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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Wolf, August: Neues aus Venedig, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0199

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375

Personalien — Denkmalpflege

376

Was sich in den letzten Tagen in der Galerie der
Akademie in Venedig vollzogen hat, ist nicht sehr erfreu-
lich. Nachdem man geglaubt hatte, daß die armen Bilder
nach der letzten Umhängung endlich zur Ruhe gekommen
seien, fängt die Neuordnung und Umordnung von neuem
an. Cantalamessa, der frühere Direktor der Galerie, hatte
seinerzeit das Olück, der Sammlung neues Leben zu ver-
leihen, durch die bei recht ungeeigneten Räumen, denkbar
beste Aufstellung der Gemälde. Er hatte ein Bild ersten
Ranges erworben, die wundervolle »Sta. Conversazione« von
Palma Vecchio, um den Spottpreis von 3000 Lire und dieses
Bild nach Verdienst inmitten eines kleineren Saals monu-
mental aufstellen lassen und ihm dadurch die Bedeutung
eines Hauptbildes der ganzen Sammlung verliehen. Er
hatte dem Herkulessaal ein imponierendes Aussehen zu
geben gewußt durch wohl überlegte Aneinanderreihung
sämtlicher Bonifazio. Die drei Hauptbilder dieser Reihe
wurden hervorgehoben durch untergestellte schwarze Sockel,
wodurch die lange Flucht der Reihe wohltuend unter-
brochen wurde. Cantalamessas Nachfolger, Dr. Fogolari,
war es beschieden, drei neue Räume für die Galerie zu
gewinnen und diese durch Neuerwerbungen von Bildern
des 18. Jahrhunderts zu füllen, während anderseits manch
schönes ältere Bild in den »Vorrat« wandern mußte, wie
z. B. die der Legende der hl. Giustina angehörigen Ge-
mälde aus der Schule des P. Veronese. Um so mehr er-
schreckt jetzt die völlige Umgestaltung des Herkulessaales.
Die chronologische Aufstellung wurde zerrissen und über
den größeren Bonifaziobildern der große Fries von G. B.
Tiepolo »Das Wunder der ehernen Schlange« angebracht.
Dieser große aber sehr beschädigte Fries des großen
Meisters bildet mit seinem hellen kalkigen, dem Fresko
ähnelnden Kolorit einen unschönen Gegensatz zu den in
ihrer goldigen Farbe so harmonischen Bonifazios und
schadet sich selbst sowohl, als auch seiner Umgebung. Um
Platz zu gewinnen, wurde das schöne Bild des Bonifazio
»Anbetung der hl. drei Könige« für eine Kopie erklärt und
in den Vorrat verwiesen. Für viele war gerade dieses Bild
das Schönste der ganzen Reihe und der Beweis steht noch
aus, ob es wirklich Kopie ist. Hoch oben, links vom
Herkules, wurde das große Rundbild von Tiepolo »Auf-
findung des hl. Kreuzes« angebracht und gleichzeitig diese
vielleicht lobenswerte Tat dadurch paralisiert, daß das
große Oval von Varotari »Die klugen und törichten Jung-
frauen«, welches Cantalamessa hoch oben über dem Her-
kules von Canova hatte anbringen lassen, herabgenommen
wurde und seinen Platz im langen Korridor den Fenstern
gegenüber erhielt. Ein Deckenbild, dessen Verkürzungen
nun gar keinen Sinn mehr haben und dessen kolossale
Figuren nun auf den Beschauer herabfallen, so aufzu-
stellen, ist gegen allen guten Geschmack. Nebenan wurde,
völlig ungenießbar, das Riesenbild »Hochzeit zu Cana«
desselben Varotari aufgestellt und so um all seine Wirkung
gebracht, die es im Saale des P. Veronese hoch oben in
vollem Maße ausübte. Obengenanntes Prachtbild des
Palma Vecchio wurde seitlich des Herkules aufgestellt und
ist nun eine Nummer geworden wie irgend ein anderes
Gemälde und zwar im schlechtest beleuchteten Räume
der ganzen Sammlung.

Es scheint, daß der Grund all der Veränderungen darin
zu suchen ist, daß für ein neuerworbenes 8 Meter langes
und 27a Mder hohes Gemälde Platz geschaffen werden
mußte. Es ist dies ein unerfreuliches Werk des sogen.
Prete genovese (Bernardo Strozzi). Das Bild stammt aus
Vicenza und stellt Christus zu Tisch geladen dar; zu seinen
Füßen Magdalena. Strozzi ist bekanntlich nicht zu unter-
schätzen. Dies Bild jedoch ist in seiner Brutalität in Auf-
fassung, Form und Farbe, das am wenigsten schöne aller

seiner mir bekannten Werke. Außer diesem neuerworbenen
Gemälde müssen noch einige Supraporten und Türen mit
gemalten Füllungen, die am Ausgange des Korridors ein-
gesetzt wurden, genannt werden. Das große Decken-
gemälde von Carletto Caliari, das die Decke des Saales
der Handzeichnungen schmückt, scheint an seiner bisherigen
Stelle zu bleiben, während die umgebenden kleinen Decken-
bilder von Tintoretto herabgenommen wurden und ihren
Platz in nächster Augenhöhe neben dem großen Gastmahl
des P. Veronese erhielten. Es sind vier kleine und ein
größeres Mittelbild (Gleichnis vom verlorenen Sohne) und
vier Allegorien (Glaube, Gerechtigkeit, Stärke und Wohl-
tätigkeit), flüchtige, unschöne Arbeiten Tintorettos, die wohl-
weislich als Deckengemälde angebracht waren und sich nun
in unangenehmer Weise aufdrängen.

Glücklicherweise ist der letzte, recht schlechte Katalog
in fortlaufenden Nummern gedruckt. Er würde sonst, da
er nun der Aufstellung in den genannten Räumen nicht mehr
entspricht, den Galeriebesuchern nicht geringe Schwierig-
keiten bereiten. Man hat hier noch immer nicht begriffen,
welche Anforderungen an einen guten Katalog gestellt
werden dürfen.

Zum Schluß sei noch einer erfreulichen Erwerbung ge-
dacht, eines großen Porträts eines Edelmanns in ganzer Figur
von Fra Vittore Ghislandi. Dieses Bild zierte vergangenen
Sommer die Porträtausstellung im Palazzo vecchio in Florenz.
Ghislandi wurde eigentlich erst durch diese Ausstellung, die
ihn von den verschiedensten, immer interessanten Seiten
zeigte, entdeckt. Für die Erwerbung dieses prächtig ge-
malten Porträts gebührt dem Direktor Fogalari der größte
Dank. auqust woLf.

PERSONALIEN
-f- München. Die kgl. Professoren Maler Adolf Hengeler
und Bildhauer Hermann Hahn sind zu Professoren an der
Akademje der bildenden Künstler ernannt worden.

-f- München. Der Kunsthistoriker Dr. Ernst Bassermann-
Jordan hat einen Ruf an die Technische Hochschule in
Karlsruhe als Nachfolger Marc Rosenbergs erhalten, den-
selben jedoch abgelehnt.

Budapest. Dem bekannten Pariser Kunsthändler
Fran^ois Kleinberger ist in Anerkennung seiner Ver-
dienste und Schenkungen das Ritterkreuz des Franz-
Josefs-Ordens verliehen worden. Herr Kleinberger hat im
Laufe der Jahre dem Museum der bildenden Künste eine
ganze Reihe sehr wertvoller Bilder geschenkt, von welchen
besonders hervorgehoben sein mögen: das große Altarwerk
mit dem Tod Mariä von Hans Holbein d. Ä. (gemalt um
1495), ein Damenporträt von Michiel van Muscher, Isaak
segnet den Jakob von Jan Hemessen, ein Parkstück mit
Papageien von Jacob Bogdany, Hofmaler Wilhelms HI.
von England, eine herrliche Landschaft von Ladislaus von
Päal. Die letzte Schenkung des Herrn Kleinberger an das
Museum ist eine sehr fein ausgeführte Landschaft mit
Furt von Jan Siberechts.

Franz Leinecker, ein bekannter Münchner hochbe-
tagter Maler, ist von der Universität seiner Geburtsstadt
Würzburg zum Ehrendoktor ernannt werden.

DENKMALPFLEGE

In der alten Klosterkirche in Seeon sind Restaurie-
rungsarbeiten durchgeführt worden. Die restaurierten Bilder
entstammen der Spätrenaissance.

Die Königl. Sachs. Kommission zur Erhaltung
der Kunstdenkmäler hat ihren Bericht über die Tätigkeit
in den Jahren 1909—1911 herausgegeben. Die Kommission
hielt in den Berichtsjahren 24 Sitzungen ab. Der Bericht
 
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