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Ein alter Wechsel.
I
Dankesbezeugungen übergab Bauer dem ängstlich trippelnden
Jonas den quittirten Wechsel, der jetzt der Bcfrciungsbcfehl für
Jakob war.
Der Berliner Professor in Schwaben.
Mit Sturmschritten und gefolgt von dem draußen harrcn-
den Schwarme eilte jetzt Jonas, der Glückliche, in den Kerker
JakobS, um dessen Banden zu lösen. Aber es war auch die
höchste Zeit, daß die Ketten des Gefangenen gelöst, denn schon
schlug es vier Uhr und um fünf Uhr war der Anfang der
Synagogcneinweihung, wo Jakob in der eigends hierzu com-
ponirten Musik — — —
das erste Tenorsolo zu singen hatte!!
Darum also war das Drängen und Laufen nach dem
' Comptoir der Herren Schnack und Bauer gewesen und aus
diesem Grunde hatten jene Herren heute mit dem alten Wechsel
ein so über alle Erwartungen günstiges Geschäft gemacht.
Mit innerstem Stolze blickte aber auch die ganze Ge-
meinde empor, als Jakobs Solo ertönte. Seine Stimme war
durchaus keine besonders schöne, aber es war eine mit schweren
Opfern erkaufte, merkwürdige Stimme.
Der alte reiche Jonas zumal war ganz Ohr, er wollte
keinen Ton verlieren und für sein schweres Geld doch auch
so viel als möglich hören.
Als ihn fein Nachbar heimlich anstieß und leise fragte:
„Ru, was sagt Ihr zu Jakobs Stimme?" da seufzte Jonas
tief auf und sagte:
„Ennc schöne Stimme, ennc feine Stimme, aber 's is mer
doch gar ßuviel Metall drein!"
Professor. „Nun, meine guten Mädchen, sage ich
Ihnen besten Dank für Ihre freundliche Zurechtweisung. Ich
kann jetzt nicht mehr fehlen, da mir die Thurmspitze zum
sicheren Wegweiser dient. Sagen Sic mir doch Ihre Namen
zum Abschiede, nicht wahr? Ich bin der Professor Kluppnase
aus Berlin."
Bauernmädchen (kichernd und nach einigem Zögern).
„Des isch d' Kreszenz Semmcle, 's Hirte Tochter von Bies-
sing, und mei Nam' isch Walburg Kübele, au von Biessing."
Professor (schnell die Schreibtafel hervorzichend). „Was?
Sie setzen mich in Erstaunen! Welch' gcheimnißvollc Kette räth-
sclhafter Beziehungen entwickelt sich aus Ihren Worten! —
Semele und Kybele! . . . Die Götternamen Griechenlands
auf alemannischem Boden! — heidnisches Alterthum und tief-
christliche Gegenwart! — Olymp und Grünten! Wie reimt
sich das zusammen?!"
Ordnung muß nicht blos sein, sondern auch sind.
M etzgerSwittwc zum Assessor Fein: „Also Sic
wünschen, hochverehrter Herr Assessor, hier meine jüngste Toch-
ter zu hcirathen? Das geht aber nicht, denn Ordnung muß
nicht blos sein, sondern auch sind, und wie sie angekommcn,
fb gehen sic auch wieder ab; ausgesucht wird nicht!"
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Ein alter Wechsel.
I
Dankesbezeugungen übergab Bauer dem ängstlich trippelnden
Jonas den quittirten Wechsel, der jetzt der Bcfrciungsbcfehl für
Jakob war.
Der Berliner Professor in Schwaben.
Mit Sturmschritten und gefolgt von dem draußen harrcn-
den Schwarme eilte jetzt Jonas, der Glückliche, in den Kerker
JakobS, um dessen Banden zu lösen. Aber es war auch die
höchste Zeit, daß die Ketten des Gefangenen gelöst, denn schon
schlug es vier Uhr und um fünf Uhr war der Anfang der
Synagogcneinweihung, wo Jakob in der eigends hierzu com-
ponirten Musik — — —
das erste Tenorsolo zu singen hatte!!
Darum also war das Drängen und Laufen nach dem
' Comptoir der Herren Schnack und Bauer gewesen und aus
diesem Grunde hatten jene Herren heute mit dem alten Wechsel
ein so über alle Erwartungen günstiges Geschäft gemacht.
Mit innerstem Stolze blickte aber auch die ganze Ge-
meinde empor, als Jakobs Solo ertönte. Seine Stimme war
durchaus keine besonders schöne, aber es war eine mit schweren
Opfern erkaufte, merkwürdige Stimme.
Der alte reiche Jonas zumal war ganz Ohr, er wollte
keinen Ton verlieren und für sein schweres Geld doch auch
so viel als möglich hören.
Als ihn fein Nachbar heimlich anstieß und leise fragte:
„Ru, was sagt Ihr zu Jakobs Stimme?" da seufzte Jonas
tief auf und sagte:
„Ennc schöne Stimme, ennc feine Stimme, aber 's is mer
doch gar ßuviel Metall drein!"
Professor. „Nun, meine guten Mädchen, sage ich
Ihnen besten Dank für Ihre freundliche Zurechtweisung. Ich
kann jetzt nicht mehr fehlen, da mir die Thurmspitze zum
sicheren Wegweiser dient. Sagen Sic mir doch Ihre Namen
zum Abschiede, nicht wahr? Ich bin der Professor Kluppnase
aus Berlin."
Bauernmädchen (kichernd und nach einigem Zögern).
„Des isch d' Kreszenz Semmcle, 's Hirte Tochter von Bies-
sing, und mei Nam' isch Walburg Kübele, au von Biessing."
Professor (schnell die Schreibtafel hervorzichend). „Was?
Sie setzen mich in Erstaunen! Welch' gcheimnißvollc Kette räth-
sclhafter Beziehungen entwickelt sich aus Ihren Worten! —
Semele und Kybele! . . . Die Götternamen Griechenlands
auf alemannischem Boden! — heidnisches Alterthum und tief-
christliche Gegenwart! — Olymp und Grünten! Wie reimt
sich das zusammen?!"
Ordnung muß nicht blos sein, sondern auch sind.
M etzgerSwittwc zum Assessor Fein: „Also Sic
wünschen, hochverehrter Herr Assessor, hier meine jüngste Toch-
ter zu hcirathen? Das geht aber nicht, denn Ordnung muß
nicht blos sein, sondern auch sind, und wie sie angekommcn,
fb gehen sic auch wieder ab; ausgesucht wird nicht!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein alter Wechsel" "Der Berliner Professor in Schwaben"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 27.1857, Nr. 637, S. 83
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg