Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

DOI Artikel:
Beissel, Stephan: Die römischen Mosaiken vom VII. Jahrh. bis zum ersten Viertel des IX. Jahrh., [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0124

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
181

1807. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

182

Die römischen Mosaiken
vom VII. Jahrh. bis zum ersten Viertel des IX. Jahrh.

III. (Schlufs.)

urze Zeit nach Vollendung der Ba-
silika der hl. Praxedis und ihrer
Zenokapelle wandte Paschalis sich
zur Erneuerung der Kirche einer
andern berühmten römischen Heiligen. Wie
in S. Praxedis die Uebertragung vieler heiliger
Gebeine aus den Katakomben in die Stadt
Veranlassung zur kostbaren Ausstattung mit
Mosaiken geboten hatte, so bewog die Ueber-
tragung der Reliquien der hl. Caecilia und
und ihrer Genossen den Papst, deren jenseits
der Tiber gelegene Titelkirche in Stand zu
setzen.1) Er gab ihrer Apsis noch heute gut
erhaltene Mosaiken; die Mosaiken der Bogen-
wand sind leider 1725 untergegangen, aber
noch durch Zeichnungen bekannt. Beide Ar-
beiten beschränkten sich auf Nachahmungen
älterer Werke. Wie in der Apsis von S.
Prassede ward auch in derjenigen von S.
Caecilia die Komposition von S. Cosmas und
Damian frei kopirt. In der Mitte überragt die
griechisch segnende Gestalt Christi die sechs
andern Figuren mit den Schultern und mit
dem Haupte.2) Um dem Herrn eine gröfsere
Gestalt geben zu können, hat der arme Zeichner
sogar die Wolken, worauf der Heiland steht,
tiefer gelegt als den Boden, welcher die neben
ihm angebrachten Heiligen trägt. Neben
Christus stehen Petrus und Paulus. Aber
nicht sie führen Jemand zum Herrn. Hier
ist Caecilia Patronin, sie legt darum dem
Papste Paschalis den Arm um die Schulter,
um ihn Christo zu empfehlen. Dieser ihr
Gestus zeigt aber klar das Sinken des Ge-
schmackes und der feinern Bildung. In S.
Cosma e Damiano umarmen die Apostelfürsten
die beiden Patrone und geleiten sie zu

') >Liber pontificalis« ed. Duchesne II, 56 s. Gar-
rucci Tav. 2!)2. deRossi »Musaici« Fase. 11 n. 22.

2) Man vergleiche zu solchen Darstellungen, worin
Christus gröfser gebildet ist, als die ihn umgebenden
Personen, worin also die geistige Gröfse versinnlicht
ist, 1. Reg. 10, 23 Stetitque (Saul) in medio populi
et altior fuit universo populo ab humero et sursum.
Virgilii »Aeneidos« VII, 788 s.

Ipse inter primos praeslanti corpore Turnus

Vertitur arma tenens et toto vertice supra est.
Vergleiche »Aeneidos« VI, 668. Aehnliche Stellen
hat Home r.

Christus, in S. Prassede legt Paulus der Pa-
tronin den Arm um den Hals und auf die
Schultern, hier thut dies eine Jungfrau dem
Stifter. Die Idee verliert also Schritt vor
Schritt an Adel und Zartheit.

Wie Caecilia neben Petrus folgt, so steht
an der ihr entsprechenden Stelle der andern
Seite neben Paulus ihr Bräutigam Valerian,
neben dem dann an der dritten und letzten
Stelle die hl. Agatha erscheint. Im untern
Streifen der Apsis und auf dem untern Theile
der Bogenwand finden wir, wie in S. Prassede
und in S. Cosma e Damiano, zwölf aus den
beiden Städten zum Lamm Gottes kommende
Schafe8) und die vierundzwanzig Aeltesten,
doch hat der Mosaicist hier unter die Aeltesten
noch zwölf Tauben gestellt.

Der Theil der Wand, welcher sich über
der Apsis findet, erhielt in S. Caecilia eine
neue Komposition. Der Mosaicist setzte in ihre
Mitte, also über den Scheitel der Apsis, ein
Bild der zwischen zwei Engeln thronenden
Gottesmutter, zu der von rechts und links
je fünf Jungfrauen hinkommen. Zwischen je
zwei dieser Jungfrauen stellte er einen Palm-
baum, rechts und links in die Ecken je eine
Stadt. Offenbar hat er die Prozession der
Jungfrauen in S. Apollinare Nuovo frei nach-
geahmt, wo ja dreiundzwanzig hh. Frauen und
Jungfrauen aus der Vorstadt Classis zu Maria
ziehen, neben der vier Engel als Thron-
assistenten stehen. Beachtenswerth ist die
Freiheit, womit man in S. Caecilia die heilige
Schrift verwendet. In letzterer sind freilich auch
zehn Jungfrauen erwähnt, aber nur die Hälfte
derselben ist weise. Hier aber finden wir zehn
hh. Jungfrauen. Im Anschluß an unser Mo-
saik ist dann mehr als drei Jahrhunderte später
(1148) die Fassade von S. Maria in Trastevere
zu Rom mit den Bildern von zehn andern
hh. Jungfrauen verziert worden.

3) lieber die Schafe sagten vier um diese Zeit oder
gar erst im XI. Jahrh. in der Apsis der Kirche Gre-
gors d. Gr. angebrachten leoninische Verse:
Agni bisstni sunt diseipuli duodeni;
Pontificem magnum medium cognosce per agnum.
Ne sitiant agni, dant flumina quatuor amnem.
Sanctuj Sanctorum medio stat diseipulorum,
de Rossi »Inscriptiones« II, 440.
 
Annotationen