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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Oidtmann, Heinrich: Romanische Glasgemälde rheinischen Ursprungs
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0186

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281

1897.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

282

des David endlich vereinigen sich Tuschmanier,
Konturen und Radirung so innig, dafs keine
Art mehr genau zu erkennen ist. Kurz, Haare
und Barte zeigen die geübte Hand des fertigen
Meisters.

Die Konturen sind in beiden Fenstern bald
deckend, bald durchscheinend, bald ganz leicht,
hauchartig, also in drei Stärken, genau nach
der Anweisung des Theophil. Ihr Verlauf ist
ungleich und unregelmäfsig. Die Schraffirung
ist theils in Strichlagen aufgemalt, theils aus
festen Konturen nachträglich durch quergesetzte
Lichter herausradirt. Die Schattirung wird durch
leichte Lasur unterstützt; in dieser bemerkt
man, wie auch in einzelnen kräftigen Konturen,
überdies feine Radirung in queren, geschlängel-
ten und längslaufenden Linien. Ueberhaupt
zeichnen die Nassauer Fenster sich durch ihre
vielseitige Radirtechnik aus. Die Gesichter
zeigen Stirn- und Nasenfalten; an den Augen
fehlt die Andeutung der Iris. Von der Rück-
seite sind die Fenster nicht überzogen. Eine
Bearbeitung von der Rückseite bemerkte ich
zuerst an einem Glasbilde, welches ein Teppich-
fenster aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrh.
in der Kirche des ehemaligen Klosterdorfes
Lindena bei Dobrilugk bekrönt. Das Bild
des Stifters, Volmarus miles de Livenwerde, ist
auf beiden Seiten mit Ueberzug und mit leichten
Konturen bemalt.

Die 4 mm breiten Bleie, deren kräftige
Flügel oben etwas abgeflacht waren, hatten wegen

der Dicke der Glasstärke einen aufsergewöhn-
lich hohen Steg. Das ganze Bleinetz war mit
Eisenrost bedeckt und selbst an den mit Blei
verlötheten Knotenpunkten stark angefressen;
an einzelnen Stellen war die Bleisprosse gänz-
lich verschwunden. Zwischen Fries und Feld
war der gröfseren Haltbarkeit halber, einge-
schlossen von zwei aneinandergelötheten Blei-
ruthen, eine dünne, gut erhaltene Weidenruthe
eingelegt, eine Vorsichtsmafsregel, welche ich
wiederholt an alten Glasgemälden, auch an dem
eben erwähnten Fenster aus Lindena, beobachtet
habe. Erst später, z. B. an den von Geerling
veröffentlichten Feldern fand ich anstatt der
Holzstäbchen dünne Eisenstangen. Einzelne
rothe Glasstückchen sind, wie aus der Abbil-
dung ersichtlich, kunstvoll in Winkelform aus-
gekröselt.

Die Nassauer Fenster, welche sich kunst-
geschichtlich und technisch durch mehrfache
Besonderheiten auszeichnen, wurden nach ihrer
Instandsetzung auf Veranlassung der Besitzerin,
derGräfinKielmannsegge, imSchlofsKappen-
berg bei Lünen untergebracht.

Im Interesse unserer Kunst wäre es drin-
gend wünschenswerth, wenn die Kunstgewerbe-
museen sich von derartigen alten, seltenen
Denkmälern in Material, Farbengebung und
Technik genau ausgeführte Kopieen verschafften,
ähnlich wie man dies in der Plastik seit langen
Jahren eingerichtet hat.

Linnich.

Heinrich O idtmann.

Bücherschau.

Die katholische Kirche unserer Zeit und
ihre Diener in Wort und Bild. I.Rom. Das
Oberhaupt, die Einrichtung und die Ver-
waltung der Gesammtkirche. Unter Mit-
wirkung hervorragender Fachgenossen bearbeitet
von Msgr. Paul Maria Baumgarten, P. Salvatore
Brandi S. J., Msgr. James A. Campbell, Msgr. Charles
Daniel, P. Pie De Langnogne, O. Min. Capp, Dr. John
Prior, DechantRuschek-Antel, Msgr. Franz M. Schind-
ler, Msgr. Charles De T'Serclaes, Msgr. Anton de Waal.
Mit 1 Farbenbilde, 60 Tafelbildern und ca. 1100
vollseitigen und kleinen Bildern im Text. Heraus-
gegeben von der Leo-Gesellschaft in Wien.
Berlin, Allgemeine Verlagsgesellschaft.
Dieses Werk soll in drei Foliobänden die katho-
lische Kirche der ganzen Welt darstellen in Bezug
auf ihren gegenwärtigen Bestand, ihren Klerus, ihre
Verwaltung u. s. w. Der I. Band wird sich mit Rom
als dem Centralpunkte beschäftigen und 30 Lieferungen

ä 1 Mk. umfassen in reichster Illustrirung. In Bezug
auf sie wie die Textbehandlung bietet die I. soeben
ausgegebene Lieferung eine verlockende Probe, denn
die Einleitung: „Der Papst und die Kirche" von
Brandi zeichnet sich durch grofse Auffassung, die
Biographie Leo's XIII. von T'Serclaes durch an-
sprechende Darstellung, das Ausstattungsmaterial durch
gute Technik und im Ganzen auch durch geschickte
Auswahl und Vertheilung aus. t)afs auch die Kunst-
geschichte ihre Rechnung finden und der Illustrations-
apparat eine erhebliche Bereicherung des Bilderkreises,
mit Einschlufs des mittelalterlichen, bezeichnen wird,
ist sowohl auf Grund des hier bereits Gebotenen, als
in Anbetracht mehrerer bei der Herausgabe betheiligter
Gelehrten mit Sicherheit zu erwarten. Das Abonne-
ment auf dieses zeitgemäfse, gewifs von Manchen
längst ersehnte Prachtwerk, für welches an Vorarbeiten
gewifs kein Ueberflufs, darf daher angelegentlich em-
pfohlen werden. D. H.
 
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