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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Wormstall, Albert: Eine romanische Bronzeschüssel aus Westfalen
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Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0166

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249

1897. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

250

Anzahl frommer Sprüche erscheinen. Weshalb
der Hortus jene vermied, erklären vielleicht
vier Figuren von bärtigen Männern, die auf
demselben Blatte unter dem Rundbilde an Pul-
ten sitzen; ein gespenstischer, schwarzer Vogel
flüstert einem jeden in's Ohr und die Beischrift
lautet: Poete vel magi spirilit immitndo iiistincli.
Man hat vielfach Abneigung gegen die heid-
nischen Schriftsteller gehabt, die nicht wie So-
krates und Plato in ihrem Denken dem Christen-
thum näher standen. Auch waren für die
Klosterfrauen diese Allegorien wohl verständ-
licher als die antiken Vertreter der Septem artes.

Da die Annahme nicht wahrscheinlich ist,
dafs die Zeichnung des Hortus der Gravi rung
einer Bronzeschüssel mit ihren verderbten In-
schriften nachgeahmt ist, so möchte das Er-
gebnifs des Vergleiches folgendes sein: beide
Darstellungen gehen auf eine gemeinsame Vor-
lage oder zwei nahe verwandte Vorlagen zurück;
die Darstellung der Schüssel gibt den Typus
ursprünglicher wieder als die des Hortus. Der
Sechspafs der Schüssel ist wahrscheinlich nur
des bequemeren Zirkelschlages wegen gewählt.
Im Hortus sind, seinem Zwecke mehr ent-
sprechend, die antiken Schriftsteller in alle-
gorische Frauen figuren verwandelt und viele
fromme Sprüche hinzugefügt.

Wo zuerst diese typische Verbildlichung der
Philosophie im Kreise der sieben freien Künste
entstand, liegt gänzlich im Dunkel.*)

Für die den hier beigegebenen Abbildungen
zu Grunde liegenden Photographien, welche
aus der Inventarisation der Kunstdenkmäler
Westfalens freundlichst überlassen sind, sei auch
an dieser Stelle verbindlicher Dank ausge-
sprochen!

Münsler. Albert Wormstall.

*) [Eine derselben Kategorie angehörige Schüssel
ist vor Jahresfrist, ohne Angabe des Fundortes, in
den Besitz des stadtischen Museums zu Frankfurt a. M.

gelangt, und da dessen Konservator Herr Otto Cornill
die Güte hatte, sie mir zur Beurtheilung zu übersenden
mit einer kurzen Beschreibung von der Hand des
Herrn Dr. Quilling, so bin ich in der Lage, über die-
selbe eine kleine Notiz hier beizufügen. Sie hat eine
Höhe von 51/, cm, einen oberen Durchmesser von
33'/2 <""'. ist aus Messing (eine Zusammensetzung von
Kupfer und circa 20 °/0 Zink) getrieben und hat daher
die für diese Schüsseln charakteristische helle Metall-
färbung. Da sie aus der runden Platte aufgehämmert
ist, so besitzt nur ihr Rand die volle Plattenstärke
von 4 mm, während der Boden bis auf 1 mm reduzirt
ist, zugleich in Folge der starken Abreibung, welche
sie erfahren hat durch offenbar langen Gebrauch,
noch mehr durch Beschädigung auf dem Grunde eines
Flusses. Die dem mittleren Spiegel eingravirte Szene
ist dadurch bis auf wenige ganz undeutbare Spuren
weggeschliffen, während die Darstellungen und In-
schriften der inneren Wandung sich noch hinreichend
erhallen haben, um fast vollständig entziffert werden
zu können. Sie bestehen in sechs Gruppen, die durch
eine Art Lebensbaum (in Säulenform) von einander
geschieden sind, und die Majuskelschrift, welche jede
derselben in einem grofsen Kreisabschnitte umgibt,
verschafft den Eindruck von sechs kräftig und flott
gravirten Medaillons, von denen zwei noch durch
architektonischen Ueberbau ausgezeichnet sind. Die
Formen von diesem, wie von den Ornamenten und
Schriftzügen, namentlich auch von den Bewegungen
und Gewandungen der Figuren, weisen auf das XII.
Jahrh., näher auf das Ende desselben, als Ursprungs-
zeit hin. Die Szenen behandeln die Legende von
der Myrrha, der Mutter des Adonis, und ich be-
schränke mich darauf, die einzelnen Darstellungen
anzudeuten durch die Wiedergabe der etwas ver-
stümmelten Umschriften, von denen manche Buch-
staben später eine ungeschickte Nachgravirung er-
fahren haben.
. . . . SNCIO ^En scio) QVID ■ PATERIS • VIVSS •

VOTO ■ POC(t)IER(is) -
(Fac 1NVS ■ VILE • PAT(r)IS

CVBILE •
ANGIPTA • (agnota) MIRRA • FVGG • COMISSA •

CRIMINA ■ LVGG .
ENITS -(Meadelicta) ANGNOSCO DI ME -(Deum)

MICH • DEMI TS • (re)POSCO •
(Arborem) MATER ■ ADIT • INFANS • SX ■ COR-
TICE • VADIT •
NICT—ICH • M(o)6RORIS • I.AQVGVS ■ MORS •
FINIS ■ AMORIS 1 D. H.

IN "f RAT • NATA •

Nachrichten.

Die musivische Ausstattung des karo-
lingischen Münsters in Aachen, welche in

den Jahren 1870—82 vorbereitet und in Bezug auf
das Gewölbe der Kuppel durch die Ausführung der
Majestas Domini mit den 24 Aelteslen abgeschlossen
wurde, soll nunmehr im Tambour derselben ihre Fort-
setzung erhalten, auf der Grundlage einer Konkurrenz,
an der sich Geiges, Linnemann, Schneider und Schaper

betheiligt hatten und aus welcher der letztgenannte
durch Schiedspruch von Adler, Essenwein, Kraus,
Kruse, von Persius, Sträler und Spieker im Jahre
188'J als Sieger hervorging. Von den vier um die
Palme .ringenden, längst bewährten Künstlern waren
tüchtige Leistungen, von den durchaus kompetenten
Schiedsrichtern zutreffende Urtheile zu erwarten, zumal
die eingelaufenen Pläne durch die Gröfse des Mafs-


 
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