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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Beissel, Stephan: Die römischen Mosaiken vom VII. Jahrh. bis zum ersten Viertel des IX. Jahrh., [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0081

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111

1897. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 4.

112

Die römischen Mosaiken vom VII. Jahrh. bis zum ersten Viertel des IX. Jahrh.

leich in den ersten Mosaiken, welche
zur Verzierung von Apsiden dienen
sollten, in der Grabkapelle der
Konstantia an der Via Nomentana
bei S. Agnese erscheint um 325 der Heiland
in grofser Gestalt. Ihm bleibt in Rom, Ra-
venna und an andern Orten durch Jahrhunderte
die Ehrenstelle in den Mosaiken der Apsiden.
Man suchte Wechsel, bildete den Herrn bald
bärtig, bald bartlos, hier in ganzer Gestalt, dort
im Brustbilde, stellte auch wohl an die Ehren-
stelle eines seiner Symbole, besonders sein
Kreuz. Um 635 wagte man in St. Agnese eine
wichtige Neuerung.1)

Papst Honorius (625—638) bekleidete das
Grab der Heiligen mit Silberplatten im Gewichte
von 252 Pfund; über dasselbe stellte er einen
Baldachin von vergoldetem Erz und hing dabei
drei goldene, je ein Pfund schwere, schiissel-
förmige Lampen auf. In der Apsis liefs er drei
auf Goldgrund stehende Figuren anbringen: I n der
Mitte die hl. Agnes in reichster, mit Perlen und
Edelsteinen besetzter Kleidung, zu deren Rech-
ten Papst Honorius, welcher auf seinen, unter
der purpurnen Kasel verhüllten Händen die
von ihm neu erbaute Kirche der Heiligen an-
bietet, zur Linken ein anderer Papst (Sym-
machus?). Letzterer ist bekleidet mit einer
Tunika, einer Planeta (Kasel) und dem Pallium;
auf dem linken Arm trägt er ein kostbar ein-
gebundenes Buch.

Agnes ist also hier an jene Stelle getreten,
welche man bis dahin dem Erlöser vorbehalten
hatte. Sie ist ausgezeichnet durch einen Nimbus
und durch eine goldene Krone; in ihr Haar
sind Perlenschnüre eingeflochten. Eine Taube,
welche unten auf ihr Kleid in einem Kreise
eingestickt ist, ersetzt das Lamm, welches ihr in
S. Apollinare Nuovo zu Ravenna folgt. Unter
ihren Füfsen liegt ein Schwert, zu ihrer Rechten
und Linken aber brennt ein Feuer, weil die
Peiniger sie verbrennen wollten und zuletzt
enthaupteten.2) Zwei Inschriften umrahmen das

') «Liber pontificalis« ed. Uuchesne I, 323. Gar-
rucci Tav. 274. de Rossi »Musaici« Fase. 4 n. 7.

*) Schon Sixtus III. (432—440) hatte in Maria
Maggiore den Märtyrern die Werkzeuge ihrer Leiden
gegeben, denn die dort von ihm angebrachte Inschrift
sagte:

Mosaik dieser Apsis.a) Ihr barbarisches Latein
verräth nur zu laut, dafs sie in Zeiten des Ver-
falles entstanden, aber ihr Inhalt ist werthvoll,
weil er uns zeigt, warum man damals in Rom
so sehr die Mosaiken liebte. Die sechs ersten
Verse der unter jenen drei Gestalten ange-
brachten musivischen Inschrift sagen, dieses
goldene aus Metallstücken zusammengesetzte
Bild (pictura) habe den Glanz des Tageslichts
in sich aufgenommen; es sei zu vergleichen mit
der sich in den Thautropfen spiegelnden
Morgenröthe, mit dem Regenbogen und den
Federn des Pfaues. Die sechs letzten Verse
loben den Papst Honorius: Wie derselbe in
dieser neuen Basilika sowohl das Dunkel der
Nacht als den grellen Schein des Tageslichtes
besiegte, so gab er dem Grabe der Heiligen
neuen Glanz. Er stiftete das über der Grab-
stätte angebrachte Mosaik und ist darin mit
Porträtähnlichkeit dargestellt in seiner Amis-
tracht und mit der von ihm erneuerten Kirche;
Sein Bild leuchtet und erinnert so an den Glanz
seines reinen Herzens.

Die Inschrift beweist, dafs der Glanz des
Mosaiks als das Wichtigste erschien. Ueber

Sub pedibus jacet passio cuique sua:
Ferrum, flammet, /erat, ßuvius saevumque venenum;
Tot tarnen Aas mortes una Corona manet.

de Rossi »Inscriptiones christianae urbis Romae«
II, 71, 98, 139, 435.

-1) Auf dem Bogen, der die Apsis einschliesst, las man
Virginis aula mical variis decorata metallis,
Sed plus namque nitet meritis fulgentior amplis.

Unter den Figuren steht in drei Kolonnen:
Aurea concisis surgit pictura metallis,
Et conplexa simul claudilur ipsa dies.
Fontibus e niveis credas aurora ' subire,
Correptas nubes'1 roribus arva rigans,1
Vel qualem inter sidera lucem profert irimn
Purpureusque pavo, ipse colore nitens.

Qui potuit noctis vel lucis reddt re finem,
Marlyrum e bustis hinc ille repulit chaos
Sursum versa nutu quod eunetis cernilur uno,*
Praesul Honorms haec vota dicata dedit.
Vestibus et factis signantur illius ora,
Lucet et adspectu, lucida corda gerens.
de Rossi 1. c. 89, 104, 137, 249. In der In-
schrift sind folgende Fehler zu verbessern: 1. auroram;
rigans gehört zu aurora, grammatisch müsste es also
rigantem heissen; 2. correptae nubis oder correptis
nubibus; 3. iris; 4. die Konstruktion ist: Quod uno
nutu (visu) sursum versa (verso) cemitur [a] eunetis,
haec vota dicata (hoc, votum dicatum) dedit praesul
Honorius. Vergl. Duchesne 1. c. 325 note 9.
 
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