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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 9.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.3043#0588

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BESPRECHUNGEN. 577

Volute verlassen und zu ganz anderen Dingen übergehen zu sehen, obgleich doch
die hellenistisch-römische Kunst z. B. an der Am paus, oder an den Gefäßen aus
Boscoreale, von denen der Verfasser einige andere bespricht, eine eigenartige
Weiterentwicklung dieser Ornamentmotive bietet.

Umso gehaltvoller ist dafür der Rest des Buches. Im Kapitel über die deko-
rative Kunst Ägyptens wird der eigentliche Grund der ganzen Darstellung gelegt:
die Rosette, die Papyrusblüte, die Lilie mit Volute und die ersten Palmetten treten
auf. Dazu wird ein prächtiges Material über die ägyptische Goldschmiedekunst
und Möbeltischlerei mitgeteilt, das für uns umso wertvoller ist, als das übrige
Altertum uns davon sehr wenig zurückgelassen hat. In der orientalischen Orna-
mentik sehen wir ein erstes Beispiel der Durchdringung einer höher entwickelten
geometrischen Kunst mit dem ägyptischen Entwicklungszweig; dabei erleben Rosette,
Lilie und Papyrus ihre erste wichtige Umformung; hier werden wir an den Ur-
sprung der Teppichkunst und an den der ornamentalen Fabeltiere: der Chimäre,
des Greifen, Kentauren und Doppeladlers geführt. Besonders interessiert die phöni-
zische Mischkunst, welche den Vorgänger des jonischen Kapitells, das kyprisch-
phönizische Kapitell hervorbringt. In Kreta findet indessen unter dem Einflüsse
des leichtbeweglichen Mittels der Vasenmalerei mit Firnisfarben, welche hier er-
funden wurde, der naturalistische Zug der ägyptischen Tradition seine volle Ent-
faltung; von hier stammt die fortlaufende Ranke. Das schönste und am meisten
zusammenhängende Material bietet der Verfasser auf seinem eigensten Gebiete, der
griechischen Vasenmalerei. Die gegenseitige Durchdringung des hellenisch-geome-
trischen und des kretisch-naturalistischen Stiles und das endliche Durchbrechen des
attischen Figurenfrieses, alles das ist hier interessant und klar geschildert. Die
Besprechung der Baustile gewinnt in gedrängter Zusammenfassung durch Betonung
der technischen Ursprünge einerseits und der ornamentalen Umbildungen anderseits
einen spannenden Zusammenhang; sie ist ein Musterbeispiel populärer und doch
wissenschaftlich strenger, und im Material im wesentlichen vollständiger Darstellung.

Die Übersetzung des Buches läßt einige Stellen unklar: S. 21 »hohl, aber ge-
trieben«, muß wohl »hohl, nämlich getrieben« heißen; S. 22, Zeile 3—6 und S. 58,
Zeile 18—22 sind ganz unklar gefaßt; S. 69, Zeile 7 sollte statt schmal wohl dünn
stehen. Im allgemeinen aber ist gutes Deutsch geschrieben worden, und der Über-
setzer zeigt sich dem Gegenstande im Technischen und Künstlerischen durchaus
gewachsen.

Der Verlag hat mit diesem Buche nicht nur der allgemeinen Bildung, sondern
auch der Kunstwissenschaft eine wertvolle Hilfe geleistet.

Davos. Eduard Feltgen.

Oskar Ollendorf, Raphaelstudien. Hyperionverlag, Berlin 1913. gr. 8".
47 S. mit einer Bildtafel.

Zwei zeitlich getrennte, aber inhaltlich zusammengehörige Arbeiten, »Der Cor-
tegiano-Typus« aus dem Jahre 1896, und >RaphaeIs Wissen« aus dem Jahre 1912
sind unter dem einen Titel zusammengefaßt. Der vielbelesene Verfasser schreibt
einen flüssigen und temperamentvollen Stil; aus der Wärme, mit der er für Raphael
eintritt, spricht deutlich ein persönliches Verhältnis zu diesem.

In der ersten Arbeit macht es der Verfasser wirklich wahrscheinlich, daß Raphael
in der Aristotelesgestalt der Schule von Athen sein eigenes Lebensideal, den cor-
tegiano perfetto, herausgestellt habe: den Cortegiano, wie ihn etwas später sein
Freund Baidessar da Castiglione aus dem Gedanken seiner Zeit heraus schildert,
 
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