Besorgnis;
38
„Heut' geht's aus die Hirsch — Nanni! aus die Vierzehnendcr!"
„O du mein Gott — o du mein Gott! wann nur oa unserm gnädige» Herrn nir geschieht!"
Proben aus der demnächst erscheinenden populären Volks- und Bauern-Naturwissenschaft
von Johann Helfgott Gimplmann, Schulmeister zu Afltng.
2. Von den Rergen.
Die Berge sind jene Auswüchse unserer liebe» Erde, de-
ren unzählige gute Resultate man nicht auf einmal ausdrücken,
sondern nur nach und nach aufzählen kann; sie sind nicht nur
eine der größten Zierlichkeiten jener Länder, in welchen sie sich
befinden, sondern auch eine überaus nützliche und nothwendigc
Vorrichtung für den ganzen Globus. Schon inwendig sind
ihre Eingeweide ganz mit Gold, Eisen, Silber, Steinkohlen
und anderen Edelsteinen angcpsropft, daher man auch jene
merkwürdige» Bergwerke anzulegcn pflegt, wobei so viele Men-
schen ihren Tod finden. Auch sind die Berge in ihrem In-
nern die besten Erzeuger des Trinkwaffcrs, welches dermassen
frisch ist, daß es mit Leichtigkeit gefriert und die Berge jahre-
lang mit Schnee und Eis überdeckt. Hingegen sind von außen
wieder die abenteuerlichsten Pflanzen mit Bäumen und Gesträu-
chen angewachsen, welche theils zur Fütterung, theils zur Hei-
lung oder Vergiftung der Thiere und Menschen, theils zur
Beheizung der Sparöfen und zur Erbauung der Zinshäuser
und Schiffe Gelegenheit geben.
Insbesondere sind daselbst auch einige Thiere anzutrcffen,
welche auf dem flachen Lande nur in den Naturalien-Cabineten
sich aufhaltcn, worin man sie aber auch nicht in ihrer kräfti-
gen Jugend bewundern kann, weßwegen man einer reichen Fa-
milie angehören muß, die mit ihrem Gelde Ausflüge zu machen
inl Stande ist. Dahin gehört die Schweizcrkub, welche wegen
ihrer dichten Milch unter die edelsten Naturprodukte gestellt
werden darf, dann die tollkühnen Gemsen, welche es sich mit
ihren vier Füßen auf dem kleinsten Steinchen ganz bequem
mache», endlich der leider von Jahr zu Jahr mehr ausstcr-
bendc Steinbock, welcher sich nur unter dem Eise aufhält und
selbst in der Schweiz schon so seltsam wird, daß man, wofcrne
man das Vergnügen hat, ihm zu begegnen, sicherlich in der
Naturgeschichte als eine große Merkwürdigkeit adnotirt werden
wird. — Auf den Bergen befinden sich die Sennhütten, welche
besonders von den Städtern gerne besucht werden, weil man
dort ganz frische Butter bekommt, welche nämlich von den hüb-
schen Sennerinnen gestampft wird. Dabei klingen die star-
ke» Kehle» dieser Jungfrauen so nachtigallenartig ins flache
! Land hinab, daß die Stadtherren Anfangs Juni mit ihre»
j Lorgnette» auS den Theatern aufbrechen und ganz unbefangen
sich so sehr ins Gebirge verirren, daß sie im Waldgestrüppe
nicht selten verstrickt und ganz verzaubert werden, was im
Vereine mit der schönen Aussicht und der frischen Gcbirgsmilch
eine Erholungsreift genannt wird.
Wenn man will, kann man die Berge auch eintheilen;
z. B. iu Eisberge, welche wegen ihrer großen Schlüpfrigkeit
j nur von den größten Naturforschern bestiegen werden, in die
38
„Heut' geht's aus die Hirsch — Nanni! aus die Vierzehnendcr!"
„O du mein Gott — o du mein Gott! wann nur oa unserm gnädige» Herrn nir geschieht!"
Proben aus der demnächst erscheinenden populären Volks- und Bauern-Naturwissenschaft
von Johann Helfgott Gimplmann, Schulmeister zu Afltng.
2. Von den Rergen.
Die Berge sind jene Auswüchse unserer liebe» Erde, de-
ren unzählige gute Resultate man nicht auf einmal ausdrücken,
sondern nur nach und nach aufzählen kann; sie sind nicht nur
eine der größten Zierlichkeiten jener Länder, in welchen sie sich
befinden, sondern auch eine überaus nützliche und nothwendigc
Vorrichtung für den ganzen Globus. Schon inwendig sind
ihre Eingeweide ganz mit Gold, Eisen, Silber, Steinkohlen
und anderen Edelsteinen angcpsropft, daher man auch jene
merkwürdige» Bergwerke anzulegcn pflegt, wobei so viele Men-
schen ihren Tod finden. Auch sind die Berge in ihrem In-
nern die besten Erzeuger des Trinkwaffcrs, welches dermassen
frisch ist, daß es mit Leichtigkeit gefriert und die Berge jahre-
lang mit Schnee und Eis überdeckt. Hingegen sind von außen
wieder die abenteuerlichsten Pflanzen mit Bäumen und Gesträu-
chen angewachsen, welche theils zur Fütterung, theils zur Hei-
lung oder Vergiftung der Thiere und Menschen, theils zur
Beheizung der Sparöfen und zur Erbauung der Zinshäuser
und Schiffe Gelegenheit geben.
Insbesondere sind daselbst auch einige Thiere anzutrcffen,
welche auf dem flachen Lande nur in den Naturalien-Cabineten
sich aufhaltcn, worin man sie aber auch nicht in ihrer kräfti-
gen Jugend bewundern kann, weßwegen man einer reichen Fa-
milie angehören muß, die mit ihrem Gelde Ausflüge zu machen
inl Stande ist. Dahin gehört die Schweizcrkub, welche wegen
ihrer dichten Milch unter die edelsten Naturprodukte gestellt
werden darf, dann die tollkühnen Gemsen, welche es sich mit
ihren vier Füßen auf dem kleinsten Steinchen ganz bequem
mache», endlich der leider von Jahr zu Jahr mehr ausstcr-
bendc Steinbock, welcher sich nur unter dem Eise aufhält und
selbst in der Schweiz schon so seltsam wird, daß man, wofcrne
man das Vergnügen hat, ihm zu begegnen, sicherlich in der
Naturgeschichte als eine große Merkwürdigkeit adnotirt werden
wird. — Auf den Bergen befinden sich die Sennhütten, welche
besonders von den Städtern gerne besucht werden, weil man
dort ganz frische Butter bekommt, welche nämlich von den hüb-
schen Sennerinnen gestampft wird. Dabei klingen die star-
ke» Kehle» dieser Jungfrauen so nachtigallenartig ins flache
! Land hinab, daß die Stadtherren Anfangs Juni mit ihre»
j Lorgnette» auS den Theatern aufbrechen und ganz unbefangen
sich so sehr ins Gebirge verirren, daß sie im Waldgestrüppe
nicht selten verstrickt und ganz verzaubert werden, was im
Vereine mit der schönen Aussicht und der frischen Gcbirgsmilch
eine Erholungsreift genannt wird.
Wenn man will, kann man die Berge auch eintheilen;
z. B. iu Eisberge, welche wegen ihrer großen Schlüpfrigkeit
j nur von den größten Naturforschern bestiegen werden, in die
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Besorgnis"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 27.1857, Nr. 631, S. 38
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg