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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft: Zweiter Kongreß für Ästhethik und allgemeine Kunstwissenschaft Berlin, 16.-18. Oktober 1924 — 19.1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.3819#0118

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STILGATTUNGEN UND STILARTEN. ] ] 1

geschichte lehrt, daß die integrierenden und richtunggebenden Mo-
mente in einer neuen Einstellung und neuer Auffassung des Phänomens
Kunst selbst und des Geschichtlichen selbst wurzelten. Wohl stuft
sich das Interesse des Kunsthistorikers für das Gesamtgebiet der Pro-
bleme, als deren umfassendste Bezeichnung ich die der ästhetischen
Sphäre finde, vom konkret historischen Interesse aus notwendig per-
spektivisch ab, aber ein Gebiet bildet eine wahre Kontaktfläche mit
dem Arbeitsgebiet der Ästhetik im weiteren Sinne, die Objekt-Ästhetik:
Die Kunstlehre im engeren Sinne. Hier ist die Methode ein-
deutig eine theoretische und doch muß dieses Gebiet recht eigentlich
eine Domäne, eine Leidenschaft des Kunsthistorikers sein, da er der
Kunstlehre dauernd bedarf, dieser reinen (nicht allein »bloßen«) Mög-
lichkeitslehre der Kunstformen, weil er nur darin gegenüber dem
zufälligen Erraffen von Beschreibungskategorien einen in seiner Be-
deutungsordnung mannigfach abgestuften, fest begründeten, in sich
geschlossenen Komplex findet, weil er allein — schon aus technisch
formalen Gründen seiner .Arbeit' heraus — den weiten Überblick über
das scheinbar Unvereinbare besitzt, der ihn als Regulativ gegen kon-
struktive Gefahren, die aus der vom Gegenstand erforderten Methode
fließen könnten, schützt, weil er endlich mit Hilfe einer ausgebauten
Kunstlehre im Sinne des wissenschaftlichen und des menschlichen
Gewissens die Möglichkeit erhält, seine wissenschaftliche Ganzheitsten-
denz bis an die ihr absolut gesteckten Grenzen auszudehnen, und von
allem, was hinter diesen Grenzen liegt, rein menschlich als Mensch
zu sprechen: unwissenschaftlich.

Sem per ist in unserer Tradition — wenn auch nur im spezi-
fischen Sinne des Wortes Tradition — Ahnherr der Kunstlehre. Aber
gerade bei ihm steckt sie in derartig unlösbarer Komplexion mit Pro-
blemen der Kunstdeutung, Ursprungs- und Entwicklungstheorien der
Kunst (eigentliche Ichproblematik fehlt bei ihm), daß keines der Ge-
biete zu einer adäquaten Darstellung gelangt, so daß die Resultate
selbst korrelativ zueinander wohl eine mehr formale als materiale spezi-
fische »Geordnetheit« und »Abgepaßtheit« haben, gelöst aus dieser
»unsachlichen« Komplexion aber ihre ganze Schiefheit offenbaren! Die
Entwicklung nach ihm bedeutet ein zunehmendes — und in letzter
Zeit auch als Forderung in begründeter Einsicht ausgesprochenes —
Trennen und Auflösen dieses Knäuels, für die Kunstgeschichtsforschung
im engeren Sinne mit Riegl und Schmarsow ein sachlich gerechtfertigtes
verantwortliches Sichbeschränken auf die reine Kontaktfläche von
Ästhetik und praktischer Kunstwissenschaft, eben die Kunstlehre; den-
noch sehe ich erst in einer Strukturlehre, wie sie soeben in der Be-
grenzung des Teilobjektes Stil Frankl darlegte, die prinzipielle Los-
 
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