüpfung mit den äußeren Anlässen zu bestimmen versucht. Es scheint
nun, daß man die ästhetische Anschauung, die einem objeküven Anlaß mit Recht
zugerechnet werden darf, aus drei Gesichtspunkten ableiten kann. Eine Grund-
voraussetzung, von der alle Kunst lebt, ist, daß wir die Absichten des Künstlers,
die in jedem Objekt enthalten sind, verstehen. Die Betrachtung ist immer ein Aus-
gestalten im Sinne der gegebenen Merkmale. Es kommen hier jedoch weiter noch
die Intentionen in Betracht, die im Kunstwerk nicht als die besondere Meinung des
Künstlers, sondern als die im einzelnen unbewußte Tendenz des Zeitstiles wirksam
sind und die erst von einem anderen Anschauungsniveau aus deutlich faßbar werden.
Wir müssen aber ferner einen Standpunkt finden, der uns Klarheit darüber ver-
schafft, wie weit jene Absichten im Kunstwerk verwirklicht sind. Das ist der Fall,
wenn die gegebenen Formen so beschaffen sind, daß wir den gemeinten Gegen-
stand in ihnen erfassen, d. h. also den gedanklichen (durch andere Elemente mitbe-
stimmten) und den formalen Komplex durch ein Subsumptions- oder Identifikations-
urteil vereinigen können, z. B. die Zeichnung eines Wilden unter die Darstellung