Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 9.1914

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3043#0289

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BESPRECHUNGEN. 283

daß es in der Kunst ein objektives Schöne überhaupt nicht gibt, daß alle Kunst
Nachahmung ist und der Kunstgenuß Freude an dem relativ besten Ge-
lingen dieser Nachahmung. Der Stoff ist auf 12 Kapitel verteilt. Das 1. Kapitel,
»L'ceiU betitelt, handelt hauptsächlich von dem malerischen Gedächtnis, ohne das
kein Maler oder Bildhauer bestehen kann, und von dem durchgreifenden Unter-
schiede zwischen dem künstlerischen und dem schriftstellerischen Gedächtnisse. Die
Kritik dieses letzteren wird im 2. Hauptstück gegeben; an vielen Beispielen, an
Raphael Mengs, an Taine und Thode und anderen wird nachgewiesen, wie
schlecht die Kunstgelehrten im allgemeinen zu sehen wissen: häufig werden von
ihnen die unbeabsichtigten Fehler in der Zeichnung als beabsichtigte Idealisierung
gepriesen.

Im 3. Kapitel wird ausgeführt, daß alle Wertschätzung auf Vergleichung
beruht, und daß eine Schätzung, die darüber hinausgeht, völlig subjektiv ist. Es
gibt kein Schönes im absoluten Sinne.

Im 4. Hauptstück wird näher dargelegt, daß es auch kein Schönes gibt, das
nicht schon in der Natur enthalten wäre. Das »plus beau que nature* wird ge-
geißelt und der Autoritätsglaube der Griechenschwärmer in diesem Stücke nach-
gewiesen.

Im 5. Kapitel wird eine Unterscheidung vorgenommen der reellen und der
fingierten Malerei und die letztere Gruppe eingeteilt in dekorative, kon-
ventionelle und karikierende Malerei. Dann folgt eine scharfe Kritik des
Impressionismus.

6. Schilderung der koloristischen Schwierigkeiten. Die petite histoire, die das
Bild erzählt, ist kein malerischer Gegenstand. Die Kunst besteht in der
treuen Nachahmung ohne direkte Farbenvergleichung und ohne
Messung.

Im 7. Abschnitt wird die künstlerische »Mache« besprochen. Der Zweck der
Kunst bleibt immerhin, größte Ähnlichkeit mit dem geringsten Aufwand von
Mitteln zu erzielen. Hier schaut der moderne Naturforscher um die Ecke.

Besonders reichhaltig ist das 8. Hauptstück. Hier wird ausgeführt: die allge-
meine Liebe der Künstler zur Natur. Aber es handelt sich stets um das
Wie der Wiedergabe. Das Was ist gleichgültig. Darüber hinausgehende künst-
lerische Absichten werden den Malern durch die Kunsthistoriker nur fälschlich in
die Schuhe geschoben. Dann wird die Schwierigkeit beim Erhaschen des günstigen
Moments geschildert. Drei Phasen der wissenschaftlichen Ästhetik werden unter-
schieden. Sodann wird der Satz verteidigt, daß die größten Künstler am meisten
der Verwechslung untereinander ausgesetzt seien, da sie die Ähnlichkeit mit der
Natur (und so untereinander) am besten erreichen.

Kapitel 9 enthält in der Hauptsache Beispiele, um die im vorgehenden ge-
gebenen Sätze zu beweisen, und dann den Satz, daß der Zweck der Kunst sei: ein
Stück der Natur wahr und in allen Feinheiten der Färbung wiederzugeben.

Kapitel 10 beginnt mit Bemerkungen zu Lessings Laokoon und mit dem Nach-
weis von dessen Irrtümern in bezug auf griechische Kunst. Darin der Satz: die
Malerei gibt nicht den Charakter des Menschen, und die Porträts, die als die cha-
rakteristischsten gelten, sind meist nicht die ähnlichsten.

Der dekorativen Malerei mit einigen Bemerkungen über die Bedeutung der
Patina ist das 11. Kapitel gewidmet. Das 12. enthält wieder Beispiele.

Schließlich folgen noch »Conclusions«, in denen nochmals der prinzipielle Aus-
schluß eines jeden mechanischen Verfahrens bei der Kunst betont wird. Dann wird
ein Blick geworfen auf die Not vieler großen Maler, als eine Folge des Gegensatzes
 
Annotationen