Fliegende Blätter (56.1872 (Nr. 1381-1406))

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Romanze.

Und ehe die Sonne zum drittenmal
Noch hinter den Bergen verschwunden,
Da that sich im hohe» fürstlichen Saal,
Ein seltsam Wunder bekunden!

Gefesselt mit rosigem Seidenband,

Den trotzigen Kurt geznhmet.

Führt vor den König ein junger Fant,
Das Antlitz hold verschämet.

„Mein gnädiger Herr," die Holde spricht,
„Vollbracht ist Dein schweres Geheiß;

„Wie ich's vollzogen — das frage nicht —
„Ich zahlte gar hohen Preis!

„Nun mahn' ich Dich an Dein fürstlich Wort,
„Das Du mir eidlich verpfändet:

„Der wilde Geselle — gebunden dort —

„Der heimlich mein Herz entwendet,

„Das ist mein eigen Töchterlein",

Der König ruft's aus mit Erbleichen!
Ein leises Beben durchzieht die Reihen,
Die scheu nach rückwärts weichen.

„Er sei mein Gemahl von dieser Stund!"

Ob's auch den König verdrossen.

Er kann nicht anders und segnet den Bund,

Der lange vorher schon geschlossen!

I. Winter.

Geschmacksache.

lFräulein Sidonie von Backfisch tritt in die Leihbibliothek.)

Bibliothekar: „Mein Fräulein, Sie wünschen?" —
Fräulein Sidonie: „Ich ... ich möcht' etwas

Pikantes, aber schon was recht Pikantes." — Bibliothekar:
„Ah da kann ich Ihnen etwas ganz Besonderes empfehlen;
nehmen Sie doch Rottenhöfer's Kochbuch, Fräulein! da stehen
pikante Sachen d'rinncn! und noch dazu mit vielen reizenden
Illustrationen!"

„Du, sag' mal Lily, hast Du schon Etwas für's
Nationaldenkmal auf dem Niederwald gegeben?" — „Nein,
aber weißt Du was ich thu'? — Ich verkaufe hier meine
alte Brache und gebe den Erlös für das Denkmal; dann sage
ich meinem Papa ich hätte sie verloren und dann bekomme
ich vom-Papa eine neue Brache."