Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0066

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
95

1897. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

96

bibliothek in Frankfurt a. M." (1896), zum Gegenstande
einer lehrreichen Untersuchung, welche sich nament-
lich auf die hier zum ersten Male abgebildete Vorder,
sehe eines aus dem XII. Jahrh. stammenden, erst im
XV. gebundenen Perikopensammlung bezieht. Voll-
kommen gelingt dem Verfasser der slilkritische Be-
weis, dafs das Mittelfeld, welches das Zusammen-
treffen von Christus und Johannes Bapt. darzustellen
scheint, und die es umgebenden, ebenfalls durch-
brochenen Reliefs aus der Kindheitsgeschichte des
Heilandes, nicht von derselben Hand herrühren, das
erstere wahrscheinlich im IX. Jahrh. in Franken, die
zweiten sicher in demselben Jahrhundert in Metz oder
Umgegend entstanden seien, wegen ihrer Analogie
mit der ursprünglichen Elfenbeinausstaltung des be-
kannten Drogo-Evangeüars. Die eingehende Beweis-
führung liefert zur Geschichte der karolingischen Elfen-
beinplastik, welche noch manche dunkele Seiten bietet,
recht schätzenswerthe Beiträge. K.

Notices sur quelques tissus antiques et du
haut moyen-age jusqu'au XV« siede par Paul
Blanchet. Avec reproductions heliographiques.
Paris 1897. Librairie centrale des beaux-arts.
Zu diesem glänzend ausgestatteten (auf 150 Ab-
züge beschränkten) Werk hat den Verfasser seine
Sammlung alter Gewebe inspirirt, die ihn zu viel-
fachen Vergleichungen und gründlichen Studien an-
geregt hatte. Hierbei hat er oft die Unzulänglichkeit
der meisten modernen Abbildungen alter Stoffe em-
pfunden, nicht nur in Bezug auf die Zeichnung, son-
dern vielmehr noch hinsichtlich der Farben, deren
genaue Feststellung bei den fast immer stark ab-
gegriffenen Originalen ein gerade hierin besonders ge-
übtes Auge erfordert. Dem technisch vorzüglich ge-
schulten Verfasser kam es daher in erster Linie darauf
an, die von ihm zur Beschreibung ausersehenen Muster
seiner Kollektion auf die erreichbar treueste Art durch
die zuverlässigsten Zeichner aufnehmen und. durch die
schärfste Heliogravüre vervielfältigen zu lassen. Auf
diesem Wege sind die 31 (einschliefslich der fünf
farbigen) Tafeln entstanden, welche den Hauptbestand-
teil dieses Werkes bilden neben den 46 vornehmlich
der Beschreibung jener gewidmeten Textseiten. Mit
den prähistorischen sowie den germanischen bezw.
römischen ungemusterten Leinenstoffen beschäftigen
sich die ersten, viel eingehender die folgenden 14 Seiten
mit den aus Leinen und Wolle gewirkten koptischen
Stoffen, welche in profane und christliche geschieden,
einzeln beschrieben werden unter besonderer Berück-
sichtigung ihrer bildlichen Darstellungen. Einem ähn-
lich (haute.lisse) gewirkten Clavus widmet der Verfasser
mit Recht einen besonderen Abschnitt und stützt die
Annahme, er sei ein lombardisches, vielleicht gar ein
gallisches Produkt etwa des V. Jahrh., durch so mancher-
lei, vornehmlich technische und stilistische Gründe,
dafs ihr die Achtung nicht versagt werden kann. Am
meisten interessiren den Verfasser die Seidengewebe,
und nach einer instruktiven "Einleitung über deren Ur-
sprung, analysirt er mit grofser Sachkenntnifs die ein-
zelnen Exemplare, an deren zutreffender Datirung

kaum zu zweifeln ist, für ein merkwürdiges vogel-
gemustertes Stück (Tafel XVII) den frühen abend-
ländischen Ursprung wohl mit Recht in Anspruch
nehmend. Der letzte Abschnitt prüft noch in sehr
verständiger Weise, gleichfalls an der Hand guter
Vorlagen, die Frage der bedruckten oder bemalten
Gewebe. — Um ein würdiges, ja vornehmes Denkmal
handelt es sich, welches der glückliche Besitzer, der
begeisterte Liebhaber, der gründliche Kenner, ohne
es zu wollen, sich selber gesetzt hat, seinem Sammel-
Fleifs, -Ernst, -Glück, -Geschick. Sclmütgen.

MarkusSchwins Pesel im Museum dithmarsischer
Alterthümer in Meldorf. Ein Beitrag zur Geschichte
der Renaissance in Schleswig-Holstein von Dr. F r i e d r.
Deneken, Assistent am Museum für Kunst und Ge-
werbe in Hamburg (vor Kurzem an die Spitze des
neuen Crefelder Museums berufen). Mit 12 Abbil-
dungen. Kiel 1896, Verlag von Lipsius & Tischer.
Der Staatsstube des ersten (1559 bis 1573) dith-
marsischen Landvogtes Markus Schwin (f 1585) in
Lehe bei Lunden ist diese Studie gewidmet, welche
zuerst mit den Schicksalen des Besitzers und seines
(1884 leider vom Feuer angegriffenen) Wohnhauses
bekannt macht und dann die Einrichtung des letzteren
beschreibt, namentlich seines Pesels, der bereits 1841
für das Land erworben, leider erst vor Jahresfrist in
den sicheren Gewahrsam des eben vollendeten dith-
marsischen Museums übertragen werden konnte, trotz
der durch den Brand verursachten Restaurationen und
Erneuerungen eine reiche und überaus interessante Möbel-
ausstattung aus dem Jahre 1568. Sie besteht hauptsäch-
lich in der erneuerten Thür und in der alten Decke
und Holztäfelung nebst Kamin, Bettstellen, Schrank,
welche der Verfasser sorgsam prüft und an der Hand
von guten Abbildungen sehr lehrreich beschreibt, sie
mit anderen Erzeugnissen der norddeutschen Holz-
plastik dieser glänzenden Renaissance vergleichend und
die Einflüsse feststellend, die auf sie eingewirkt haben,
die italienischen, niederländischen, nachbarlichen. D.

Aus der mittelalterlichen Sammlung des
Museums zu Bergen (vergl. Bd. VIII, Sp. 290)
veröffentlicht B. E. Bendixen wiederum zwei ge-
malte Altartafeln des XIV. Jahrh. mit Dar-
stellungen aus der Kindheits- bezw. Leidensgeschichte
des Heilandes, sowie eine Casula, deren kreis-
förmiges Leopardenmuster in Farbendruck beigefügt
ist: Gold auf röthlichem Seidengrund. Dasselbe ist
wohl nicht, wie die Beschreibung vermuthen läfst,
durch Stickerei, sondern durch Weberei gewonnen und
dürfte gegen Ende des XIII. Jahrh. in Deutschland
entstanden sein, so dafs das Gewand selbst, wenn es
im Laufe der Zeit keine Verkürzung erfahren hat,
wohl noch den faltenreichen frühgothischen Schnitt
zeigt. — Ein gegossener Muttergottesleuchter
aus dem Ende des XV. Jahrh. schliefst die interessante,
mit guten Abbildungen versehene Studie ab, die in
»Bergens Museum«, Aarborg 1896, Nr. IX er-
schienen ist. s.
 
Annotationen