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Zeitschrift für christliche Kunst — 10.1897

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Schnütgen, Alexander: Die Beleuchtung der Landkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3832#0214

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Abhandlungen.

Die Beleuchtung der Landkirchen.

Mit 18 Abbildungen (auf einer Doppeltafei).



y

[]s eine brennende Frage er-
scheint die Beleuchtung un-
serer Kirchen, namentlich der
Dorfkirchen. Die enormen
Fortschritte auf dem Gebiete
des Beleuchtungswesens ha-
ben dasBedürfnifs nach Licht
in alle Kreise getragen. Dafs
dieses Bedürfnifs auch in den
Kirchen sich geltend macht,
ist um so freudiger zu be-
grüfen, als gerade in ihnen
schon die früheste Zeit der
Beleuchtung eine sonst unbekannte Sorgfalt und
Ausdehnung zu Theil werden liefs, diese Pflege
aber auch in ethischen wie ästhetischen, in prak-
tischen wie symbolischen Verhältnissen ihre feste
und dauernde Begründung hat. Längst hat das
anfangs vielfach mit Mifstrauen behandelte Gas,
neuerdings auch die stellenweise nicht minder
angezweifelte Elektrizität Eingang in die Kirchen
gefunden und in Bezug auf jenes hat auch all-
mählich der ganze Apparat, der lange Zeit im
Banne der Kerzenträger verharrt war, eine freie
und sachgemäfse Gestaltung angenommen. Diese
beiden glänzenden Beleuchtungsarten sind aber
der Regel nach den Landstädtchen bisher vor-
enthalten geblieben und voraussichtlich werden
diese darauf noch lange verzichten müssen,
nach wie vor auf das Petroleum beschränkt,
mit dem übrigens wie der billige Preis, so die
gesteigerte Vervollkommnung sehr leicht aus-
söhnt. Und längst haben auch von den ihm
dienenden Lampen manche eine durch ihre
Zweckmäfsigkeit und Gefälligkeit ganz befriedi-
gende Form angenommen, aber leider nur für
den Profangebrauch, nicht für die kirchliche Ver-
wendung. Diese verlangt eigenartige Behand-
lung und eine nähere Prüfung der bezüglichen
Eigenschaften dürfte eine sehr zeitgemäfse, ja
höchst dringliche Aufgabe sein, deren Lösung
unsere Zeitschrift mit ihrem in den Vorder-

grund gestellten praktischen Berufe sich nicht
wird entziehen dürfen.

Stellen wir also zunächst für die Gestal-
tung der auf Petroleum eingerichteten
Kirchenleuchter die allgemeinen Bedingun-
gen fest! Zuvörderst werden sie sich, wie Alles,
was zur kirchlichen Ausstattung gehört, von
dem Profangeräth zu unterscheiden haben, so
dafs von dem kirchlichen Gebrauche auszu-
schliefsen, was für die profane Verwendung,
also die Strafse, das Haus u. s. w. bestimmt und
üblich ist. Die Lampengeschäfte dürfen daher
nicht als die Bezugsquelle für den kirchlichen
Bedarf betrachtet und benutzt werden, so bequem
und wohlfeil es auch erscheinen mag. Nur für
Oelbehälter, Brenner und Glascylinder, bezw.
Glocke darf die Fabrik, also das Geschäft, in
Betracht kommen. Die übrige Zurüstung mufs
dem Kunsthandwerker überlassen bleiben, und
Rücksichten der Oertlichkeit wie der Wohlfeil-
heit machen es rathsam, den letzteren Begriff
nicht enge zu nehmen, um die Meister, also
namentlich die Schmiede des Ortes oder der
Nachbarschaft nicht auszuschliefsen. Gerade
diesen wird so viel als möglich Gelegenheit
geboten werden müssen, ihre Fertigkeit und ihr
Streben in den Dienst ihrer Kirche zu stellen.
Es wird daher zunächst und zumeist darauf
ankommen, ihnen durch einfache aber korrekte
Muster, durch leicht verständliche und ausführ-
bare Vorlagen die Mitwirkung zur Ausstattung
ihrer Kirche zu erleichtern. Für die Gewinnung
derselben dürften etwa folgende Gesichtspunkte
mafsgebend sein: Die Petroleumbeleuchtung
unterscheidet sich von der Kerzenbeleuchtung,
welche die ganze frühere Zeit vornehmlich be-
herrscht hat, so wesentlich, dafs sie ganz andere
Vorrichtungen erfordert, namentlich eine viel
kräftigere konstruktive Behandlung, so
dafs der Oelbehälter, wie er besonders in der
Kugelform seine zutreffendste Ausbildung er-
fahren hat, den Ausgangspunkt für die ganze
Konstruktion bilden mufs, sie regelnd und
dennoch in formaler, stilistischer Hinsicht nicht
beherrschend, denn auf Reinheit des Stiles, auf
möglichste Uebereinstimmung desselben mit
dem Stile der Kirche darf nicht verzichtet
 
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