Erguß für die eigene Gemeinschaft und dann erst für ein weiteres Publikum. So
kann er aber recht eigentlich Wegebereiter seines großen Sprachmeisters, eben Klop-
stocks, werden. Jetzt wird die Freundschaft letztlich bauende Macht, abgekehrt jeg-
lichem Hof, jeder adeligen oder hochbürgerlichen Gesellschaft, der Kirche wie den
Konfessionen. Erst bei Klopstock selbst wird das Gedicht bewegter (und bewegender)
Ausdruck eines durch Freundschaft wirklich auf-geregten Dichterherzens. Aus
diesem Grunderlebnis erwächst ihm die enthusiastische Ode, gipfelnd in „Wingolf".
Zugleich weitet sich der seelische Bereich von der bloß individuellen zur ganz bewußt
vaterländischen Gemeinschaft. Klopstock entdeckt die Nation, er wird der Dichter-
Führer. Wie unzulänglich immer gibt doch germanischer Mythus, germanische Mytho-
logie das Sprachgewand des Erlebnisses ab.
Wolfdietrich Raschs so fesselnde als geschmeidige, vielfach sehr überzeugend
unmittelbar aus unserm Gegenwartsfühlen gespeisten Darlegungen erweisen sich
noch viel ergiebiger, als ihr fachlich schlichter Titel vermuten läßt. Sie werden zu
weiteren Bemühungen Literatur-, Kunst- und Geistesgeschichtler in sehr dankens-
werter Weise anregen können. Hingewiesen sei schließlich darauf: S. 110, Zeile 2 von
oben ist eine wichtige Quellenverweisung tatsächlich nicht als Anmerkung durch-
geführt und auch in den Berichtigungen der S. 263 nicht ergänzt.
Karlsruhe (Baden). Emil Kast.
Gottfried Baumecker: Schillers Schönheitslehre. Carl Winters
Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1937.
Bei ihren mannigfachen guten Eigenschaften läßt die Baumeckersche Schrift
vielleicht grundsätzlich nur dies eine bedauern, daß ihr Gegenstand nicht Schillers
gesamte kunsttheoretische Äußerungen, sondern vorab die Briefe über die ästhetische
Erziehung des Menschen sind. Nach einer Einleitung gibt Baumecker eine Charak-
teristik Schillers zu Beginn des Weimar-Jenaer Aufenthaltes, beschreibt die Kallias-
briefe an Körner und die Abhandlung über Anmut und Würde. Angeschlossen wird
das Werden der ästhetischen Briefe, eingeordnet in die Schillerschen Lebensvoraus-
setzungen. Das Kernstück des Buches ist die dreigeteilte Darstellung und Deutung
der siebenundzwanzig Briefe. Diese selbst bieten erstlich eine kulturpolitisch-zeit-
kritische Einleitung, sodann die Schillersche Auffassung von Kunst und Schönheit
und schließlich als Ergebnis das Entstehen und Sichentwickeln künstlerischer Bil-
dung. — Baumecker legt ferner den geistesgeschichtlichen Ort der Briefe dar und
den Niederschlag der beginnenden Schiller-Goethe-Freundschaft in ihnen. Man be-
dauert, daß nun nurmehr ein Ausblick auf die Abhandlung über naive und sentimen-
talische Dichtung folgt und nicht deren Darstellung nach den gleichen ergiebigen
Grundsätzen. Baumeckers Schrift gibt zum Abschluß eine kurze kritische Übersicht
zum Schrifttum über die Briefe, wobei man fragen kann, warum die neueren Schiller-
darstellungen von Fricke, Cysarz u. a. gar nicht beigezogen sind? — Ausgezeichnet
setzt Baumecker die wenn auch nicht systematischen Gedankengänge Schillers (dies
gegen Wilhelm Böhms Schrift von 1926 mit gutem Grund bemerkt!) mit seinem
Lebensgang und Charakterbild in Beziehung, und methodisch ist zu rühmen, daß
der Leser an den Gegenstand selbst herangeführt und zum Nach-denken gründlich
veranlaßt wird. Die Dinge werden dargeboten, und es wird nicht über sie (hinweg)
geredet. Daß eine oft erstaunliche Gegenwärtigkeit Schillers sich ergibt, ist auch
nicht belanglos; sein Begriff des Ästhetischen meint auch „Ganzheit".
Karlsruhe (Baden). Emil Kast.
kann er aber recht eigentlich Wegebereiter seines großen Sprachmeisters, eben Klop-
stocks, werden. Jetzt wird die Freundschaft letztlich bauende Macht, abgekehrt jeg-
lichem Hof, jeder adeligen oder hochbürgerlichen Gesellschaft, der Kirche wie den
Konfessionen. Erst bei Klopstock selbst wird das Gedicht bewegter (und bewegender)
Ausdruck eines durch Freundschaft wirklich auf-geregten Dichterherzens. Aus
diesem Grunderlebnis erwächst ihm die enthusiastische Ode, gipfelnd in „Wingolf".
Zugleich weitet sich der seelische Bereich von der bloß individuellen zur ganz bewußt
vaterländischen Gemeinschaft. Klopstock entdeckt die Nation, er wird der Dichter-
Führer. Wie unzulänglich immer gibt doch germanischer Mythus, germanische Mytho-
logie das Sprachgewand des Erlebnisses ab.
Wolfdietrich Raschs so fesselnde als geschmeidige, vielfach sehr überzeugend
unmittelbar aus unserm Gegenwartsfühlen gespeisten Darlegungen erweisen sich
noch viel ergiebiger, als ihr fachlich schlichter Titel vermuten läßt. Sie werden zu
weiteren Bemühungen Literatur-, Kunst- und Geistesgeschichtler in sehr dankens-
werter Weise anregen können. Hingewiesen sei schließlich darauf: S. 110, Zeile 2 von
oben ist eine wichtige Quellenverweisung tatsächlich nicht als Anmerkung durch-
geführt und auch in den Berichtigungen der S. 263 nicht ergänzt.
Karlsruhe (Baden). Emil Kast.
Gottfried Baumecker: Schillers Schönheitslehre. Carl Winters
Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1937.
Bei ihren mannigfachen guten Eigenschaften läßt die Baumeckersche Schrift
vielleicht grundsätzlich nur dies eine bedauern, daß ihr Gegenstand nicht Schillers
gesamte kunsttheoretische Äußerungen, sondern vorab die Briefe über die ästhetische
Erziehung des Menschen sind. Nach einer Einleitung gibt Baumecker eine Charak-
teristik Schillers zu Beginn des Weimar-Jenaer Aufenthaltes, beschreibt die Kallias-
briefe an Körner und die Abhandlung über Anmut und Würde. Angeschlossen wird
das Werden der ästhetischen Briefe, eingeordnet in die Schillerschen Lebensvoraus-
setzungen. Das Kernstück des Buches ist die dreigeteilte Darstellung und Deutung
der siebenundzwanzig Briefe. Diese selbst bieten erstlich eine kulturpolitisch-zeit-
kritische Einleitung, sodann die Schillersche Auffassung von Kunst und Schönheit
und schließlich als Ergebnis das Entstehen und Sichentwickeln künstlerischer Bil-
dung. — Baumecker legt ferner den geistesgeschichtlichen Ort der Briefe dar und
den Niederschlag der beginnenden Schiller-Goethe-Freundschaft in ihnen. Man be-
dauert, daß nun nurmehr ein Ausblick auf die Abhandlung über naive und sentimen-
talische Dichtung folgt und nicht deren Darstellung nach den gleichen ergiebigen
Grundsätzen. Baumeckers Schrift gibt zum Abschluß eine kurze kritische Übersicht
zum Schrifttum über die Briefe, wobei man fragen kann, warum die neueren Schiller-
darstellungen von Fricke, Cysarz u. a. gar nicht beigezogen sind? — Ausgezeichnet
setzt Baumecker die wenn auch nicht systematischen Gedankengänge Schillers (dies
gegen Wilhelm Böhms Schrift von 1926 mit gutem Grund bemerkt!) mit seinem
Lebensgang und Charakterbild in Beziehung, und methodisch ist zu rühmen, daß
der Leser an den Gegenstand selbst herangeführt und zum Nach-denken gründlich
veranlaßt wird. Die Dinge werden dargeboten, und es wird nicht über sie (hinweg)
geredet. Daß eine oft erstaunliche Gegenwärtigkeit Schillers sich ergibt, ist auch
nicht belanglos; sein Begriff des Ästhetischen meint auch „Ganzheit".
Karlsruhe (Baden). Emil Kast.