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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Rieffel, Franz: Grünewald-Studien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0032

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Abhandlungen.

Grünewald-Studien.

Mit Lichtdruck (Tafel II).
I.

leifsig hat die Kunstforschung
sich in den letzten Jahren mit
den sieben Bildern Nr. 1875
bis 1881 der Dresdener Galle-
rie beschäftigt, welche die sieben
Schmerzen Maria darstellen, nämlich die Be-
schneidung Christi (1875), die Flucht nach
Aegypten (1876), Christus im Tempel (1877),
die Kreuztragung (1878), die Annagelung Christi
ans Kreuz (1879), Christus am Kreuz (1880)
und die Beweinung Christi (1881).1)

Die Beschneidung Christi. In einem kapellen-
artigen Raum, der nach hinten durch einen Vorhang
abgeschlossen ist, sitzt etwas nach rechts gewandt,
auf einem spätgothischen Thronstuhl der Hohepriester.
Neben ihm steht ein Akolyth mit brennender Kerze.
Der Hohepriester hält das Christkind, an dem ein
Greis den rituellen Akt vollzieht, auf den Knien. Zur
Rechten, etwas nach hinten Maria und Joseph.

Die Flucht nach Aegypten. Auf dem Esel,
der im Profil gesehen die ganze Breite des Bildes
einnimmt, sitzend und das Kindlein in ihren Armen
bergend, zieht Maria vorbei, Joseph steht jenseits
des Esels und führt ihn am linken Zaum. Im Grunde
links hochstämmiger Hain, durch den in der Ferne
ein Einhorn wandelt; Ausblick auf ein Gewässer. In
der Mitte eine felsige, mit Bäumen bestandene Halde.

Christus im Tempel. Im Hintergrund eines
kapellenartigen Raumes sitzt auf einem zwei Stufen
hohen spätgothischen Thronstuhl Christus. Er hält
ein mit den Schriftseiten dem Zuschauer zugewandtes
geöffnetes Buch und deutet mit der Rechten auf den
Schrifttext. In zwei Reihen vom Vordergrund nach
dem lehrenden Heiland zu sitzen und stehen die
Schriftgelehrten sich gegenüber, links vom Beschauer
drei, rechts vier. . Neben dem zur hintersten Linken ein
Pinscher, neben dem zur vordersten Rechten, der
über einem aufgeschlagenen Buch verdrossen brütet,
eine Meerkatze. Durch die Thüre links nach hinten
treten Joseph und Maria ein.

Die Kreuztragung. Der Zug ist soeben aus
dem Stadtthor, das sich im Grunde links befindet,
herausgetreten. Christus ganz voran, ist unter dem
Kreuz in die Knie gesunken. Ein Scherge zu äulserst
rechst zerrt ihn vorwärts; ein anderer steht hinter
dem Heiland und will mit einer Strickgeilsel auf ihn
einschlagen. Christus wendet den Blick nach dem
Stadtthor im linken Grund. In diesem werden Maria

*) Phot. der Bilder bei Tamme, Dresden.

mit den hl. Frauen und Johannes sichtbar, neben ihnen
ein Scherge mit der Leiter und einem Körbchen.

Die Annagelung ans Kreuz. Eine sanft
ansteigende Rasenhalde, auf der zu oberst (hinten)
Maria mit den hl. Frauen und Johannes klagend kauern.
Quer schräg (fast in der Diagonale des Bildes) über
dem Rasen liegt das Kreuz, auf das der Heiland aus-
gestreckt ist. Ein ganz vorn stehender Scherge bohrt
mit einer Winde die Nagelöffnung des linken Kreuzes-
armes, zur Rechten (etwas nach hinten) will ein anderer
kniend eben die rechte Hand annageln, ein dritter
zur Linken (noch weiter nach hinten) treibt mit dem
Hammer den Nagel durch die Füsse.

Christus am Kreuz. Zur Rechten ist das Kreuz
aufgerichtet. Es ist nach links gewandt, so dafs der
Heiland in einer Profilstellung erscheint. Zu Füfsen
des Kreuzes auf den Knien kauert, den Blick nach
dem Gekreuzigten gerichtet, Magdalena, dahinter, den
Blick ganz gesenkt, eine andere hl. Frau. Zur Linken
stehen Maria und hinter ihr Johannes und schauen
nach dem Heiland. Hinter ihnen wird der Kopf einer
dritten hl. Frau sichtbar. Ganz rechts zu Füfsen des
Kreuzes ein Todtenschädel verkürzt vom Kiefer aus
gesehen. Der nach links wenig vertiefte Vordergrund
wird von einer mit Bäumen bewachsenen Halde
koulissenartig abgeschlossen, rechts und in Windungen
hinter dem Kreuz vorbei führt ein mehrfach gewun-
dener Weg nach der Stadt, die hinter der Halde
im hintersten Grund vor einem Hügelzug und an
einem sich rechts im Hintergrund ausbreitenden Ge-
wässer liegt.

Die Kreuzabnahme. Im Hintergrund rechts
vor einem schroffkantigen Gebirge und an einem
seeartigen Gewässer liegt die Stadt. Der linke Hinter-
grund wird von einer im Mittelgrund von links nach
rechts zu (diagonal) sich sanft senkenden Rasenhalde
verdeckt. Mehr nach vorn inmitten das Kreuz, vor
dem Magdalena mit erhobenen Händen jammernd
steht, während eine andere hl. Frau mit der Salben-
büchse hinzutritt. Links in der Nähe von Magdalena
zwei hl. Männer, einer kniend und einer stehend.
Vor Magdalena, dicht hinter dem Leichnam Christi
kniet Johannes. Er lehnt den Oberleib des Heilands,
den er mit der rechten Hand an der Schulter anfafst,
an seine Knie. Neben ihm kniet Maria. Sie beugt
sich auf die Linke des Heilands, die sie auf ihrer
Linken hält. Vor Maria und Johannes ruht der Leib
Christi ganz im Vordergrund von links nach rechts
ausgestreckt.

Die Bilder sind 0,62 bis 0,63 l/z m hoch,
zwischen 0,45 bis 0,461/2 m breit und auf
Fichtenholz gemalt. Schon 1640 befanden sie
sich in der kursächsischen Kunstkammer. Sie
sollen aus einer Dresdener Kirche stammen.
Die Flucht nach Aegypten trägt das gefälschte
 
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