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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Weizsäcker, Heinrich: Der Meister von Frankfurt
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Abhandlungen.

Der Meister von Frankfurt.

Mit Lichtdruck (Tafel I) und Abbildung.

in merkliches Ueberwiegen
fremder, von aufsen zuge-
zogener Elemente macht
sich in der nicht gerin-
gen Anzahl künstlerischer
Kräfte geltend, die wir in
Frankfurt am Main zu Beginn des XVI. Jahrh.
thätig sehen. Diese Erscheinung ist geradezu
bezeichnend für das künstlerische Leben der
Stadt in jener Zeit und sie spiegelt sich wieder
in den noch erhaltenen Denkmälern. Das Meiste
und das Beste von dem, was wir in Frankfurt
an Werken alter Kunst von damals überkommen
haben, sei es aus geistlichen Stiftungen, sei es
aus begüterten patrizischen Familien, rührt von
Künstlern her, die nicht in Frankfurt einheimisch
gewesen sind. Ja selbst der Meister, in welchem
Passavant mit Anderen nach ihm unter dem
Namen eines Konrad Fyol den angesehensten
Vertreter einer älteren Frankfurter Lokalschule
erkennen wollte, und dem man bis heute unter
der Bezeichnung des „Meisters von Frankfurt"
wenigstens nominell das Bürgerrecht dieser
Stadt gelassen hat, stammt — darüber herrscht
zur Stunde wohl nur Eine Meinung — nicht
aus dem Gebiet des Mains oder Mittelrheins,
er gehört vielmehr der grofsen niederrheinisch-
niederländischen Künstlerfamilie an, als deren
einflufsreichste Centren in jenen Tagen Köln
und Antwerpen hervortreten.

Passavant hat das Verdienst, zuerst auf
diesen Meister als auf eine selbstständige ge-
schichtliche Persönlichkeit hingewiesen und die
wichtigsten seiner heute bekannten Werke aus
einer noch nicht von der Kritik gesichteten
Masse ausgeschieden zu haben.1) Nur seine
Namengebung traf nicht das Rechte. Dafs der
Frankfurter Bürger und Maler Konrad Fyol,
der im Jahre 1499 zuletzt urkundlich erwähnt
wird und kurz nachher gestorben ist, der
Meister nicht sein kann, von welchem die

]) »Kunstblatt« 1841, p. 418 f.

unter seinem Namen zusammengestellten Ge-
mälde in Frankfurt und an anderen Orten
herrühren, ist längst aus stilistischen und chrono-
logischen Gründen erwiesen, die ich hier nicht
zu wiederholen brauche. Noch in jüngster
Zeit hat die erschöpfende Darstellung des ge-
sammten Betriebes der Fyol'schen Werkstatt,
die wir Otto Donner-von Richter verdanken,2)
aufs Neue dargethan, dafs wir es hier mit
zwei grundverschiedenen Persönlichkeiten zu
thun haben. Ein Werk, das sich als authen-
tische Leistung eines Fyol bezeichnen liefse,
in Frankfurt oder in dessen Umgebung nachzu-
weisen, haben auch Donner-von Richter's Be-
mühungen nicht ermöglicht. Somit bleibt es,
was das Verhältnifs der beiden von Passavant
identifizirten Meister untereinander anlangt,
vorläufig dabei, dafs wir von dem einen, dem
wahren Fyol, ein ziemlich ausführliches Bild
seiner äufseren Lebensumstände haben, ohne
dafs auch nur ein sichtbares Zeugnifs seiner
künstlerischen Thätigkeit dem zur Seite stünde,
während uns von dem anderen, dem Pseudo-
Fyol, eine immerhin ansehnliche Zahl seiner
Werke erhalten ist und nur der Name — fehlt.
Ich würde nicht gewagt haben, über diesen
letzten, den „Meister von Frankfurt",^wie er
jetzt ja wohl allgemein genannt wird, an dieser
Stelle zu handeln, hätten mich nicht jüngst
archivalische Studien, wenngleich auch sie
seinen Namen nicht aufgedeckt haben, dennoch
in den Stand gesetzt, wenigstens zur näheren
zeitlichen Bestimmung der Frankfurt gewid-
meten Thätigkeit des unbekannten Künstlers
Einiges beizutragen. Um hier Klarheit zu ge-
winnen, gilt es vor Allem, festzustellen, was
überhaupt der Unbekannte in oder für Frank-
furt gearbeitet hat. Passavant hat zum Aus-
gangspunkt seiner Darlegung ein umfängliches
Altarwerk genommen, das aus der Kirche des
im Jahre 1802 säkularisirten Dominikaner-
klosters in Frankfurt stammt und sich jetzt
im historischen Museum der Stadt befindet
(Nr. 259 bis 264). Es zeigt im Mittelbilde auf

2) O. Donner-v. Richter „Die Malerfamilie Fyoll
und der Römerbau" im »Archiv für Frankfurts Ge-
schichte und Kunst«, III. Folge, 5. Bd. (1896) p. 56 ff.
 
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