Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 32.1938

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14217#0302
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
288

BESPRECHUNGEN

Leser ausgebreitet, der sich solchen Anpralls auf die Dauer kaum anders als durch
Flucht in Hölderlin erwehren kann. Wer nicht sein Fachstudium auf das Rhythmus-
problem wendet, ist durch die Fülle der Namen von Verfassern und Theorien, die
hier oft mit knappster Kennzeichnung vorgeführt werden, eher verwirrt als auf-
geklärt, und es fragt sich, ob solcher Aufwand angesichts Hölderlins unumgänglich
sei. Hätte es nicht genügt (da Seckel selbst bemerkt, eine Gesamtdarstellung der
derzeitigen Rhythmusfragestellungen bedürfe noch größerer Ausmaße und selb-
ständiger Darreichung), Seckel hätte knapp und sozusagen kategorisch gesagt, was
er unter Rhythmus verstanden wissen und wie er Hölderlins eigene Dichtungen und
Briefe und deren Rhythmen daraufhin anschauen will? Und dann hätte er sich diesem
Gegenstand sofort zugewandt (siehe S. 99ff.!)?

Es läßt sich nicht leugnen, man tritt einigermaßen ermüdet an die Behandlung
der eigentlichen Hölderlinanalyse heran. Aber man freut sich alsbald, vielerlei Förder-
liches vorgeführt zu sehen. Es ist mir trotz Seckelscher Bemerkungen nicht ganz klar
geworden, warum nach der sehr ausführlichen Analyse der lyrischen Rhythmen und
der Hölderlinschen Prosa (sogar der Briefe!) die Empedoklesbruchstücke gar nicht
berücksichtigt worden sind, und auch Hölderlins eigener Rhythmusbegriff als un-
ergiebig beiseite bleibt?

Der Arbeit liegt ein gewaltiges Material zugrunde auch aus der nachgerade
angeschwollenen Hölderlinliteratur; auch jüngstes ward noch berücksichtigt (neben
Beisers Textkritik, wozu Seckel weiteres beisteuert, Paul Böckmanns schönes Werk
und so fort). Und zum Schluß zeigt Seckel, nach welchen Richtungen zu schreiten
ihm wissenschaftlich wichtig erscheint zum Frommen der Rhythmusforschung wie
der Hölderlinerkenntnis. Welcher Methoden man sich dabei bedienen kann, welche
Gegenstände der Beleuchtung besonders bedürfen, deutet Seckel an, und er betont mit
gutem Grund, welcher Klärung wissenschaftliche Hilfsmittel wie der derzeit in
Mode stehende Begriff der Existenz und existenzieller Betrachtung zuvor eindeutig
bedürfen. Möchte gerade dieser Hinweis nicht unbeachtet bleiben! Die Literatur-
wissenschaft wird sich allenthalben durch Seckeis Ausführungen an den dichterischen
Gebilden selbst gefördert sehen. Der Verfasser möge bedenken, den Reichtum seiner
Stoffsammlung da und dort in einer etwas durchsichtigeren, entfachlichten Dar-
legungsweise vorzubringen. Gelegentlich wird in einen einzigen Satz wirklich zu
viel gepreßt.

Karlsruhe (Baden). Emil K a s t.

Verantwortlich für den Textteil: Prof. Dr. Richard Müller-Freienfels, Berlin, für den
Anzeigenteil: Walt her Thassilo Schmidt, Stuttgart. — I. v. W. g. — Verlag von Ferdinand
Enke in Stuttgart. A. Oelschläger'sche Buchdruckerei, Calw. Printed in Germany.
 
Annotationen