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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 1(Oktober)
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Angewandte Kunst in der Secession zu München 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0038

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I

Angewandte Kunst in der Münchener Sezession.

'7

H. VAN DE VELDE —BERLIN UND BRÜSSEL.

Mappen-Schrank des Herrenzimmers.

dieser Ueberzeugung in Einklang zu bringen,
wie Morris und Walter Crane das auch ver-
suchten.« Soweit Fritz Schumacher.

Nie ist das »moderne Prinzip« mit so
radikalem Fanatismus zum Extreme ge-
trieben worden, wie von Van de Velde.
Schon deshalb ist er eine hochwichtige Er-
scheinung. Gleich fremd dem französischen
wie dem englischen Formen-Empfinden, hat
er das, was er erlangt hat, durch rücksichts-
lose Verfolgung der äussersten Konsequenzen
aus dem Geiste der heimischen nordwest-
germanischen Idee von »Haus« und Woh-
nung errungen. Es ist der zähe, ernste,
strenge, nüchtern erwägende und wagende
Sinn des seefahrenden Germanen des
deutschen und niederländischen Nordens,
der aus diesem Geräthe spricht. In den
hochgeschweiften Bogen, die sich durch die
" er spannen, scheint uns noch eine

Gemäch

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nnnerung an die Schiffs-Rippe lebendig,
eberall ist eine höchste »Leistungsfähigkeit«
angestrebt, jedes Ding und Möbel ist ge-

wissermaassen als eine Waffe im »Kampf
um's Dasein« ausgearbeitet und geschärft.
Das karakteristischste Stück ist vielleicht
der Schreibtisch, den wir hier abbilden. Die
»Ersparniss an Arbeitskraft« spricht sich in
der ganzen Anlage aus: schnelle Erreich-
barkeit aller Dinge, Ordnung, Ruhe, alles
was der rasch und sicher Arbeitende im
lautlosen Kampfe des modernen Lebens
braucht, das ist hier, und zwar nicht nur
als sachliche Einrichtung, sondern auch im
Ausdrucke gegeben, der zwar durch künst-
lerische Mittel erreicht ist, jedoch so, dass
in der Ausgestaltung nur gerade noch so
viel über das »Schlechthin-Zweckmässige«
hinausgegangen wird, dass das Reich der
Aesthesie erreicht, nicht aber freien Schrittes
betreten und erschöpft ist.

Nicht ohne Bedenken kann man auch
auf dieser Ausstellung die Wahrnehmung
machen, dass die Prinzipien Van de Velde's
von jüngeren deutschen Künstlern befolgt
werden, ohne dass diese in gleicher Weise

'900. L 3.
 
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