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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 14.1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.3620#0311
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BESPRECHUNGEN. 307

sein.« Es ist, wenn man will, wieder der Unterschied von dramatischer und ex.
pressiver Darstellung; bemerkenswert bleibt aber, daß das verhältnismäßig Expres-
sionistische nicht allein das letzte Stadium der Hodlerschen Kunst war, sondern daß
ein großes dramatisches Schlachtenbild sinnvoll am Ende dieser Laufbahn des
größten Monumentalmalers der letzten Jahrzehnte steht.

Ein wundervolles Selbstbildnis von 1917 geleitet das Heft, kein früheres kommt
ihm gleich und tritt dem Betrachter menschlich so nahe: humorhaft, leicht im Ver-
gleich mit den gespannten Sehnen und Mienen früherer Selbstporträts, in der Form
fest und doch gelöst, der Bart flockig, — der Kopf eines Götz von Berlichingen,
ohne jede Spur von Verfall.

Das kleine Buch ist mit großer persönlicher Liebe geschrieben, doch ohne Ver-
himmelung, in trefflicher kernhafter Sprache, die an sich schon Genuß bereitet, in
jenem meisterhaften Deutsch, das dem Reichsdeutschen so oft an guten Schweizer
Autoren auffällt. Die geistige Stimmung und Haltung der Schrift aber ist ein Wert
für sich, vielleicht der schönste, und er kommt nicht minder auf Rechnung des Ver-
fassers wie des Künstlers. Widmer kündigt eine Charakterstudie über Hodler an.
Darauf darf man sich freuen.

Leipzig. Erich Everth.

Ernst Cohn-Wiener, Die Entwicklungsgeschichte der Stil e in de r
bildenden Kunst. Zweite Auflage, Leipzig-Berlin 1917. Verlag von B. G.
Teubner. I. Vom Altertum bis zur Gotik (122 S.). II. Von der Renaissance
bis zur Gegenwart (105 S.) Aus Natur- und Geisteswelt, Band 317 und 318.

In seiner Entwicklungsgeschichte der Stile in der bildenden Kunst, die nunmehr
in zweiter Auflage vorliegt, hat Cohn-Wiener den Versuch gemacht, aus der An-
schauung und Analyse der Kunstwerke in Architektur, Plastik, Malerei und Kunst-
gewerbe heraus das Wesen der verschiedenen Stile abzuleiten und klarzulegen. Es
handelt sich also nicht um eine biographische Charakterisierung der einzelnen Kunst-
epochen, sondern ausschließlich um die Feststellung ihres Kunstwollens — vom
Altertum bis zur Gegenwart.

Es wird dem Laien hierdurch nicht nur die Möglichkeit gegeben, die in den
Kunsthandbüchern weit auseinandergezogenen und auf viele Bände verteilten Kunst-
epochen einmal im Zusammenhang zu überschauen, sondern er gewinnt auch, und
das ist vielleicht die Hauptsache, eine Anschauung von den eigentlich künstlerischen
Problemstellungen. Gleichzeitig lernt er das einzelne Kunstwerk als einen Organismus
begreifen, es als Ganzes, aber auch in seinen einzelnen Teilen verstehen, und es
vor allem nicht nur isoliert, sondern aus dem Kunstwollen einer ganzen Epoche
heraus, die gerade diesen Stil und keinen anderen wählte, betrachten. Er wird ferner
zu einer objektiven Wertung der einzelnen Stile angeregt, indem ihm immer wieder
die Lehre entgegentritt, daß jeder Stil seine Daseinsberechtigung hat. Endlich wird
er durch eine feine und sorgfältige Analyse einzelner Kunstwerke zu einem genauen
Sehen und zu einem Nachempfinden der Absichten des Künstlers erzogen. Ich weise
hier nur auf die Beschreibung eines hellenischen Gefäßes des schwarzfigurigen Stils,
Michelagniolos Erschaffung des Menschen oder Schlüters Reiterdenkmal des Großen
Kurfürsten hin.

Die alte Einteilung des Büchleins in zwei Bände, von denen der erste vom
Altertum bis zur Gotik, der zweite von der Renaissance bis zur Gegenwart reicht,
ist in der neuen Auflage beibehalten worden. Auch die Zahl der Kapitel und die
Kapitelüberschriften sind dieselben geblieben. Außer kleinen stilistischen und in-
haltlichen Verbesserungen ist auch an dem Text, soweit ich sehe, nichts Wesent-
 
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