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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Schmitz, Wilhelm: Eine frühgothische Kapelle in Metz
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0058

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79

1897.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

80

Eine frühgothische Kapelle in Metz.

Mit zwölf Abbildungen.

m Jahre 1885 wurde in dem Hofe
des von den Schulschwestern be-
wohnten Hauses Ziegenstrasse Nr. 37
ein gewölbter Saal aufgedeckt, wel-
cher durch die reizvolle Behandlung der ver-
schiedenen Bautheile verdient, weitem Kreisen
bekannt zu werden.

Obgleich die bisheri-
gen Nachforschungen über
die geschichtliche Bedeu-
tung dieses, zu einer Ka-
pelle umgewandelten Saa-
les ohne Erfolg waren, so
wird doch wohl anzu-
nehmen sein, dass selbige
auch ehemals als Haus-
kapelle einer klösterlichen
Genossenschaft gedient hat.
Diese Annahme stützt sich
zunächst auf das Vorhan-
densein einer aus derselben
Zeit stammenden und in
allen Theilen vollkommen
mit jener übereinstimmen-
den ehemaligen Kapelle1)
hiesiger Stadt. Ferner fin-
det dieselbe ihre Begrün-
dung durch die Thatsache,
dafs ähnliche Bauwerke in
Lothringen mehrfach der-
selben Zeit begegnen, z.B.
die Katharinenkapelle zu
Oberhomburg. Bei dieser
ist der Chorabschlufs eben-
falls rechteckig und ver-
schiedene Lothringen'sche
Pfarrkirchen des XIII.
Jahrh. zeigen dieselbe Anordnung.2)

Die Dimensionen der hier zur Abbildung
gelangten Kapelle sind aus den Zeichnungen
ersichtlich. Sie ist durch Pfeilervorlagen und
mittelst der auf ihnen ruhenden Gurtbögen in

*) Dieselbe ist in Dr. F. X. Kraus »Kunst und
Alterthum in Lothringen«, Seite 720 unter dem Namen
„Petit Saint-Jean" erwähnt und befindet sich in der
kleinen St. Vincenzstrasse. Leider dient sie gegen-
wärtig als Schmiede.

a) So an den Kirchen zu Arry, Cheminot, Failly,
Lemoncourt, Mondelingen und Rozerieulles.

drei ungleich breite Joche eingetheilt, welche
von gestreckten Kreuzgewölben überspannt
sind. Die Rippen der Gewölbe, sowie die auf
den Pfeilervorlagen ruhenden Gurt- und Schild-
bögen sind profilirt. Wie ferner aus dem Grund-
risse hervorgeht, sind die Achsen der Fenster-
gruppen nicht in Uebereinstimmung mit der-
jenigen der Kapelle, son-
dern weichen — wohl mit
Rücksicht auf die Ein-
gangsthür — um etwa
0,50 m ab. Das Tympa-
non der letzteren, auf
welchem sich unter einem
mit Laubwerk verziertem
Kleeblattbogen die Ge-
stalt des den Drachen
tödtenden Erzengels Mi-
chael befindet, ist von
aufsergewöhnlicher Schön-
heit. Dasselbe Lob ge-
bührt den Details der
Fenstergruppen, welche
äufserlich zwar nur eine
einfache Profil irungzeigen,
hingegen im Innern ge-
kuppelt u. durch schlanke,
beringte Säulchen, mit
reizenden Laubwerkkapi-
tälchen aufs reichste be-
lebt sind. Eine beson-
dere Erwähnung verdie-
nen endlich noch die
durchbrochenen und wohl
sehr selten vorkommen-
den Fenstersturze.

Was nun die Ent-
stehungszeit dieses Bauwerks anbelangt, so
dürfte es wohl keinem Zweifel unterliegen,
dafs es in das erste Viertel des XIII. Jahrh.
zurückzuführen ist. Hierfür spricht zunächst
das Vorherrschen des Rundbogens, aber auch
die Behandlung der Ornamentik und der Pro-
file. Bezüglich des Stilcharakters sei noch be-
merkt, dafs derselbe sich eng anschliefst an die
Erzeugnisse der frühen Gothik im benachbarten
Frankreich, speziell an diejenigen der Schule
von Ile-de-France.

Metz. Wilhelm Schmitz.

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