124
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
Nr. 11/12
Abb. 18.
Kapelle im Schnütgen-Museum.
Ausstellung
ein freund-
liches Wort
der Einla-
dung an
mich rich-
tete, ihn in
seiner Ku-
rie in Köln
einmal zu
besuchen,
wurde auch
meine Neu-
gier größer.
Erst zwei
Jahre spä-
ter, nach-
dem er mich
zunächst
selbst auf-
gesucht
hatte, fand
ich Gelegenheit, einen umfassenden Überblick zu tun über seine Sammlung. Ich
werde den Tag nie vergessen, an dem er mit mir in seinen Sammlungsräumen eine
Art kunstgeschichtlicher Gewissenserforschung anstellte, die viele Stunden dauerte
und bei einer Flasche Wein in seinem unvergleichlich originellen Studio am Marga-
retenkloster endete. Freudig antwortete ich damals auf die knapp gestellte Frage
Schnütgens: „Würden Sie die Leitung der Sammlung übernehmen, wenn ich sie
als Museum der Öffentlichkeit übergebe? mit einem ebenso entschiedenen und
kurzen „Ja".
Schnütgen gehörte zu jenen groß angelegten Männern, die sich ihren Weg
selbst bahnten, die abseits von jedem System und normierter Schulung trotz
tausendfältiger Hindernisse ihren Beruf suchten und fanden. Es kann kein Zufall
sein, daß gerade das Fach der Kunstwissenschaft vor allem in den Jahren seines
jungen Werdens eine ganze Reihe von solchen Männern unter seinen Hauptver-
tretern sah, die oft auf weiten Umwegen erst zu ihrem eigentlichen Ziele gelangten.
Schnütgens langjähriger aufrichtiger Freund, der zeitweilige Senior und Charakter-
kopf der Zunft, Justus Brinckmann in Hamburg, war ja auch einer von diesen, und
er war wie Schnütgen stolz darauf, daß der Weg zum Ziele über Klippen und über
Untiefen gehen mußte. Wer Schnütgens „Heimatklänge" liest, fühlt bald heraus,
daß in seiner Jugend Talent und Interesse für die Kunst vollkommen latent waren.
Er selbst gesteht ja zu, daß er mehr durch einen Zufall auf den Gedanken des
Sammeins und des Studiums alter Kunst gekommen sei. Und doch dürfen wir
heute als sicher behaupten, daß es bei ihm nur des äußeren Anstoßes bedurfte, die
in seinem Innern schlummernden Keime zum Treiben zu bringen; und diesen
Anstoß gab dank einem gütigen Geschicke, dank einer Providenz, die ihm zu Be-
ginn seiner Priesterzeit beschiedene Umgebung: Köln, die alte Kunstmetropole,
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.
Nr. 11/12
Abb. 18.
Kapelle im Schnütgen-Museum.
Ausstellung
ein freund-
liches Wort
der Einla-
dung an
mich rich-
tete, ihn in
seiner Ku-
rie in Köln
einmal zu
besuchen,
wurde auch
meine Neu-
gier größer.
Erst zwei
Jahre spä-
ter, nach-
dem er mich
zunächst
selbst auf-
gesucht
hatte, fand
ich Gelegenheit, einen umfassenden Überblick zu tun über seine Sammlung. Ich
werde den Tag nie vergessen, an dem er mit mir in seinen Sammlungsräumen eine
Art kunstgeschichtlicher Gewissenserforschung anstellte, die viele Stunden dauerte
und bei einer Flasche Wein in seinem unvergleichlich originellen Studio am Marga-
retenkloster endete. Freudig antwortete ich damals auf die knapp gestellte Frage
Schnütgens: „Würden Sie die Leitung der Sammlung übernehmen, wenn ich sie
als Museum der Öffentlichkeit übergebe? mit einem ebenso entschiedenen und
kurzen „Ja".
Schnütgen gehörte zu jenen groß angelegten Männern, die sich ihren Weg
selbst bahnten, die abseits von jedem System und normierter Schulung trotz
tausendfältiger Hindernisse ihren Beruf suchten und fanden. Es kann kein Zufall
sein, daß gerade das Fach der Kunstwissenschaft vor allem in den Jahren seines
jungen Werdens eine ganze Reihe von solchen Männern unter seinen Hauptver-
tretern sah, die oft auf weiten Umwegen erst zu ihrem eigentlichen Ziele gelangten.
Schnütgens langjähriger aufrichtiger Freund, der zeitweilige Senior und Charakter-
kopf der Zunft, Justus Brinckmann in Hamburg, war ja auch einer von diesen, und
er war wie Schnütgen stolz darauf, daß der Weg zum Ziele über Klippen und über
Untiefen gehen mußte. Wer Schnütgens „Heimatklänge" liest, fühlt bald heraus,
daß in seiner Jugend Talent und Interesse für die Kunst vollkommen latent waren.
Er selbst gesteht ja zu, daß er mehr durch einen Zufall auf den Gedanken des
Sammeins und des Studiums alter Kunst gekommen sei. Und doch dürfen wir
heute als sicher behaupten, daß es bei ihm nur des äußeren Anstoßes bedurfte, die
in seinem Innern schlummernden Keime zum Treiben zu bringen; und diesen
Anstoß gab dank einem gütigen Geschicke, dank einer Providenz, die ihm zu Be-
ginn seiner Priesterzeit beschiedene Umgebung: Köln, die alte Kunstmetropole,