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Zeitschrift für christliche Kunst — 31.1918

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Witte, Fritz: Alexander Schnütgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4276#0144

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128

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 11/12

Zinsen zu weiteren Ergänzungen seines Museums Verwendung finden sollen.
Den Dank dafür hat er mit ins Grab genommen.

Über den Umfang der Schnütgen-Stiftung an die Stadt Köln, an die ganze
kunstinteressierte Welt, vorerst an die christliche Kunst, gibt die große Ver-
öffentlichung umfassende Auskunft, deren zwei erste Bände bereits erschienen
sind, deren dritter Band leider infolge der Kriegswirren nicht mehr zu Lebzeiten
Schnütgens herausgebracht werden konnte, zu seinem größten Leidwesen.

Um Schnütgens Person hat die geschäftige Fama hundert Märchen und Sagen
gewoben, wie das bei bedeutenden Menschen, die ein starkes Eigenleben führen,

fast stets der Fall ist, zumal, wenn
ihre Ziele und ihr erarbeitetes Lebens-
werk weit über die Grenzen des Nor-
malen hinausschießen. Schnütgen, ein
Hüne von Gestalt, war auch mit über-
ragenden Geistesgaben nach mancher
Richtung hin ausgestattet. Alle guten
Eigenschaften aber wurden gekrönt
durch eine ganz außergewöhnliche
Energie, deren konsequente Durch-
setzung bei dem einen oder anderen
Zeitgenossen als Härte oder gar
Herrschsucht ausgelegt worden sein
mag. Und doch war diese Energie, wie
Ausgangspunkt, so auch höchste För-
derung der hochgesteckten Ziele.
Schnütgen konnte weich werden wie
ein Kind, konnte sich freuen wie ein
Kind und trauern mit nahestehenden
Freunden und Bekannten, als wäre er
Bruder oder Vater gewesen. Wie alle
starken Naturen, denen Schwäche, mag
sie nun liegen in einer Richtung, in
welcher sie will, widerwärtig ist, ließ er
nur selten und in zuverlässigen Kreisen
seinen Gefühlen freien Lauf. Aus die-
sem Mitempfinden mit Mitmenschen, aus der eigenen sehr sensiblen Veranlagung
heraus entwickelte sich sein großes Bedürfnis, seinen Einfluß geltend zu machen,
wo immer er einem helfen konnte, sei's in rem wirtschaftlicher Beziehung, sei's
in seiner Eigenschaft als Priester. Das war seine Seelsorge, die er aus Beruf und
mit größten Erfolgen betrieb. In seiner Klause hat mancher Zerfahrene sein reli-
giöses Gleichgewicht wiedergefunden und unter Schnütgens milder Priester-
führung seinen Weg zu Gott zurückgefunden. Er war weit herumgekommen in
der Welt, hatte das Schwere von mancher Menschenseele fortgenommen und mit-
getragen, er war diskret wie ein wahrhaftiger Beichtvater und war immer wieder
der versöhnende Friedensengel, der e nmal unter Aufgebot seiner feinfädigen
politischen Taktik, ein andermal durch mildes Zureden oder auch energische,
rückhaltlose Auseinandersetzung Streitigkeiten schlichtete, die tiefgehender Natur

Abb. 22.

Stkfcrei einer Albe des XIII. Jahrh.
 
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