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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 36.1942

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Kast, Emil: Ein Werk ganzheitlicher Wortkunstdarstellung : Franz Schultz: Klassik und Romantik der Deutschen; eine Beschreibung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14218#0062
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BEMERKUNGEN

Dadurch gewinnt das Ganze eine wundervoll überzeugende Rundung; indessen doch
so unstarr lebendig, daß die letzten Kapitel des zweiten Bandes nicht nur zusam-
menfassend die Summe eines der gewaltigsten Zeitgeschehen ziehen, sondern als
von einem lebendigen Organismus berichtend auch zwangsläufig und sinnvoll über
sich selbst hinaus ins Folgende verweisen. Gerade darum wollen wir den Ver-
fasser bei seinem eigenen Worte „bewußter Verpflichtung" nehmen und auf ein
baldiges Erscheinen eines weiteren, vielleicht selbständigen Bandes hoffen, der die
üblicherweise so genannte Jüngere oder Spätromantik, geistig-dichterisches Ge-
schehen vorab in süddeutschem Raum angehend, monographisch mit wünschens-
werter Eindringlichkeit vorführt.

Von den Grundsätzen der Schultzschen Forscherhaltung
und Darstellungsweise

„Klassik und Romantik. Das Aufgehen beider so oft in unversöhnlichen Gegen-
satz gestellter Erscheinungen in ihren höheren Gemeinsamkeiten — unbeschadet
ihrer Sonderrechte und ihrer Sonderbetitelung — ist eine Grundvoraussetzung des
Folgenden. Übrigens ist eine solche Überwölbung nicht neu. Sie ist aber eine
Frage der Durchführung" (S. 3/4). Franz Schultz ist sich der Vorteile wie der
Gefährlichkeit des Spielens mit Begriffen (die oft auch bloße Begriffshülsen sind!)
gerade diesen dem Denken gegenüber besonders aufgeschlossenen Jahrzehnten gegen-
über beispielhaft bewußt. Es kommt ihm auch nicht in den Sinn, eine Umbildung
geläufiger wissenschaftlicher Kennworte vorzunehmen; aber er legt sich selbst
mustergültig das Gesetz auf, die Bedeutung solcher handwerklicher Festlegungen,
weil sie immer hinter der geschichtlichen Lebendigkeit herhinken, nicht zu über-
schätzen und ihres bloß bedingten Wertes als bequemer Rechenpfennige, zur wis-
senschaftlichen Verständigung handlicher, arbeitshypothetischer und vorläufiger
Hilfskonstruktionen unbeirrt eingedenk zu bleiben. Bei dem Vorhaben, diese ein-
malige und umfassende Gestalt des deutschen Geistes und ihren Wandel als Epoche
vorzuführen, ist es wichtig, einmal von logischen Gegensätzen oder Zielstrebigkeiten
abzusehen und die Gegebenheiten rein in der farbigen Sinnfülle ihres einmaligen
unergründlichen Soseins aufzuweisen und auf Längs- und Querschnitte nach Art
von Vorbereitung und Erfüllung zu verzichten. Der Sinn aller literaturgeschichtlichen
Bemühung liegt auch hier in einem Verstehen, das gewonnen wird durch ein ein-
fühlsames Anordnen der tatsächlichen Verhalte und nicht im meist danebengreifenden
Aufweisen strikter Ursächlichkeiten. Nacherleben gilt diesem Literarhistoriker als
wesensgemäßer und darum dringlicher gefordert als das Spinnen auch feinstmaschi-
ger Begriffsnetze. Schultz bezieht sich dabei ausdrücklich auf methodische Dar-
legungen des niederländischen Kulturhistorikers Huizinga. „Sind Klassik und
Romantik Angelegenheiten erster Ordnung für uns Heutige, so soll doch hier zu
derlei Auseinandersetzungen nicht Stellung genommen werden. Hier handelt es sich
um ein Stück dienender und deutender Wissenschaft, die keine Entscheidungen
vorwegnehmen, sondern sie nur vorbereiten helfen will. Was wir uns zu eigen
machen, was wir beibehalten, was wir verwerfen, was wir uns wesensfremd und
der deutschen Lage nicht entsprechend finden — für solche Entscheidungen von
höchster Wichtigkeit und Verantwortlichkeit angesichts eines verpflichtenden Kultur-
besitzes will das Folgende nur versuchen, einen nach Möglichkeit „sachenvollen"
und wirklichkeitsgerechten Grund herzustellen" (S. 8).

Wenn also Schultz beispielsweise Begriffe des Organischen und des Dynami-
schen gegeneinander abhebt (S. 10), so ist nicht die begriffliche Scheidung, sondern
der Hinweis auf das Zusammen beider Seinsarten in der deutschen Entwicklung
 
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