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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Haupt, Richard: Heidnisches und Fratzenhaftes in nordelbischen Kirchen
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Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0145

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215

1897. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

21G

Glöcknerpatron, seine Ehre anthun und zugleich
dem Eifer des Glockenmannes, dafs er nicht
erlahme, die Sporen geben wollen, so half ihm
das doch weniger, als es ihm heute helfen würde,
wo Manche in dem Bilde einen tief religiösen
Gehalt zu finden vermöchten; die gute Absicht
fand keine gute Stätte, die edle Leistung ward
schleunigst mit Mauerspeis überworfen und der
heilige Christoph, der schon vorher da gemalt
gewesen zu sein scheint, in neuer Auflage
darüber gemalt. Es ist den Bemühungen von
A. Olbers, der die Nachforschungen ausgeführt
hat, vorbehalten gewesen, das Bild auf eine
Weile in seinen freilich höchst schwachen
Resten dem Auge Vieler darzubieten. Sehr
witzig erscheint es ja nicht; aber welches Scherz-
bild kann überhaupt wirken, wenn man die
Beziehung nicht kennt? Dabei jedoch gedenken
wir des Umstandes, dass die Möllner in früheren
Zeiten es nicht gerne hatten, nach dem Eulen-
spiegel gefragt zu werden. Das Volksbuch

aber erzählt von seinem theils tölpischen, theils
plumpschlauen Helden, dafs er wie anderen
Berufen, so auch eine, wahrscheinlich kurze
Zeit lang dem des Messners obgelegen hat. Der
Pfaff, bei dem er vorher gedient hatte, hatte
ihn wegschicken müssen, weil er alle Arbeit
nur genau zur Hälfte that; dann aber ihm zur
Messnerstelle zu Budenstedt verholfen, „weil
der Messner selbiges Orts kürzlich gestorben".
Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dafs der
überall Verkannte nunmehr alles doppelt ge-
than hat. Wie nun bekanntlich zu allen Zeiten
den Künstler gelegentlich, selbst wenn er in
Noth und Verdrückung ist, der Haber sticht,
und er sich den Ernst des Daseins durch die
Heiterkeit des Scherzes oder das Salz des Witzes
zu würzen beliebt, so hat hier einer sich das
Vergnügen gemacht, den Nationalhelden der
Möllner, ihnen zum Hohn, an die Wand zu
malen, wie er einmal ein frommes Werk thut.
Schleswig. Richard Haupt.

Nachrichten.

Kopie eines Glasgemäldes anstatt des
Originals. — Als den letzten Jahren des XII. oder
dem Anfang des XIII. Jahrh. angehörig gilt das Brust-
bild des hl. Timotheus in der Stiftskirche St. Peter
und Paul zu Neuweiler im Elsafs. Woltmann setzt
das Bild in das XI., Viollet-le-Duc in das XII. Jahrh.
Die mehrfach im Plural aufgeführten Glasgemälde
bestehen aus einem kleinen Felde von nicht einem
Meter Höhe; dasselbe steht links beim Eingang in die
St. Sebastianus-Kapelle. Es ist von so eigenartigem
Charakter, dafs trotz eingehender Behandlung in ver-
schiedenen Büchern ein abschliefsendes Urtheil nicht
gefällt werden kann. Letzleres ist um so schwieriger,
als das Fenster zu Neuweiler gar nicht das Ori-
ginal ist. In keinem der Werke, welche sich mit
Neuweiler befassen, ist von einer Mittheilung des Glas-
malers Petit-Gerard (>Quelques etudes sur l'art verrier
et les vitraux d'Alsace.« Strasbourg 1861, S. '21) Ver-
merk genommen, welche dahin lautet, dafs das Ori-
ginal in das Musee de Cluny gebracht wurde. Petit-
Gerard hat auf Befehl des Ministers des Innern das
Faksimile angefertigt, welches in Neuweiler eingesetzt
wurde. Vor mehr als Jahresfrist erhielt ich aus Paris
auf eine diesbezügliche Anfrage die Antwort, dafs
dort über das Bild nichts bekannt sei. Eine kürzlich
erneuerte Erkundigung, begleitet von einer genauen
Beschreibung des fraglichen Bildes, war von besserem
Erfolg. Ein ausführlicher Brief brachte die Bestäti-
gung, dafs die Tafel — verinuthlich in Folge der durch
meine erste Anfrage angeregten Nachforschungen —,
in der That im Keller aufgefunden worden sei. Das

von Boeswilwald entdeckte Fenster sei unbegreiflicher
Weise durch du Sommerard weder katalogisirt noch
aufgestellt worden. Auch der Direktor Darcel hatte das
Bild scheinbar nicht gekannt. Erst die jetzige Leitung
hat dasselbe glücklicher Weise der Vergessenheit ent-
rissen und wird demselben einen würdigen Platz an-
weisen. Elsafs aber ist um ein kostbares Denkmal
ältester Glasmalerei ärmer.

Linnich.

Heinrich O i d t m a n n.

„Die Vereinigung zur Förderung der
Zeitschrift für christl. Kunst" hat in diesem

Jahre die statutenmäfsige Sitzung des Vorstandes und
die Generalversammlung der Inhaber der Patronats-
scheine zu Bonn am 14. September Nachmittags im
Hause des Kassenführers Herrn Rentner F. van Vleulen
abgehalten.

Von dem Vorsitzenden wurde nach Begrüfsung der
Anwesenden zunächst des schmerzlichen Verlustes ge-
dacht, welchen der Vorstand im Laufe des Jahres
durch den Tod des hochbejahrten und hochverehrten
Vorstandsmitgliedes, des Herrn Dr. Straeter zu Aachen,
erlitten. Mit einem feinen Gefühle für Kunst ausge-
stattet, hatte er in seinem langen Leben, seine beson-
dere Liebe und sein lebhaftes Interesse der Kunst
und der Förderung derselben zugewendet, und ins-
besondere nicht blofs hervorragende Kenntnisse auf
dem graphischen Gebiete sich erworben, sondern auch
eine sehr reiche Sammlung von Kupferstichen und
Radirungen zusammengebracht, namentlich die Blätter
Albrecht Dürer's in seltener Vollständigkeit und Vor-
 
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