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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 14.1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.3620#0318
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314 BESPRECHUNGEN.

seiner Bronzetechnik deutlich an die Steinplastik an, wie sie in China vor der glor-
reichen Tangzeit (618—907) geübt wurde: »Block- und Fiächenschichtung, Aufbau
in geschlossener Kontur oder Auflösung in lineare Silhouetten, schärfste Abwick-
lung der Seitenansichten, klare Profilwirkung und Sichtbarkeit aller Beziehungen«
(S. 61). Von bekannteren Werken gehören dieser Gruppe außer der Shakatrinität
des Tori (T. 1 — 5) die Yumedono-Kwannon (T. 15 u. 16) und der Yakushi des
Horinji (T. 33—37) an.

Gegen Ende der Periode durchdringt eine mehr malerische Behandlung den
»architektonischen« Stil. In dem Kokuzo (? vielleicht Kwannon) des Horyuji (T. 38
bis 44) typisiert sich diese: gegenüber dem Block der Toriwerke steht eine Säule,
die Masse wird durch Steigerung der Höhenverhältnisse entkörpert, der einem
Stamme gleichende Rundkern ist selbständig, die Gliedmaßen lösen sich los. Nach
japanischer Tradition stammt diese Statue aus dem holzreichen Korea, und With
steht nicht an, eine Reihe ähnlich gearteter Holzfiguren und auch Kleinbronzen
unter dem Namen »Koreanischer Stil« zusammenzufassen, so die Shitenno des
Horyuji (T. 45—53) und den Kokuzo des Horinji (T. 62—65). Von den beiden
folgenden Gruppen, dem »frühchinesischen Mischstil und dem »reifen Suikostil«
charakterisiert sich die erstere als Versammlung von Arbeiten provinzieller Schulen,
die ältere Formen länger konservierten, oder in denen ein besonderes den alten
Stilgesetzen nicht homogenes Empfinden sich bemerkbar macht, unter ihnen der
hier wohl zuerst reproduzierte höchst merkwürdige Kasho-Butsu des Daigoji (T. 83
bis 86) mit dem Ahasvergesicht, das alles menschliche Dasein immer wieder über-
lebt und durchschaut« (S. 94), ein Vorläufer der späteren so überaus charakteristi-
schen Patriarchenbildnisse. Die andere Gruppe stellt die höchste Vollendung des
fernöstlichen archaischen Stils dar, in dem sich das innere Erlebnis so rücksichts-
los frei nach außen projiziert, wie in der herrlichen Nyoirin-Kwannon des Chuguji
(T. 111—116).

Die zweite Abteilung gliedert sich in drei Gruppen. Die erste als Taikwastil
nach dem Nengo Taikwa (645—649) benannt, faßt diejenigen Werke zusammen,
>die noch lebendig mit dem Suikostil in Verbindung stehen, diesen fortwährend
unter den Gesichtspunkten der nunmehr aktuell werdenden Wirklichkeitsprobleme
erweitern und zu neuen Forrnproblemen verdichten« (S. 111). Ihr Hauptwerk ist
wiederum eine Nyoirin-Kwannon, die dem Koryuji angehört (T. 125—129), eine
Holzplastik höchsten Ranges. »Ein leidenschaftliches Schönheitsideal tritt an Stelle
der alten Ideale der überweltlichen Wirklichkeit und Stille. Das künstlerische Bild
gewinnt an äußerer Macht und Dynamik des Ausdruckes, verliert aber die ferne
zurückhaltende Majestät« (S. 110).

Die zweite Gruppe, der chinesische Tangstil der Hakuhozeit, zeigt uns eine
Reihe von Werken staunenerregender Größe, »die gegen das Formerbe der Suiko-
zeit offen Sturm laufen« (S. 124), wie die Yakushitrinität des Yakushiji (T. 135—14S)
und der Shaka des Kanimanji (T. 153—156), die in ihrer Vollendung eine lange
Entwicklung voraussetzen, für deren Formmomente die Suikowerke keine Analogie
liefern. »Die Bildform ist nicht mehr ausschließliche Gestaltgebung der Phantasie,
sondern eine ideale Verkörperung erschauter und verdichteter Natürlichkeit« (S. 127).
Das archaische Stilbewußtsein tritt gegenüber dem naturalistischen in den Hinter-
grund. Eine neue mächtige Einflußwelle muß von China her um diese Zeit sich
nach Japan ergossen haben. Ihr Ursprung liegt wohl in der Konsolidierung des
mächtigen Tangreiches, das mit Öffnung der chinesischen Grenzen und dem inter-
nationalen Ausbau der Verkehrsverbindungen Zentralasien, Nordindien und Persien
als Komponenten seiner Kultur heranzog. Das Resultat war eine Höhe künstle-
 
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