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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 32.1938

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Künstler, Gustav: Der dramatische Aufbau von Shakespeares "Hamlet"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14217#0082
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68 KÜNSTLER, DRAMAT. AUFBAU VON SHAKESPEARES „HAMLET"

und dem in jedem Menschen schlummernden Glauben an das Ammen-
märchen unvermutet der Schrecken des Übersinnlichen, so ersteht am Ende
in elementarer Wucht der Ewigkeit Schauer und Ruhe aus dem real und
bildlich offen starrenden Grabe. Die Souveränität, mit der der Dichter
seine eigenen Schöpfungen ins Licht ruft, zerstört, zu neuem Leben er-
weckt oder völlig verändert, ohne daß man sich der unmittelbaren Wir-
kung zu entziehen vermöchte, bevor man nicht durch alle Stadien des
Ahnens, Fühlens und Erkennens hindurch zu tiefster Überzeugung ge-
langt ist — diese schöpferische Souveränität bleibt dem logischen Denken
unerschließbar. Sie kommt allein aus der einmaligen, bleibenden, viel-
seitigen Richtigkeit jedes Moments; — es liegt etwas Magisches in der
Richtigkeit, die, für das Einzelne aufgestellt, für das Ganze gilt. Der nach-
spürende Verstand möchte zu Unrecht überall volle Bewußtheit erkennen.

Je mehr man den Plan des Dramas erkennt, desto weniger kann man
ihn begreifen. Wie auch immer man diesem in seiner Vollendung un-
ergründbaren Werke gegenüberstehen mag, ob naiv genießerisch oder
bewußt miterlebend, und dadurch grenzenlos anerkennend, es wird und
kann nur das Eine erstehen: die A h n u n g um Shakespeares Genius.
 
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