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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 36.1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.14218#0071
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Besprechungen

Heinrich Fauteck: Die Sprachtheorie Fr. v. Hardenbergs. (Novalis).
(Neue Forschung, Arbeiten zur Qeistesgeschichte der germanischen und roma-
nischen Völker, Heft 34.) Junker und Dünnhaupt, Berlin 1940. 206 S.

Fauteck geht nicht als Philosoph, sondern als Literarhistoriker an seinen Gegen-
stand heran. Er ist davon überzeugt, daß Hardenbergs Gedanken über Wesen und
Vermögen, Verarmung und Wieder-Vollendung der Sprache Etappen auf dem Wege
der Selbstfindung eines Dichters.sind. Um diese Überzeugung wirklich glaubhaft zu
machen, gilt es zunächst, den Sinn der zahlreichen, in Fragmenten und Prosadich-
tungen verstreuten sprachtheoretischen Äußerungen im Einzeihen aufzudecken. Für
sich genommen sind nun aber viele, vielleicht die meisten von ihnen von einer schier
rätselhaften Dunkelheit. Um dennoch zum Ziele zu kommen, spürt Fauteck die leiten-
den Fragen heraus, auf die sich die Fülle des Materials in immer neuen Abwand-
lungen bezieht. In den Zusammenhang einer solchen Leitfrage hinein gestellt, erhellen
sich manche Einzelaussagen, welche direkt kaum zu fassen sind. Eines weiteren Rück-
haltes für seine Interpretation versichert sich Fauteck dadurch, daß er so oft wie
möglich an die sprachtheoretische Situation anknüpft, in die sich Hardenberg ge-
stellt sah.

Dank des umsichtig gehandhabten Interpretations-Verfahrens und dank des immer
glücklichen Ansatzes der Leitfragen kommt Fauteck zu wesentlichen Ergebnissen. Sie
gehen über all das hinaus, was bislang über den schwierigen Gegenstand gesagt
worden ist. Ein paar Kerneinsichten seien hier stichwortartig festgehalten: Wenn
Novalis über den Ursprung der Sprache nachdenkt, so verwandelt sich ihm gleich
das idealische Bild der „ursprünglichen Sprache" in ein verpflichtendes Wunschbild
für die Zukunft. — Er beginnt mit einer logisch-erkenntnistheoretischen Sprach-
betrachtung. Daß dabei Subjekt und Objekt auseinandergerissen werden, bereitet ihm
Unbehagen. So entwirft er eine magisch-symbolische Sprachauffassung und ver-
ankert sie in der „wunderbaren Sympathie", die Natur und Geist miteinander verbin-
det. Jetzt erscheint ihm die Fülle der Welt und der Wirklichkeit in die Sprache hinein-
gebannt. Sprechend hat der Mensch unmittelbar am unendlichen Leben teil. — Indem
Novalis den Organismusgedanken für die Sprache durchführt, treten ihm Mathe-
matik und Sprache in eine innige Beziehung. So wie die Mathematik die allgemein-
sten Formen und Relationen des Seins offenbar macht, so spiegelt sich in der Sprache
das „seltsame Verhältnisspiel der Dinge"; in ihr ist alles Einzelne Glied im Zusam-
menhang eines idealen Ganzen. — Im funktionalen Denken ist auch die Ähnlichkeit
zwischen Musik und Sprache beschlossen. Für Novalis taucht das Wort, das sich in
seiner mitteilbaren Begrifflichkeit differenziert und isoliert, zurück in „ein umschlie-
ßendes Ganzes, dessen Symbol der Klang ist". — Und endlich Hardenbergs Erörte-
rungen über das Verhältnis von Sprache und Poesie: Sprache ist nicht als solche
 
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