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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Wettbewerbe — Ausstellungen

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gibt einen Abriß über den Stand des Kgl. Sachs. Denkmal-
archivs, dann über die Tätigkeit beim Instandsetzen alter
Fahnen, über Erhaltung und Schutz von Naturdenkmälern
und Bekämpfung des Reklameunwesens. Der Akademische
Senat der Leipziger Universität stellte im Jahre 1909 beim
Kultusministerium den Antrag, den alten, aus der Pauliner-
kirche stammenden Flügelaltar des 15. oder 16. Jahrhunderts
instandzusetzen und in der Paulinerkirche wieder aufstellen
zu lassen. In seinem ausführlichen Gutachten hat Dr.
Kurzwelly die Rekonstruktion dringend empfohlen und die
Arbeiten sind dann auch in Angriff genommen worden.
Der Abbruch der Häuser Ritterstraße 10, Reichsstraße 30
und 32, Hainstraße 11, Orimmaische Straße 31, Nikolai-
straße 9 und Brühl 21 (Goldener Apfel) gab der Kommis-
sion verschiedentlich zu tun. Von anderen wichtigen Ar-
beiten der Kommission seien noch erwähnt: Die Instand-
setzung der alten Kirche in Coswig, von wertvollen alten
Altarbildern in Dippoldiswalde, Dittmannsdorf, Forchheim,
Grimma, Höckendorf, Liebstadt, Prießnitz, Sachsenburg,
Theuma, ferner die umfangreichen Arbeiten bei der Er-
neuerung der Evangelischen Hof- und Sophienkirche in
Dresden, in der man 70 wertvolle alte Grabplatten und
in alten Grüften eine Menge wertvollen Schmuckes und
einen Reliquienschatz fand; die Kostbarkeiten wurden dem
Stadtmuseum übergeben. Ausführliche Berichte folgen
dann noch über die Arbeiten der Kommission beim Dombau
in Freiberg und Meißen.

WETTBEWERBE
Der dritte Villa Romana-Preis 1912, der in Verbin-
dung mit der diesjährigen graphischen Ausstellung des
Deutschen Künstlerbundes in Chemnitz verliehen wurde,
ist an Georg Greve-Lindau in Weimar gefallen. Es lagen
110 Bewerbungen vor, in die engste Wahl waren außer
dem Preisträger Amandus Faure in Stuttgart, Joseph UM
in Bergen bei Traunstein und Moritz Melzer in Berlin ge-
kommen.

AUSSTELLUNGEN
Basel. In der Basler Kunsthalle findet vom 21. April
bis zum 27. Mai eine Historische Ausstellung von Kunst
und Kunstgewerbe aus Basler Privatbesitz statt. Aus
den weitbekannten kunstgewerblichen Schätzen der Basler
Patrizier- und Bürgerhäuser bringt die Ausstellung die ge-
diegenste Auslese. Es wird besonders die Zeit von der
Renaissance bis zum Empire berücksichtigt, wobei das
18. Jahrhundert, eine noch zu wenig bekannte Blütezeit
feiner Baslerischer Kultur, am entschiedensten zur Sprache
kommt. Hervorragende Objekte, besonders Gold und
Silber, Porzellan, Miniaturen und Medaillen, die durchaus
auch für auswärtige Besucher Interesse bieten, werden
hier zum erstenmal für kurze Zeit der Öffentlichkeit zu-
gänglich.

Ausstellung von älteren Bildnissen aus Ham-
burger Privatbesitz. Seit drei Wochen und für drei
weitere Wochen unterhält der Hamburger Kunstverein in
seinem permanenten Ausstellungslokale eine Ausstellung
älterer Bildnisse und Miniaturen aus Hamburger Privat-
besitz. Der umgrenzte Zeitraum endigt nach unten mit
dem 16. Jahrhundert, nach oben Mitte des 19. Jahrhunderts.
Werke von jetzt lebenden Malern sind ausgeschlossen. Die
Menge des zur Verfügung gestellten Materials machte,
trotz strenger Sichtung, ein Zerlegen der Ausstellung in
zwei Serien notwendig. Es wäre indes verfehlt, aus dieser
Tatsache verallgemeinernde Schlüsse auf die Kunstpflege
in Hamburg zu ziehen. War die Kunstpflege als Selbst-
zweck in Hamburg bis herein in die neuere Zeit schon im
allgemeinen ein Luxus einzelner, so im erhöhten Maße die

der Bildnismalerei. Der Staat hatte keinen Sinn für Ahnen-
kultus. »Er (der Hamburger Staat) ist älter als fast alle
Regentenhäuser Europas, aber mit Erinnerungen gibt er
sich nicht ab. Er kümmert sich als solcher noch viel zu
wenig um seine eigene Geschichte. Er hat keine Erinne-
rung, das Gedächtnis erlischt mit seinen lebenden Trägern.«

So klagt Alfred Lichtwark in seinem Geschichtswerk
über das Bildnis in Hamburg mit dem Hinzufügen, daß
im Gegensatz zu ähnlichen Städtestaaten, wo die Pflege
des Bildnisses stets als eine Angelegenheit von politischer
Wichtigkeit aufgefaßt wurde, in Hamburg niemals die Sitte
bestanden hat, die Bildnisse auch nur der regierenden
Bürgermeister von Staatswegen herstellen zu lassen.

Nun hat der Hamburger Senat aber bereits im Jahre
1539 einen jungen, begabten Bürgerssohn, namens Franz
Timmermann, mit Empfehlungen und Unterstützungsgeldern
zu Lucas Cranach nach Wittenberg in die Lehre geschickt,
mit der Bedingung, nach vollendetem Studium in seiner
Vaterstadt Aufenthalt zu nehmen. Das spricht immerhin
dafür, daß es der Bildnismalerei in Hamburg doch auch
schon damals an einiger Wertschätzung nicht gefehlt hat.
Freilich schrumpft das Maß dieser Wertschätzung, wenn
auch nur an der, von den italienischen Mäzenen der
Porträtmalerei zugewandten Liebe gemessen, — um von
der Kulturstellung der, durch die Funde von Rubaijat
(Fajum) und die Beschreibungen der Plutarch, Leonidas
und anderer gleichzeitiger Schriftsteller unserer Kenntnis
vermittelten altägyptischen und -griechischen Porträtkunst
zu schweigen — immer noch zu einem recht bescheidenen
Maße zusammen.

Zur Kennzeichnung des Charakters unserer Ausstellung
möge von vornherein nicht unausgesprochen bleiben, daß
es sich hier keineswegs um ein Wettwerben mit den
großen retrospektiven Bildnisausstellungen der altenglischen,
französischen und niederländischen Kunst handelt, wie sie
innerhalb des letzten Jahrzehnts aufeinander folgten. Die
hiesige Ausstellung ist durchaus lokal. Innerhalb dieser
Begrenzung, um nicht zu sagen gerade durch sie, ist sie
jedoch schon als Zweigglied der älteren deutschen Kunst
auch über die Ausstellungsstadt hinaus wertvoll. Aus-
schlaggebend für das Maß der ihr zustehenden Bedeutung
ist ihre kulturgeschichtliche Beschaffenheit, neben der die,
überwiegend in glatt verriebenen Farben sich mitteilende
Malerei im Lichte einer mehr dienenden Schwester er-
scheint. Von einem Kniebild Klopstocks, einem Kopf-
porträt des Dichters Hagedorn und einem ebensolchen
Porträt des Marschall Vorwärts, des General Blücher, ab-
gesehen, das, nach dem Leben gemalt, von dem Dar-
gestellten einem Hamburger Patrizier zum Geschenk ge-
macht wurde, fahnden wir nach Namen von einigem
geschichtlichen Klang vergebens. Für den Mangel an
historisch bedeutsamen Persönlichkeiten tritt die Gattung
ein, der so charaktervolle Typus des hanseatischen Kauf-
herren, der mit dem Kleide zwar auch in seiner äußeren
Erscheinung wechselt, ein anderer ist mit Puderperücke usw.,
rasierter Ober- und Unterlippe, und ein anderer wieder
mit weichem Filzhut und Stirn und Wange frei umspielender
Haarwelle, den aber der Ausdruck kluger Besonnenheit
und gemessener Zurückhaltung nie verläßt. Und was von
den Männern, das gilt auch von den Frauen. Auch hier
steht das Einzelindividuum im Schatten der Gattung. So
pikant und anziehend auch dieser und jener holde Frauen-
und Mädchenkopf anmutet, die Grundnote wird von einem,
der Strenge nicht entbehrenden Zuge der Ehrbarkeit be-
stimmt. Man fühlt es nach, wie diese Frauen sich bewußt
waren der ihnen zustehenden Pflicht, nicht nur ein Schmuck
zu sein des Hauses, sondern auch der Familie als Halt
und Stütze zu dienen.
 
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